Romano meldet sich mit seinem ersten Album „Jenseits von Köpenick“. Seit seiner legendären Metalkutten-Auskopplung Anfang dieses Jahres wird er als der Künstler 2015 schlechthin gehandelt. Wir haben uns mit dem 37-jährigen Berliner auf dem Melt! Festival getroffen und wirklich über alles unterhalten. Alles, nur nicht über seine Musik. Warum wir am Ende aber trotzdem wissen, was uns im September erwartet und wie sein neues Video aussieht, erfahrt ihr hier.
Irgendwann hat mir mal einer erzählt, wenn du ein gutes Interview willst, musst du einen guten ersten Eindruck machen. Wenn die Begrüßung scheiße ist, hat der andere später nicht mal Bock dir zu erzählen, wie sein Tag so war.
Auftakt Melt! Festival. Es ist Freitag und wir warten im VIP-Bereich auf Romano. Ich möchte nicht nervös sein, aber ich werde nervös. Vielleicht sollte ich meine Lippen jetzt schon mal zu einem Lächeln ansetzen, damit sich die Mundwinkel nicht so ruckartig hochziehen, wenn er vor mir steht? Ich denke, besser ich strecke den Unterarm zur Begrüßung nicht im 90er-Winkel raus, sondern eher locker leicht im MC-Style gebeugt, sodass ich alles aus dem Handgelenk schütteln kann.
Mein Blick schweift umher. Wo ist eigentlich Jule? – Ah, die räumt den Garten auf und sortiert Holzblöcke. Supi! Doch noch mal Hände waschen gehen? Dann ruft das Management an. Alles klar, „der schöne General“ kommt gleich. Ich gehe auf Position. Rücken maximal entkrümmen, Schultern zurück und jetzt bloß nicht mehr schwitzen. Knaller Vorsatz bei 30 Grad. Reiß dich zusammen!
5 Minuten später ist es soweit. Schwarzes T-Shirt, blonde Zöpfe. Ein strammer Gang steuert auf mich zu. Vorsichtig strecke ich den Arm aus. Also, ich muss sagen, bis hierhin läuft es schon mal super. Aber noch so eine Tatsache über Menschen: Sie können einen überraschen. Statt eines Händedrucks bekomme ich von Romano ein übertrieben freundliches „Ach, watt soll das mit der Hand. Komm mal ran hier!“ Ehe ich was sagen kann, liege ich auch schon in seinen Armen mit meinem Gesicht fest an seine Brust gedrückt. Eigentlich ganz schön hier.
Was ist das Geheimnis deiner schönen Haare?
Als ich 1994/95 angefangen habe, mir die Haare wachsen zu lassen, gab es da diese schwierige Phase, als sie an den Ohren angekommen waren. Wenn du das aber geschafft hast, ist es schon mal geil! Seitdem pflege ich sie. Du brauchst ein gutes Shampoo, einen guten Friseur. Alle drei bis vier Monate gehe ich zu Lilly meine Spitzen schneiden. Ganz ehrlich, ich kenne auch Leute, die ihre Haare so ausfransen lassen und mit Spliss kämpfen, dass da eigentlich am Ende nur der Topfschnitt hilft.
Gut, ich habe jetzt nicht damit gerechnet, dass du solch ein Wissen mit mir teilst. Ich bin begeistert. Gewissermaßen bist du ja eine Kunstfigur gepaart mit dieser frischen Berliner Authentizität. Möchtest du genau so wahrgenommen werden?
Ich habe mich ja jetzt nicht neu erfunden und gedacht, der Markt braucht vielleicht was Neues. Es gab kein Transformationsteam in irgendeiner Ecke, das an mir gebastelt hat. Mich gibt es wirklich nur so. Kunstfigur heißt ja eigentlich nur, dass man jemanden nicht unbedingt fassen kann. Alles, was nicht Schublade ist, wird sofort zur Kunstfigur. Ich liebe so viele Dinge in dieser Welt, angefangen bei der Musik bis hin zur Kunst. Ich lebe mich da aus und begreife mich auch selbst als eine authentische Person.
Du mischst die Genres wild durcheinander. Gibt es eine musikalische Richtung, die dir überhaupt nicht gefällt?
Du, ich habe sogar schon bei Gabber-Partys den MC gemacht. Ich wollte einfach mal in die Szene reinschnuppern und gucken, was passiert. Was das so für Leute sind. Ich fand es geil und glaube deshalb, dass es wirklich nichts gibt, dass mich nicht in irgendeiner Weise reizen könnte.
Gibt es neben der Musik denn noch andere Künste, mit denen du dich auseinandersetzt?
Die Literatur ist eine meiner liebsten Künste. Besonders ihre dunkle Seite. Alles um das 19. Jahrhundert von Charles Baudelaires „Fleur du Mal“ über Edgar Allan Poe bis zu H. P. Lovecraft. Gothic Literatur finde ich sehr spannend. Literarische Bewegungen wie der Expressionismus oder der Dadaismus sind für mich auch hochinteressant. Mich reizt ein Sonnenuntergang am Strand genauso wie die Sicht auf den Mond zwischen einer knochigen Eiche.
