Die schönsten Liebespaare in der Literatur

Wer kennt sie nicht, diese schönen Momente zwischen zwei Buchdeckeln, wenn wir heimlich zu intellektuellen Spannern zwei sich Liebender werden. Nichts lässt uns mehr träumen und hoffen, wenn die Gänsehaut-Kandidaten einander näher kommen, frei nach der Devise: Je verbotener, desto besser.

In Sachen Schnulze bin ich ein echter Pro. Ich war dabei als Emma und Dexter in Zwei an einem Tag ihre erste Nacht nach ihrem College-Abschluss verbrachten, habe mit der Frau des Zeitreisenden die endlos aneinandergereihten Augenblicke des Wartens auf Henry verbracht, bin zu tiefst errötet als Haruki Murakamis Gefährliche Geliebte und Hajime nackt nichts voreinander zu verbergen hatten und konnte den Tag über an nichts anderes mehr denken außer an das Versprechen von Jane Eyre und Mr. Rochester einander zu lieben, bis dass der Tod sie scheide. – Seufz!

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Wie viel Liter Eiscreme und Wein ich dabei schon verspachtelt habe, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Die Zahlen der dabei draufgegangenen Taschentücher belaufen sich wohl auf den dreistelligen Bereich. Es ist mir peinlich es zuzugeben, aber manchmal blättere ich sogar zurück, nur um die Stelle des ersten Kusses noch einmal zu lesen. Etliche Male schon habe ich die unterschiedlichsten Liebesromane an meine potenziellen Ehegatten verschenkt, unterstrichen mit den besten Zeilen, aufwendig versehen mit klugen Randnotizen in feinster Schönschrift, nur um es ihnen ein wenig leichter zu machen, mein Herz zu erobern. (Dachte außerdem, das spart Zeit.) Dass ich meistens danach nie wieder etwas von ihnen gehört habe, stört mich dabei nicht. Eine Erkenntnis blieb: Es war nicht das falsche Buch, sondern definitiv der falsche Typ.

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Und weil mal einer dieser Schwachköpfe, der nicht mein Ehemann wurde, eines dieser Prachtexemplare bei mir dann hat liegen lassen, verlose ich nun zur Feier des Tages die von mir aufwendig unterstrichene und kommentierte Ausgabe von Milan Kunderas Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins. Ja, ist denn heute Weihnachten?! Erzähl uns einfach, welches dein liebstes Paar in der Literatur- oder Filmgeschichte ist – hier beim dazugehörigen Facebook-Post. Die Verlosung endet am Sonntag, den 8.5. um 23:59h. Viel Glück!

Anbei eine kleine Herzensliste mit meinen schönsten Liebespaaren in der Literatur.

Milan Kundera Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins

Zwei, die sich lieben: Teresa und Tomáš
Auf der Leinwand: Juliette Binoche und Daniel Day-Lewis
Wo und wann: Tschechien und Schweiz, 60er/70er Jahre
Erschienen: 1984
Herzschmerzfaktor: 4/5

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Wir stellen uns vor, daß unsere Liebe ist, was sie sein muss; daß ohne sie unser Leben nicht unser Leben wäre.

Deren Beziehungsstatus ist vor allem eines: fantastisch kompliziert. Sie, die Tolstoi-Lesende Kellnerin mit Alpträumen in der Nacht. Er, der Chirurg mit Faible für klassische Musik und mehrere Frauen gleichzeitig. Das Ganze spielt sich vor der Kulisse des politischen Umbruchs in Prag ab. Ein gelungenes Spiel zwischen sexueller Lust und romantischer Ekstase, solange bis alle Regeln gebrochen und verraten sind, einschließlich der beiden Anti-Turteltäubchen. Befreundet möchte man mit Teresa und Tomáš allerdings nicht sein, das Sympathischste an ihnen ist bestenfalls noch ihr Hund Karenin. Trotzdem ist es eines der spannendsten Pärchen, gerade weil es sich eben auch in echt auf Dauer mit der Leichtigkeit nicht leben lässt.

Milan Kundera Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins, Fischer Taschenbuch 1988, 384 Seiten, 9,95 Euro. Übersetzt aus dem Tschechischen von Susanna Roth.

