Queerfeindlichkeit darf keinen Platz in unserer Gesellschaft haben! | Internationaler Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie –

TRIGGERWARNUNG: queer-feindliche Gewalttaten, LGBTQ+-Diskriminierung

Vor wenigen Tagen ist ein junger Mann im Iran ermordet worden, von seinem Bruder und seinen Cousins. Sein Tod geht um die Welt, löst Empörung, Wut und tiefe Trauer aus, und doch ist es kein Einzelfall. Kein Einzelfall, dass einem Menschen aufgrund seiner Sexualität das Leben genommen wird.

Der junge Mann hieß Alireza Fazeli Monfared und war zwanzig Jahre alt. In wenigen Tagen wollte er in die Türkei fliehen, aber seine Familie kam ihm zuvor. Sie sehen sich im Recht: Sie mussten so handeln, „wegen der Ehre und der Religion“, sagen sie.

Liebe darf kein Todesurteil sein

Alireza konnte seinem Mord nicht entkommen, weil es immer noch etliche Länder gibt, die Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer queeren Identität verfolgen. In weltweit 96 Ländern ist queeres  Handeln und Sein illegal, in einigen wie im Iran, Saudi-Arabien und Jemen, im Sudan sowie in Teilen von Somalia und Nigeria steht darauf die Todesstrafe. 

Alireza musste sterben, weil es immer noch etliche Länder gibt, die Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer queeren Identität verfolgen.

Diese rechtliche Verankerungen machen deutlich: Fälle wie der von Alireza sind keine Ausnahmen. Sie sind strukturell verankert, gerechtfertigt und kommen aufgrund dessen auch nur selten derart ans Tageslicht und sie finden viel zu selten Beachtung in den Medien. 

Keine Einzelfälle: LGTBQ+-Feindlichkeit weltweit 

Doch wer diese Vorkommnisse nur in dem globalen Süden verortet, ist weit gefehlt. Auch in westlich geprägten Ländern wie den USA treffen LGTBQ+-Menschen immer wieder auf diskriminierende Gesetze, Richtlinien und Praktiken.

Erst vergangenes Jahr stärkte der Oberste Gerichtshof der USA die Rechte von lesbischen, schwulen, bi- und transsexuellen Menschen am Arbeitsplatz. Mit sechs zu drei Stimmen entschieden die Richter:innen, dass das Gleichbehandlungsgesetz, das Diskriminierung auf Basis des Geschlechts, der Hautfarbe, der nationalen Herkunft und der Religion verbietet, auch für homosexuelle und trans*Menschen gilt. 

Mich lässt das stutzen. Ist das ein Erfolg? Offensichtlich. Aber wie kann es sein, dass Menschen im 21. Jahrhundert noch dafür kämpfen müssen, als Mensch anerkannt zu werden? Wie tief müssen diese festgefahrenen, homo-, bi-, inter- und transphoben Vorstellungen sitzen, dass wir über so etwas überhaupt noch sprechen müssen?

Wie kann es sein, dass Menschen im 21. Jahrhundert noch dafür kämpfen müssen, als Mensch anerkannt zu werden?

Leider müssen wir geografisch aber gar nicht bis zu den USA schauen. In unserem Nachbarland Polen, um nur ein weiteres Beispiel zu nennen, ist die Lage für Menschen, die von der konservativen, katholischen Familiennorm abweichen, verheerend. Verschiedene Netzwerke berichten von regelmäßigen Übergriffen, Angriffen und Selbstmorden innerhalb der Community. Mit Schutz durch die Polizei kann man dabei nicht rechnen, die Polizei ist vielmehr Teil des Problems.

Zwar wehrt sich die Szene aktiv, demonstriert und informiert, aber der Kampf ist noch lange nicht gewonnen. Die Gesellschaft scheint dabei zutiefst gespalten. Laut des Eurobarometers befürworten etwas weniger als 50% der Pol:innen gleiche Rechte für LGTBQ+.

In unserem Nachbarland Polen, um nur ein weiteres Beispiel zu nennen, ist die Lage für Menschen, die von der konservativen, katholischen Familiennorm abweichen, verheerend.