Die Epoche der Romantik!
Ja! Eichendorff!
Träume!
Der Naturgedanke!
Die Nacht!
Todessehnsucht!
Hast du die?
Nö, ich bin eher gespannt auf das, was danach kommt. Wenn man Angst hat, muss man sich ihr stellen. Definitiv habe ich aber einen Hang zum Dunklen, zum Düsteren. Manchmal haben dunkle Plätze eine unglaubliche Anziehungskraft auf mich.
Hast du aber auch mal ganz normale Couch-Tage?
Ich bin auf jeden Fall jemand, der unentwegt powert. Jemand, der immer aktiv ist. Aber nach Tagen, an denen ich besonders viel Energie gelassen habe, brauche ich auch eine kurze Phase, in der ich mich erholen muss. Das magische Dreieck: Couch, Kühlschrank, Bett.
Jut, jetzt habe ich eine Frage, von der ich glaube, dass sie dir noch keiner gestellt hat!
Schieß los!
Stimmt es, dass du Ballett tanzen kannst?
Ich mache Ballett seit zwei Jahren und ich liebe es! Ich begebe mich da in eine Art meditativen Zustand. Es ist hart am Anfang, aber irgendwann kommst du in so einen Rausch rein, sobald du den Kopf ausschaltest. Mein Traum wäre es mal, ein halbes Jahr nach Moskau zu gehen. Mich komplett wegschließen zu lassen. Wieder rauskommen, denken, dass ich scheiße tanze, aber dann alle nur so: Wow, Alter. Was für Moves!
Du scheinst vielseitig zu sein. Was wolltest du als Kind werden?
Film und Schauspiel haben mich immer interessiert. Genauso wie Pyrotechnik und Explosionen. Mein Vater ist von Beruf Sprengmeister, deshalb konnte ich mir damals vorstellen, auch in diese Richtung zu gehen. Ich bin glücklich mit dem, was ich heute mache. Jeder Mensch sollte sich ausleben dürfen. Warum malt ein Künstler ein Bild? Warum baut einer eine Figur aus Holz? Man möchte etwas mit anderen teilen. Das, was ich mache, ist eine Darbietung für die Menschen. Hi, das bin ich. Roh und unverfälscht. Das ist mein Angebot an die Welt.
Ist es das, was dein Publikum auf deiner kommenden „Klaps auf den Po“-Tour von dir erwarten darf?
Genau! Sie kriegen einfach komplett mich. Rappend, singend, tanzend. Verschiedenste Persönlichkeiten dargestellt, die ich in meinem Leben durchlaufen habe bis zum heutigen Tag. Es wird in jedem Fall eine schöne Licht-Show werden. Mal gucken, ob ein paar Tänzer mit am Start sind. Ein erotischer Aspekt ist natürlich auch immer dabei. Und davon wird es viel geben.
Äh, erotisch? Klär mich auf, was du damit meinst.
Energie wird freigesetzt. Nähe soll zugelassen werden. Einfach mal locker machen. Ich denke, dass das auch ein grundsätzliches Problem ist, weil wir in unserer Gesellschaft eher dazu neigen, uns mit Vorurteilen zu begegnen. Aber Nähe zuzulassen heißt: Mal ein kleines Gespräch, ein kleines Lächeln und auch mal eine kleine Berührung. Und genau das ist meine Musik.
Dürfen wir dich mit nach Hause nehmen?
(Lacht) Na, wir sind ja jetzt in Kontakt.
Bist du eigentlich Single?
Keine Stellungnahme!
Du hast den besten Drummer der Welt! Ist der Single?
(Lacht) Keine Stellungnahme. Manches gehört nicht in die Medien.
Und zu guter Letzt: Wir lieben dich. Du uns auch?
Ja, ich liebe euch!
Spät nachts machen wir uns auf den Weg zum Intro-Zelt, um Romanos Auftritt zu bewundern. Das Ding ist komplett überfüllt. Alle rasten aus, als die goldene 49er-Bomberjacke die Bühne betritt. „Chefetagen, Schulden machen, Scheine drucken, Korruption, Großkonzerne, Monopole, satte Schweine mit zu viel Kohle. Brenn die Bank ab!“, rappt Romano und schmeißt mit gefakten Geldscheinen, auf die sein Gesicht gedruckt sind, um sich. „Alle setzen Masken auf“, schreit er in die Menge. „Es wird Zeit sie abzulegen“. Er verneigt sich vor seinem Publikum. „Romano hat sich verliebt! In euch alle.“
Seid ihr jetzt auch total im Romano-Fieber? Braucht ihr dringend noch Input? Müsst ihr mehr sehen/hören/fühlen/anfassen? Wie wäre es dann zum krönenden Abschluss mit seinem in dieser Sekuuunde erschienenen Video zu Klaps auf den Po? Dachten wir uns. Bitte gerne: