Mein Freund hatte während unserer Trennung Sex mit anderen und die Gedanken daran lassen mich nicht los

Irgendwann sind wir zusammengekommen, es hat ungefähr ein Jahr gedauert. Zugegeben: Bis dahin war es nicht leicht mit uns. Nein, es war alles andere als „wir sind super in love und alles ist rosarot“. Wir beide waren befangen von Ängsten und Unsicherheiten, uns auf den jeweils anderen vollkommen einzulassen.

Wir hatten beide auf unterschiedlichste Weise unsere Päckchen aus vergangenen Beziehungen und schlechten Erlebnissen zu tragen. Und auch nach sechs Monaten Beziehung waren wir nicht frei von unseren Ängsten. Es verschlimmerte sich sogar mit dem Etikett „wir sind zusammen“ – worauf wir uns trennten.

Kontaktsperre. Er wollte es so. Nach sechs Wochen meldete er sich dann doch wieder und kurz darauf versuchten wir es nochmal. Es war ein langer und holpriger Prozess, aber wir hatten uns gefangen. Als hätten wir diese Trennung gebraucht. Wir waren wirklich glücklich, haben uns commitet und dachten, dass jetzt nichts mehr zwischen uns kommen kann – falsch gedacht.

Lang und holprig, statt rosarote Anfangsphase

Die Sicherheit unserer Beziehung hat ihn dazu veranlasst, mir reinen Wein einzuschenken. Das erste Mal in unserer gemeinsamen Zeit hatte er das Gefühl, dass wir uns sicher genug miteinander waren und sein schlechtes Gewissen wuchs.

Es ist jetzt drei Monate her, als er mir mitgeteilt hat, dass er sich in unserer Kennenlernphase und während unserer Trennung mit anderen Frauen getroffen hat und mit ihnen Sex hatte.

Man könnte jetzt sagen „das ist doch total egal, ihr wart nicht zusammen“ – aber nein, so einfach ist es nicht. Das Gefühl der Verletzung, Enttäuschung und Wut ist trotzdem da, egal ob wir offiziell zusammen waren oder nicht.

Es ist jetzt drei Monate her, als er mir mitgeteilt hat, dass er sich in unserer Kennenlernphase und während unserer Trennung mit anderen Frauen getroffen hat und mit ihnen Sex hatte.

Wir hatten viele Gespräche und er hat mir nach und nach jede einzelne Geschichte von jeder der anderen Frauen erzählt, bis wirklich alles auf dem Tisch lag. Seitdem plagen mich Selbstzweifel, negative Vergleiche, vernichtende Fragestellungen und masochistische Vorstellungen: „Bin ich nicht ausreichend? Findet er mich nicht attraktiv genug? Was findet er an ihr denn so schön? War der Sex mit ihr so toll? Wo hatten sie Sex? Wann? Wie oft?“ und so weiter. Um ehrlich zu sein, ich finde heute immer noch kein Ende. Es ist wie ein Teufelskreis.

Stundenlang habe ich mit Recherchen auf Instagram, Facebook und Google verbracht, um mir immer wieder vor Augen zu führen, wer diese Frauen waren, was sie erreicht haben, was sie Tolles in ihrer Freizeit machen, wofür sie sich interessieren und welche Bilder sie von sich in der Öffentlichkeit teilen.

Manchmal habe ich mich sogar für einen kurzen Moment besser gefühlt. An anderen Tagen habe ich mir einen bereits bekannten Beitrag oder eine Information nochmals angeschaut und mich plötzlich schlecht und hässlich gefühlt.

Meinen Frust habe ich dann an ihm ausgelassen. Er hat alles abbekommen – und es war wirklich viel. Vielleicht denken manche jetzt, dass er das aushalten musste, immerhin hat er es selbst herbeigeführt.

Ich habe mich und auch ihn monatelang gequält, indem ich immer wieder all die Geschichten hören wollte und uns beide immer wieder den Schmerz und die Verletzung spüren ließ.

