Du blockierst mich – oder auch: Wie ich dich nicht loslassen kann

Wir beide nackt in meinem Bett. Ich genieße deine Nähe, weiß, dass ich dich schon bald wieder gehen lassen muss. Doch dann kommt von dir da dieser Satz, dieser Gedanke. Du hast den Eindruck, dass du mich für andere blockierst. Ein Gedanke, der mich schon seit Wochen beschäftigt. Wenn ich auf Tinder bin, vergleiche ich alle mit dir, wische in einem beständigen Rhythmus nach links.

Hält ein Profil meine Aufmerksamkeit länger als fünf Sekunden, sind sie nach genauer Überlegung doch nie wie du. Schaffe ich es dann doch einmal auf ein Date, weiß ich schon vorher, dass es nie so ein erstes Date sein wird wie mit dir.

Ich weiß noch genau, wie es war, dich vor einem Jahr kennenzulernen. Eigentlich hatte ich gar nicht groß Lust auf dieses Date. Doch dann standest du vor mir, mit deinem schelmischen Lächeln und deinen durchdringenden Augen. Ich fühlte mich, als hätte mir jemand den Boden unter den Füßen weggezogen. Ich schwebte, alles kribbelte in mir. Ein Gefühl, das ich so noch nie erlebt hatte.

Von kurzen Minuten und langen Tagen

Auch der erste Sex war unglaublich gut. Doch mir war schnell klar, dass es für dich nur beim Spaß bleiben würde. Und ich? Ich verliebte mich knallhart in dich und musste damit allein fertig werden. Ich genoss jede Minute, die ich mit dir verbringen konnte. Obwohl sie intensiv waren, waren es doch viel zu wenige.

Hart waren die Stunden und Tage zwischen diesen schönen Minuten, in denen ich mich fragte, was du treibst oder besser gesagt: mit wem du es treibst. Mein Körper sehnte sich nach deinem und ich konnte kaum einen klaren Gedanken fassen, weil du ständig in meinem Kopf herumschwirrtest.

Verstaubt und endgültig weggesteckt

Doch diese Zeit ist doch nun vorbei? Meine Gefühle habe ich in eine Kiste gepackt und diese ganz tief in mir drin vergraben. Die Zeit mit dir genieße ich nach wie vor in vollen Zügen, doch die Zeit ohne dich auch. Wieso solltest du mich also blockieren? Fällt es mir so schwer, dich gehen zu lassen?

Obwohl ich weiß, dass ich dich nie für mich allein haben kann, kann ich mir ein Leben ohne dich momentan nicht vorstellen. Kleine Hoffnungsschimmer keimen immer wieder auf, dass wir in ein paar Jahren vielleicht doch an unserem gemeinsamen Esstisch sitzen werden. Und diese Kiste, welche mittlerweile eine dünne Staubschicht auf sich trägt, wird nie verschwinden.

Obwohl ich weiß, dass ich dich nie für mich allein haben kann, kann ich mir ein Leben ohne dich momentan nicht vorstellen.

Gefühle werde ich immer für dich haben, mein Herz wird immer etwas höherschlagen, wenn du mich anlächelst, aber ich werde nicht darauf warten, dass du nur noch mich anlächelst. Denn ich weiß genau, dass dieser Tag nie kommen wird.

Eines Tages wird ein anderer vor mir stehen und mir das Gefühl geben, den Boden unter den Füßen zu verlieren und von Schmetterlingen und Düsenjets getragen zu werden. Und spätestens dann werde ich deine Kiste für immer im Keller verstauen. Wir werden noch viele leidenschaftliche Minuten zusammen verbringen, aber ich werde mich bereit machen, bereit machen, dich ein letztes Mal im Arm zu halten, dich ein letztes Mal zu küssen, mich bereit machen, tschüss zu sagen und loszulassen.

Pomme Rouge. Im Kopf und im Herz zu Hause, Entscheidungen fallen ihr daher schwer. Ab und zu etwas sentimental, aber kann auch ganz gut so tun, als ob sie eine harte Nuss sei. Meistens positiv und immer mit einem offenen Ohr zur Stelle.

Headerfoto: Marcko Duarte via Unsplash. („Gedankenspiel“-Button hinzugefügt.) Danke dafür!

1 Comment

  • Wow. Unglaublich guter Text, den ich 1:1 nachempfinden kann. Mir lief sogar eine Träne über die Wange. Es tut gut, zu wissen, das man nicht alleine ist. Danke ♥️

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