Patricia Highsmith Carol oder Salz und sein Preis

Zwei, die sich lieben: Carol Aird und Therese Belivet
Auf der Leinwand: Cate Blanchett und Rooney Mara
Wo und wann: New York, 50er Jahre
Erschienen: 1952
Herzschmerzfaktor: 5/5

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Doch das Wichtigste, was ich nicht gesagt habe und woran keiner der anderen gedacht hat – daß die Beziehung zwischen zwei Männern oder zwei Frauen absolut und vollkommen sein kann, wie sie es zwischen Mann und Frau niemals sein kann, und daß manche genau das suchen, während andere das wechselhaftere, unzuverlässigere Etwas suchen, das sich zwischen Mann und Frau abspielt.

„I kissed a girl and I liked it.“ Und alle so voll am Ausrasten, damals 2008. Doch obwohl wir heute nicht mal annähernd von einer Gleichberechtigung sprechen können, scheint Highsmiths Roman über die Liebe zweier Frauen in den 50er Jahren umso bahnbrechender. Die 19-jährige Therese, liiert mit Richard (Idiot) und Carol, Mitte 30 und Mutter, gerade in der Scheidung mit Harge (Idiot), verlieben sich tragisch umstandsvoll ineinander. Ein hocherotischer Roman, der selbst bei den banalsten Dialogen nichts an Intensität einbüßt. Man riecht förmlich die Kippen, schmeckt den Whiskey, es ist ein Roman, der die Gesellschaft an ihrer Ignoranz packt. Sensibel und dabei nicht kitschig, subtil und niemals voyeuristisch, das ist Carol, wunderschöne 400 Seiten lang.

Patricia Highsmith Carol oder Salz und sein Preis, Diogenes Verlag 2015, 464 Seiten, 13,00 Euro. Übersetzt aus dem Amerikanischen von Melanie Walz. Mit einer biographischen Skizze der Autorin und einem Nachwort von Paul Ingendaay.

Gabriel García Márquez Die Liebe in den Zeiten der Cholera

Zwei, die sich lieben: Fermina Daza und Florentino Ariza
Auf der Leinwand: Giovanna Mezzogiorno und Javier Bardem
Wo und wann: Kolumbien, Ende 19. Jahrhundert
Erschienen: 1985
Herzschmerzfaktor: 4/5

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Nichts in der Welt ist schwieriger als die Liebe.

Fermina und Florentino. Dazwischen schwebt El Maestro Márquez, der die Ausdauer in Sachen Liebe auf ein ganz neues Level hebt. Während alle immer nach dem Andere-Mütter-haben-auch- schöne-Töchter/Söhne-Prinzip lieben, haben die zwei es drauf angelegt, aufeinander zu warten und das mal eben schlappe 51 Jahre, 9 Monate und 4 Tage. Als Jugendliche verlieben sie sich, jedoch muss Florentino ernsthaft die Gesamtdauer der Ehe seiner Geliebten Fermina mit einem anderen aussitzen, bevor er dann endlich wieder ran darf. Unglaublichste Stelle: Sie, derweil über 70, zieht sich aus. Sie ist faltig, runzlig, eben alt. Sie schämt sich. Was sieht er? – Die Liebe seines Lebens. Ey, da schmilzt doch das Herz wie der Käse im Fondue.

Gabriel García Márquez Die Liebe in den Zeiten der Cholera, Fischer Taschenbuch 2004, 512 Seiten, 9,95 Euro. Übersetzt aus dem Spanischen von Dagmar Ploetz.

William Shakespeare Viel Lärm um nichts

Zwei, die sich lieben: Benedikt und Beatrice
Auf der Leinwand: Kenneth Branagh und Emma Thompson
Wo und Wann: Sizilien, irgendwann 16. Jahrhundert
Erschienen: 1600
Herzschmerzfaktor: 2/5

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Schon recht, jeder kann einen Schmerz meistern, außer demjenigen, der ihn empfindet.

Während alle immer nur nach diesen pubertierenden Kids aka Romeo und Julia schreien, wenn es um die schönsten Paare bei Shakespeare geht, vergessen viele die zauberhaften Streithähne Benedikt und Beatrice. Hätte es vor 400 Jahren schon Tinder gegeben, wäre hier eindeutig „It’s a match“ hell aufgeleuchtet. Achtung, kleiner Wissenschaftsbeitrag! In der Shakespeare-Forschung wird das Zusammentreffen der beiden als ein merry wit bezeichnet, der sich durch seinen sarkastischen Spott und ein Pointen-Gefecht der Doppeldeutigkeit im ganz großen Stil auszeichnet. Quasi ein „Was sich liebt, das neckt sich“ Deluxe Packet. Lady Hochnäsig und Signor Maulheld, wie sie sich ärgern, sind vor allem aus einem Grund in dieser Liste: Hier begegnen sich zwei auf Augenhöhe.