Aber selbst ich denke nun nach den vergangenen drei Monaten voller Zweifel, Frust und Vorwürfen: Es gibt Grenzen. Er hält es nicht mehr länger aus – und ich auch nicht. Ich habe mich und auch ihn monatelang gequält, indem ich immer wieder all die Geschichten hören wollte, jedes Detail zu wissen verlangte und uns beide immer wieder den Schmerz und die Verletzung spüren ließ.

Obwohl ich mir dessen bewusst bin, schaffe ich es in manchen Situationen dennoch nicht, meine Emotionen zu reflektieren und mein Handeln zu kontrollieren.

Ja, er hat mir großen Schmerz zugefügt, ich bereite ihm nun großen Schmerz und treibe ihn wieder von mir weg. Nun also die große Frage: Wie kann man aus diesem Teufelskreis ausbrechen?

Das Wichtigste ist zunächst wohl herauszufinden, ob die Beziehung wirklich noch eine Zukunft hat. Hat man noch gemeinsame Visionen mit dem:der Partner:in? Gibt es nach so einer Krise wirklich noch die ehrliche Zuneigung füreinander und den Wunsch nach einer aufrichtigen Beziehung? Oder ist es die Angst vor dem Alleinsein und die Abhängigkeit voneinander? Hier hilft nur schonungslose Ehrlichkeit zu sich selbst und dem:der Partner:in.

Ist es der:die Partner:in wert, es weiter zu versuchen, weiter an der Beziehung zu arbeiten und aus dem Teufelskreis aus Selbstzweifeln und Verletzungen zu entkommen?

Ich glaube daran, dass unsere Beziehung eine Zukunft hat, dass wir es schaffen und unsere Wunden wieder heilen können. Ich entscheide mich also für diese Beziehung.

Zum einen muss ich jetzt ein offenes Ohr für seine Beweggründe haben: Wieso hat er mir die Informationen so lange vorenthalten? Wieso hat er mir Dinge verheimlicht oder mich sogar angelogen?

Ich werde versuchen, es zu verstehen, aber hier und da wird es mir nicht gelingen, weil meine Sicht, mit Dingen anders umzugehen und das Gefühl der Verletzung überwiegen werden. Trotzdem muss ich ihn mit all seinen Entscheidungen und Aussagen akzeptieren. Ich kann nicht jede Äußerung bis ins Unendliche hinterfragen und einen weiteren Fehltritt von ihm finden wollen, nur um ihm diesen dann vorzuwerfen.

Auch wenn es trivial klingt: Kein Mensch ist perfekt. Wir machen alle Fehler, aber meistens gibt es hierfür Gründe. Erfahrungen, die wir gemacht haben und Emotionen, die wir erlebt haben, lenken unser Handeln, unser Gefühl und unser Sein. Wir können nicht erwarten, dass unser:e Partner:in jede unserer Überzeugungen teilt oder entsprechend der eigenen Verhaltensmuster reagiert. Wir sollten uns darüber im Klaren sein, dass es Unterschiede gibt – so ist das im Leben und eben auch in einer Beziehung.

Neben dem Verstehen geht es nun auch um das Verzeihen. Ich muss ihm verzeihen. Ich denke, dass dies die größte Herausforderung ist, aber sie ist unabdingbar, wenn wir dieser Beziehung noch eine Chance geben wollen. Ruhe wird nur dann einkehren, wenn ich akzeptiere, dass es okay ist. Wenn ich Frieden mit dem Erlebten und mit ihm schließe.