In Deutschland sind es offiziell hingegen fast 90%, aber auch hier sind Menschen der Community immer noch regelmäßig Diskriminierung, Hassrede, Gewalt und Belästigung ausgesetzt. Diese Kriminalisierung und Intoleranz schränkt die sozialen, wirtschaftlichen, politischen sowie allgemein bürgerlichen Rechte jener Menschen ein. Gewalt und Mobbing gegen LGTBQ+-Menschen dürfen in unserer Gesellschaft keinen Platz finden.

Internationaler Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie

Am 17. Mai ist IDAHOBIT: der Internationaler Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie (englisch: International Day Against Homophobia, Biphobia, Interphobia and Transphobia). Der Aktionstag wurde ab 2005 zunächst von homosexuellen, später auch trans-, bi- und intersexuellen Menschen ausgerufen, um durch mediale Aufmerksamkeit auf die Diskriminierung von Menschen aufmerksam zu machen, die in ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität von der Heteronormativität abweichen.

Wir möchten uns an dieser Stelle von dem Begriff „Phobie“ abgrenzen, denn eine menschenverachtende Einstellung oder feindseliges Verhalten gegenüber einer Gruppe auf eine psychische Krankheit – wie in diesem Fall eine Angststörung – zurückzuführen, ist pure Verharmlosung.

Das Datum wurde dabei in Erinnerung an den 17. Mai 1990 gewählt: dem Tag, an dem die WHO beschloss, Homosexualität aus ihrem Diagnoseschlüssel für Krankheiten zu streichen. Transsexualität wurde jedoch erst 2018, also vor lächerlichen 3 Jahren, von der WHO als Krankheit gestrichen. 

Das Datum wurde in Erinnerung an den 17. Mai 1990 gewählt: dem Tag, an dem die WHO beschloss, Homosexualität aus ihrem Diagnoseschlüssel für Krankheiten zu streichen. Transsexualität wurde jedoch erst 2018 gestrichen.

2017 ist für mich ein Jahr, an das ich mich noch sehr gut erinnere. Ich könnte erzählen, was ich in diesem Jahr erlebt habe und hatte das Gefühl, zu dem Zeitpunkt in einer Welt gelebt zu haben, in der Transsexualität nicht mehr als „Krankheit“ empfunden wird. Wenn ich überlege, wie unbefangen und hoffnungsvoll ich in meiner Bubble unterwegs gewesen bin, fällt es mir schwer, mich selbst für meine naive Ignoranz nicht zu verurteilen.

Bei Menschen der trans*Community liegt natürlich keine „Störung der Geschlechtsidentität“ vor. Und trotzdem müssen sich viele von ihnen auch in Deutschland noch langwierigen psychischen Behandlungen und Gutachten unterziehen, bevor sie ihre Identität leben dürfen. 

Menschen der LGTBQ+-Community liegt keine „Störung der Geschlechtsidentität“ vor. Und trotzdem müssen sich viele von ihnen auch in Deutschland noch langwierigen psychischen Behandlungen und Gutachten unterziehen, bevor sie ihre Identität leben dürfen.

Der Gedanke einer heteronormativen Gesellschaft ist ein nicht real-existierendes Konstrukt, eine Vorstellung, die sich schon längst als unwahr bewiesen hat, und trotzdem wird daran festgehalten. Warum?

Regenbogengesellschaft 

Ich weiß nicht, warum wir  immer noch davor zurückschrecken, in einer diversen und offenen Gesellschaft zu leben: aus Angst, Misstrauen, Überforderung? Wir befinden uns global wie national in einer Situation, in der wir handeln müssen. Alireza wurde umgebracht, weil er verliebt war. Mit ihm kämpfen jeden Tag viele andere um ihre Daseinsberechtigung. Es braucht Verbündete und Akzeptanz, aber vor allem brauchen wir allgemein gültige Menschenrechte und Gesetze sowie politische Konsequenzen für queerfeindliche Länder – und das so schnell wie irgend möglich.

Headerfoto: Matthew Reyes via Unsplash. (Kategorie-Button hinzugefügt und Bild gecroppt.) Danke dafür! 

Nika liebt das Meer und frischen Wind in ihren Segeln. Besonders angetan haben es ihr außerdem Schweden und das Schreiben über aktuelle Themen, irrwitzige Gedanken und aufrichtige Gefühle, vor allem natürlich für die Redaktion von im gegenteil. An einem perfekten Geburtstag gibt es bei ihr Nudelsuppe von ihrem Opa und Vanillepudding von ihrer Oma.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.