Manuel Möglich | Deutschland überall

Manuel Möglich | „Deutschland überall.
Eine Suche auf fünf Kontinenten“

Auf den Punkt gebracht:

Manuel Möglich, der Rockstar unter den Reisereportern, besuchte fünf Kontinente, um die deutsche Seele zu ergründen. Sonst bei ZDFneo mit seinen Reportagen zu bewundern, präsentiert er uns jetzt seine 300 Seiten leichte Reisekost „Deutschland überall“. Das Buch funktioniert, weil er nicht das Klischee sucht, sondern die Menschen dahinter.

Wer soll es lesen:

Weltenbummler, Korinthenkacker, Fern- und Heimwehkranke, Zuspätkommer und die ganz Pünktlichen, schieftönige Chorsänger, Auslandsversicherte, Easy-Jeter und die mit Rucksack

 Es ist zum Heulen mit uns Deutschen und den Nazis: Entweder bilden wir uns ein, überall welche zu sehen, oder wir übersehen sie da, wo sie tatsächlich sind.

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Ist geil, weil:

[ Dieser Text verzichtet fast ausnahmslos auf platte Wortspiele ]

Möglich ist alles und schreiben kann er auch. Normalerweise begleitet ihn die Kamera, jetzt entfaltet sich sein großes Talent, Bilder durch Sprache zu erzeugen.

Manuel Möglich muss sich auf einiges gefasst machen, wenn er in Namibia etwa nach der Hitler-Geburtstagsparty Ausschau hält oder die Schiller-Buchhandlung in Rumänien mit deutscher Nationalflagge im Schaufenster erspäht. Wenn Exil-Inge83 dann in Brasilien anfängt, vom „echten Deutschen“ zu faseln, muss der Leser ab und an zart schlucken. Aber wen kümmern schon solche kosmopolitischen Sackgassen? Manuel Möglich jedenfalls geht auf die Menschen mit einer päpstlichen Gelassenheit zu und schifft dabei elegant zwischen deutscher Vergangenheit und moderner Desillusion irgendwo da draußen. Wohl kaum jemand hat sich der deutschen Tradition im Ausland so radikal hingegeben. Die übliche Reise-Rhetorik hat er dabei aber zu Hause gelassen. Seine Berichte sind am Ende nichts weniger als eine Liebeserklärung an die Begegnung. Vielen Dank, es war mir ein Genuss.
P.S. Liebe Welt, no more Helene Fischer.

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Manuel im Schnellcheck:

Wann hast du das letzte Mal etwas geklaut?
Verdammt lange her. Ich glaube mit 18.

Was ist dein Lieblingsgeruch?
Ich mag aktuell zitronige Düfte.

Welche Sendung im deutschen Fernsehen nervt dich zurzeit am meisten?
Ich hatte mich total auf Durch die Nacht mit Haftbefehl und Oliver Polak gefreut. War davon am Ende zwar nicht genervt, aber irgendwie gelangweilt.

Angenommen du wirst gleich blind, was ist das Letzte, das du sehen möchtest?
Das wären vermutlich die Menschen, die mir am wichtigsten sind: Familie, Freundin, Freunde.

Ach shit, jetzt will ich es doch wissen: Was hast du geklaut?
Ne blöde Mütze im Schlussverkauf, weil ich fand, dass sie immer noch zu teuer ist. (lacht)

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Sag mal Manuel, du bist durch Brasilien, Namibia, Samoa, China, Rumänien, Tschechien und die USA gereist: „Dieser Reisebericht wagt den Versuch, sich unserer Heimat aus der Ferne zu nähern. Auf diese Weise […] lässt sich mehr über Deutschland, die Deutschen und das Deutsche erfahren„, heißt es an einer Stelle. Warum ist das so?

Ich glaube, weil das einfach ein bisschen der andere Blick ist. Woanders ist man, egal, ob als Tourist oder als Reporter unterwegs, erst mal der Fremde, hat aber eine offenere Sichtweise. Die Leute, so wie im Buch beschrieben, haben meistens deutsche Vorfahren oder einen deutschen Migrationshintergrund und völlig absurde Vorstellungen von dem, was Deutschland ist. Oft wurde ich als erstes begrüßt mit: „Sie sehen ja gar nicht wie ein Deutscher aus“. Man kann so also ein wenig abstrahieren, wenn man mal von der anderen Seite aus hinschaut.

Was sehen die Leute denn aus der Ferne?

Ich habe zum Beispiel nicht nur mit Menschen gesprochen, die deutsche Wurzeln haben oder sich deutsch fühlen. Fast jeder und ganz gleich, mit wem ich geredet habe, hatte eine Meinung oder feste Vorstellung. Deutsche Tugenden wie Pünktlichkeit, Gemütlichkeit, Sittsamkeit sind mir dabei oft begegnet. Ich denke dann: Ich weiß schon, was ihr mit eurer Tracht anspielt, aber so sieht halt nun mal hier keiner aus.

Liegt es daran, dass man vielleicht gerade in der Ferne seine Heimat verklärt?

Ja, vielleicht. Ich denke aber nicht, dass es unbedingt eine Frage der Definition ist, ob Heimat dieses oder jenes ist. Das variiert eben. Du hast vermutlich eine ganze andere Vorstellung davon als ich. Es muss ja nicht zwingend ein Land sein. Die meisten binden eher ein Gefühl daran. Egal wo.

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Was ist denn für dich Heimat?