Akzeptanz, Vergebung, Neustart …

Ich kann und will mich nicht ständig in die Opferrolle begeben, in der ich um mich schieße und meinen Frust loswerde. Denn genau dies führt nur zu einer toxischen Beziehung. Vergebung ist ein Prozess, manchen gelingt es schneller, manchen langsamer. Das Zulassen und Erleben von negativen Gefühlen ist dabei trotzdem wichtig, aber wir müssen auch erkennen, wenn es an der Zeit ist, sich aus der Negativschleife zu befreien und dem:der Partner:in bewusst sowie unterbewusst verzeihen zu wollen.

Und zuletzt muss ich wieder zu mir selbst finden. Es ist wichtig, sich von den negativen Vergleichen zu lösen und Dinge zu tun, die einen wieder zu Kräften kommen lassen, Spaß machen und das Selbstwertgefühl stärken. Sowohl er als auch ich müssen dies tun, damit wir uns beide wieder gestärkt und auf Augenhöhe begegnen können.

All das ist einfach gesagt. All das wird einem von Freunden:innen, Familie und Ratgebern gepredigt. Manchmal scheint es in der Realität nicht umsetzbar – und doch ist es möglich.

Die Autorin dieses Texts möchte anonym bleiben.

Headerfoto: Anton Malanin via Unsplash. („Gedankenspiel“-Button hinzugefügt.) Danke dafür!

4 Comments

  • Hallo liebe Autorin,

    ich möchte gern etwas zu Deinem Text schreiben. Vorneweg: Mein Ex-Freund wurde vor ein paar Wochen auf Tinder erwischt. Meine beste Freundin fand ihn dort und er hat ein tolles Profil angelegt, mit dem er eine „feste Beziehung“ gesucht hat. Ja genau. Die Beziehung hatte er aber eigentlich schon mit mir. Daraufhin bin ich nach Hause und habe ihn zur Rede gestellt und habe meiner Wut erstmal ordentlich Ausdruck verliehen. Was danach passiert ist: Ich musste ihm alles aus der Nase ziehen. Er hockte da. Emotional komplett unreif und schob mir die Schuld dafür in die Schuhe. Er meinte, er wollte aus der Beziehung flüchten und schauen, wie es sich so als Single anfühlt. Ich war ihm zu gestresst die letzte Zeit und das täte ihm nicht gut (Anmerkung: hatte nur einen neuen Job, Wohnungssuche und Umzug in Hamburg und Beziehungsschwierigkeiten / Ironie aus) Als ich ihn fragte, wieso er nicht einfach Schluss machte, meinte er: „Ich wollte nicht Schluss machen. Ich hab einfach gewartet, bis du dich wieder fängst.“ Was möchte ich mit meiner Geschichte sagen? Ich habe mir noch Wochen danach den Kopf zerbrochen, was ich falsch gemacht habe und ob ich wirklich so eine anstrengende Freundin war, die ihren Freund zu anderen Frauen treibt. Und ganz ehrlich: Nein!!! Der war intransparent und unreif. Fertig aus Mickey Mouse. Warum zweifeln wir Mädels ständig an uns, nur weil diese emotional unreifen Burschen nicht in der Lage sind, vernünftig über ihr Unbehagen und ihre Bedürfnisse in einer Beziehung zu kommunizieren? Und liebe Autorin: Es ist doch total normal, dass Du so wütend warst und Selbstzweifel hattest. Du bist kein Stein. Du musst nicht cool sein und schon gar nicht musst Du etwas verzeihen, das gegen Deine Beziehungswerte geht. Wenn man sich wichtig ist, dann redet man miteinander. Man kann auch eine Pause machen. Aber ich finde es charakterschwach, wenn man gleich in andere Betten huscht. Du wurdest verletzt. Hart verletzt meiner Meinung nach. Wo ist die Wut? Bei mir ist sie gerade da. Sie hat sich durch meine Unsicherheiten, Selbstzweifel und Trauer gekämpft und nun bin ich so weit, dass ich sagen kann: Ich war mit einem unreifen Hansel zusammen, der immer noch Essen von seiner Mutti holt und Bestätigung bei !Tinder! sucht. Das nennt man gesunde Trennungsaggression. Bin mal weg. Muss mein Single-Wochenende planen 🙂 Dicke Umarmung