William Shakespeare Much Ado About Nothing/Viel Lärm um nichts [Zweisprachig], Reclam Verlag 1993, 445 Seiten, 9,80 Euro. Übersetzt aus dem Englischen von Holger Klein.

Orhan Pamuk Das Museum der Unschuld

Zwei, die sich lieben: Füsun Keskin und Kemal Basmaci
Wo und wann: Istanbul, 70er/80er Jahre
Erschienen: 2008
Herzschmerzfaktor: 5/5

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Glück ist nichts anderes, als dem geliebten Menschen nah zu sein.

In den meisten von Pamuks Büchern spiegeln sich Identitäten immer in einem Kosmos aus Reflexionen, die zwischen amerikanischem Lifestyle und orientalisch geprägtem Traditionsbewusstsein hadern. Klopf, klopf: Gesellschaftskritik. Hier haben sich zwei gefunden und verloren, deren Liebe zwar durch Sehnsucht bestimmt wird, aber Kraft und Leidenschaft zu keinem Zeitpunkt einbüßt. Türkischer Dandy, der von seiner Liebsten an der langen Leine gehalten wird und zum Trost, wie der letzte Depp, alles an Alltagszeug sammelt, was die schöne Füsun umgibt. 30 Jahre Sammelwut, da kommt sogar ein ganzes Museum am Ende bei rum. Bemitleidenswerter Stalker mit Messie-Syndrom also? Denkste! Wohl eher das Romantischste, was die Literatur je zustande gebracht hat.

Orhan Pamuk Museum der Unschuld, Fischer Taschenbuch 2010, 592 Seiten, 10,95 Euro. Übersetzt aus dem Türkischen von Gerhard Meier.

Jane Austen Stolz und Vorurteil

Zwei, die sich lieben: Elizabeth Bennet und Fitzwiliam Darcy
Auf der Leinwand: Keira Knightley und Matthew Macfadyen
Wo und wann: England, Ende 18. Jahrhundert
Erschienen: 1813
Herzschmerzfaktor: 2/5

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Es ist eine allgemein anerkannte Wahrheit, daß ein alleinstehender Mann, der ein beträchtliches Vermögen besitzt, einer Frau bedarf.

Seit mehr als 200 Jahren hüpfen bei Frauen die Eierstöcke, wenn sie den Namen Mr. Darcy hören. Ein versnobter Aristokrat, der ganz leise und unauffällig Elizabeths Herz erobert. Die wiederum, äh von Beruf Tochter, sieht vor lauter Männern erst mal nicht den Richtigen. Ein Haufen Stolz und Vorurteil müssen überwunden werden, bevor die zwei gen Sonnenuntergang reiten können. Was genau macht Jane Austen jetzt eigentlich so lesenswert? Man glaubt es kaum, aber zur damaligen Zeit waren denkende Frauen in der Literatur echt Mangelware. Zudem schafft die Gute es mit genialen Handlungssträngen, ihre Figuren in pfiffigen Dialogen im Spiegel der viktorianischen Gesellschaft zu einem wahren Lesevergnügen zu machen.

Jane Austen Stolz und Vorurteil, Deutscher Taschenbuch Verlag 1997, 452 Seiten, 9,90 Euro. Übersetzt aus dem Englischen von Helga Schulz.

JUDITH malt gerne Mandalas, will sich demnächst einen Plattenspieler kaufen und ist eine waschechte Buchhändlerin. Sie studierte in Berlin Literaturwissenschaften und Publizistik und ist als Autorin und Texterin tätig. Den Kleinen Prinzen findet sie scheiße und auf ihrem Grabstein möchte sie mal „Books were her Mission“ zu stehen haben. Hier werkelt sie unter anderem an Bock auf Lesen und Wenn du mich fragst.
SASKIA wohnt im Herzen Friedrichshains und ist zwar ein gefärbtes, aber glückliches Redhead-Mädchen. Sie liebt frisches Essen, nette Menschen und antike Schätze, welche auch alle Motive ihrer Fotografie sind. Ihr Auge für Mode, Inneneinrichtung und besondere Orte zeigt sie der Welt auch bei Instagram, wobei sie diese kleinen, einzigartigen Momente einfängt, in denen das Unscheinbare zum Besonderen wird.

1 Comment

  • Hat mir gefallen! Ist mal eine tolle Idee und sollte so weiter gehen. Wechselnder Inhalte macht neugierig auf daß, was da noch kommt.

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