Nun komm schon! – Warum Sex ohne Orgasmus nicht zwingend ein Drama ist

Nackte Brüste, blankes Entsetzen. Auf Wolke sieben braut sich was zusammen. Wir sind gemeinsam auf dem Weg zum Gipfel der Lust, dem Ort, an dem laut gejodelt wird – bestenfalls mit Echo, Echo, Echo. Sind schon eine Weile unterwegs und ich merke, unsere Expedition wird scheitern.

Ich möchte nicht, dass Du gehst, ohne zu kommen.

Ich möchte nicht, dass Du gehst, ohne zu kommen. Ohne ganz oben gewesen zu sein. Ich wäre gern ein Mann, der dich dahin bringt. Zur Not auf meinen Schultern. Ist aber nicht das Fichtelgebirge, sondern der fucking Everest, den wir hochwollen – ohne Ausrüstung, ohne Proviant und vor allem ohne genaue Kenntnisse des neuen Terrains. Kennen uns noch nicht lange, wissen nicht, was der andere gern hätte.

Eine Pause zum Beispiel. – Jetzt.

Nicht der Weg ist das Ziel. Das Ziel ist das Ziel. Aber eine Geschichte ohne Happy End ist nicht zwingend ein Drama. Ich kann damit umgehen, ohne an Selbstzweifeln zu ersticken. Und Du? Deine Erleichterung darüber, dass bei mir das Konfetti nicht zu früh geregnet ist, weicht langsam der Erkenntnis, dass es womöglich gar keins geben wird.

Weckt das Deinen Ehrgeiz oder ist es eher ein Stich in Deine Brust mit einer Adrenalinspritze, die Dich gerade noch mal richtig aufdrehen lässt? Bitte nicht, bitte. Das fühlt sich dann so an, als würde ich tief in einer Felsspalte stecken und Du wickelst eine Rolle Toilettenpapier ab, an der ich mich rausziehen soll. Lieb gemeint. Erhöht aber nur den Druck.

Grübeln ist Salzsäure für die Libido.

Grübeln ist Salzsäure für die Libido. Während des Zersetzungsprozesses wabern Deine Fragen in meinem Hirn: Ob es an Dir liegt? Oder nicht schön ist? Ob mir das öfter passiert? Es liegt nicht an Dir. Ist auch schön. Und nein, das passiert mir nicht zum ersten Mal. Aber bald nicht mehr.

Das mit uns geht gerade in entgegengesetzte Richtungen. Du willst hoch, ich runter. Wie an einem steilen Hang, an dem ich renne, renne, renne und einfach nicht stoppen kann. Jedenfalls nicht, ohne ganz fürchterlich auf die Fresse zu fallen. Wir sollten aufhören, bevor wir beide auf der Strecke bleiben, weil wir in Regionen vordringen, in denen der Sauerstoff knapp wird.

Was soll ich sagen? Dass ich nicht mehr kann? Nicht mehr will? Kann ich nicht. Will ich nicht.

Lass uns morgen weitermachen. Muss sich nur ein Ende finden, mit dem wir beide entspannt sein können. Was soll ich sagen? Dass ich nicht mehr kann? Nicht mehr will? Kann ich nicht. Will ich nicht.

Sag Du doch auch mal was. Ah und Oh zum Beispiel. Und ja, ja, ja. Es sind Momente wie diese, in denen der vorgetäuschte Orgasmus erfunden wurde. Nur eine Möglichkeit, heute über den Berg zu kommen.

Björn Krause ist freier Autor und Kolumnist. Der 40-Jährige arbeitete viele Jahre bei dem Männer-Magazin Men´s Health, wo er unter anderem für das Ressort „Partnerschaft & Erotik“ verantwortlich war. Zuletzt war er zwei Jahre lang Textchef bei dem Frauen-Magazin Barbara – von und mit Barbara Schöneberger. Die sagt über sein aktuelles Buch: „Dass Männer denken, wurde ja erst kürzlich in Studien bewiesen. Dieser hier redet auch noch darüber. Björn Krause erreicht eine neue Eskalationsstufe. Sein Buch ist gnadenlos ehrlich und wirklich sehr, sehr komisch“.

Headerfoto: Frau im Bett (Stockfoto) via hurricanehank/Shutterstock. („Sexy Times“-Button hinzugefügt.) Danke dafür!

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