  • Hi,ich habe gerade eure Beiträge gelesen..
    ich bin fremd gegangen.. eigtlich auch nicht ..wir sind in keiner bez,er verneint es jedesmal und sagte mir vorher ,dass er mit mir abgeschlossen hätte..bis jetzt ging es fast 2Jahre ,er wohnt nicht in Deutschland, ich ja ..deswegen ist es auch sehr schwierig sich zu sehen..
    Naja aufjedenfall ich wollte ihn vergessen,kein Spaß haben ..ich bereue es zu tiefst und nu macht er zu.. er antworte mir immer und schnell zurück aber er ist verletzt ..
    und mit seiner Aussage ..hat ER mir den Boden unter den Füßen weggerissen!
    Ich war verletzt, wütend und enttäuscht das ich ihm nichts bedeute hätte …
    Ich sagte ihm es aber gleich danach ,waren immer ehrlich zueinander aber er lässt es mich spüren..
    mit ihm bin ich gewachsen, in meinem Leben..wir kommen aber nicht voneinander los 😔und ich habe keine Ahnung wie es jetzt weiter geht mit uns.. ich weiß nur ich liebe ihn und er mich .
    Lg Lina

  • Hallo, ich habe den Beitrag gelesen, da ich ähnliche Erfahrungen gemacht habe und mein Kopfkino einfach nicht ausschalten kann. Ich habe mich vor 3 Monaten von meinen Freund getrennt, da es oft schwierig mit uns war. Er ist sehr temperamentvoll und ich eher ruhig und wenn es problematisch wird, ziehe ich mich in mein Schneckenhaus zurück. Ich habe mich verletzt gefühlt und anstatt zu reden, habe ich mich getrennt. Am Anfang war ich wütend, da kam ich mit der Situation gut zurecht. Je länger wir getrennt waren, umso mehr habe ich ihn vermisst und gelitten. Nach 2 1/2 Monaten haben wir uns zufällig wieder gesehen und ich habe gemerkt, dass er auch noch Gefühle für mich hat. Seid einer Woche sind wir dabei die Trennung aufzuarbeiten und sind wieder sehr glücklich miteinander. Allerdings habe ich ihn gefragt, ob er während der Trennung Sex hatte und natürlich hatte er. Er hatte sich 3mal mit der Frau getroffen und ich denke, dass auch Gefühl im Spiel waren. Ich habe jetzt ein Problem, mit der Situation umzugehen. Immerhin war ich während der ganzen Trennung überhaupt nicht in der Lage an andere Männer zu denken, und er verbringt sogar ein Wochenende mit einer anderen Frau. Wie kann ich das akzeptieren?

  • Guten Tag
    Ich habe den Beitrag gelesen. Auch ich bin in der selben Position. Mein Partner hat sich von mir getrennt und ich bin durch die Hölle gegangen. In der Zeit hatte eine Andere , als ich es erfuhr ,riss es mir den Boden unter den Füßen. Nach drei Monaten kamen wir wieder in Kontakt und ich stellte ihm die Frage warum . Er sagte er wüsste es nicht und so schnell wie es angefangen hat , so schnell war es auch wieder zu Ende. Meine Gefühle für ihn sind zwar immer noch sehr stark . Aber ich hab immer den Gedanken im Kopf…wie wann wo …war es besser ..schöner usw. Ich kann auch nicht zu ihm nach Hause , weil ich weiß das sie in seinem Bett geschlafen hat. Wie kann ich bloß damit umgehen ?? Wie schaff e ich es den Virus aus meinem Kopf zu bekommen ?
    Haben sie eine Idee wie ich es schaffen kann ?
    Würde mich über eine Antwort so sehr freuen.
    Mit freundlichen Grüßen
    Anja

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