Ach, ganz Unterschiedliches eigentlich. Zum Beispiel sowas wie ein Gefühl der Geborgenheit. Wenn ich über Heimat in einem klassischen Kontext rede, ist es natürlich auch das kleine Dorf in Hessen, in dem ich aufgewachsen bin. Das ist vertraut und schön, aber ich hege deswegen keine patriotische Verbundenheit. Das sind in erster Linie heimatliche Gefühle, die sich an meine Kindheit knüpfen. Gerüche vom Chlor im Freibad, Pommes und der billigen Sonnencreme. In Köln habe ich studiert und mittlerweile ein viel stärkeres Heimatgefühl entwickelt. Erwachsen werden, sich in vielen Dingen ausprobieren. Erinnerung ist auch Heimat.

Du betonst oft, dass du NICHT stolz bist, Deutscher zu sein. „Wer aus einem Land kommt, um mal eine gewagte These aufzustellen–, in dem einst blind der totale Krieg bejubelt wurde, trägt ein solch kritisches Dagegensein  möglicherweise in sich, ohne es recht begründen zu können.“ Wieso dieses kritische Dagegensein?

Ich weiß gar nicht, ob ich mir das nicht auch irgendwie zusammen gesponnen habe. Gewagte These eben. Ich sage immer, dass ich gerne in Deutschland lebe, vieles zu schätzen weiß, aber ich sehe natürlich auch Dinge, die nicht so gut funktionieren. Und besonders hinter dem Wort stolz komme ich echt nicht hinterher. Für mich hat stolz eher was mit einer erbrachten Leistung zu tun. Ich würde auch nie auf die Idee kommen zu sagen „Ich bin voll stolz ein Mann zu sein.“ In dem Amerikateil liest man, wie blöde dieser Nationalstolz sogar mitunter sein kann.

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Du nennst dich selbst den „reisenden Reporter“, –

Aber das ist nicht oft!

Nee, nur ein Mal, aber ich find‘s cool und werde das jetzt überall rum erzählen.

Ich muss gestehen, dass Bezeichnungen dieser Art keine Erfindung von mir sind. Viele geben sich Namen. Ich mag das Buch „Deutschboden“ von Moritz von Uslar sehr gerne. Der zieht das da zum Beispiel herrlich und brutal oft durch. Wobei ich gerade gar nicht weiß, wie er sich nennt? Reporter mit Hut oder so?

Ich glaube Helm?

(Wir überlegen beide ziemlich lange und kommen einfach nicht drauf.)

Ach, egal wie er sich nennt, Moritz von Uslar ist King of the Teilnehmende Beobachtung. Und in diesem Kontext mal: Du isst echt alles, was man dir vorsetzt, hast dich sogar mit einer Überdosis Kräuterpfeffer kurz ausgeknockt. Ist „mittendrin statt nur dabei“ die Devise?

Ich glaube beim Reisen ganz bestimmt, aber auch generell im Journalismus. Erleben gehört eigentlich immer mit dazu. Ob bei Wild Germany oder auch früher beim Radio, ich mag vor allem das Subjektive, das Persönliche im Zentrum meiner Arbeit. Manchmal scheitert man aber auch damit.

Subjektiver Schreibstil beeinflusst die Inhalte….

Spannend ist auch eine Überspitzung zum Beispiel wie die von Hunter S. Thompson, bei der man überhaupt nicht mehr weiß, was Wahrheit oder Fiktion ist. Hier unterscheidet sich auch das Buch vom Fernsehen. Wenn wir drehen, bin ich eben nicht allein. Einer hält die Kamera, einer macht den Ton und natürlich jeder, der vor eine Kamera tritt, überlegt sich, was er sagt. Wenn ich alleine unterwegs bin, nehme ich mitunter gar nichts auf. Da lass ich vieles einfach passieren und schreibe aus der Erinnerung. „Deutschland überall“ ist auch nicht einfach runter geschrieben wie ein Reisführer mit Empfehlungen, wo sich die besten Hostels befinden.

„Die Grundregel jedes guten Reporters lautet: Nichts schon wissen, alles vor Ort erfahren.“ Stimmt‘s oder hat Andreas Altmann recht?

Klar, sonst brauche ich ja nirgendwo mehr hinzufahren. Auf jeden Fall muss man auch mal was recherchieren und auch den einen oder anderen Kontakt vorher klären, vielleicht schon ein bisschen wissen, was man will, aber ansonsten ist es so zu unterschreiben.

[Nach langer und umfangreicher Recherche im Anschluss: Moritz von Uslar „Der Reporter mit Hut“ Bangerang Manuel]
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Nur mal so:

Manuel tourt übrigens auch mit seinem Buch durch Deutschland. Rockstar, sag ich doch! Hier gibt es die Termine.

Achtung! Wir verlosen drei Exemplare des Buches. Verrate uns einfach unter diesem Facebook Post (bis Sonntag, 23:59h) dein bestes Wortspiel mit „Möglich“. Alles ist möglich.
Manuel Möglich „Deutschland überall. Eine Suche auf fünf Kontinenten“ erschienen im RowohltVerlag für 19,95 Euro.

JUDITH malt gerne Mandalas, will sich demnächst einen Plattenspieler kaufen und ist eine waschechte Buchhändlerin. Sie studierte in Berlin Literaturwissenschaften und Publizistik und ist als Autorin und Texterin tätig. Den Kleinen Prinzen findet sie scheiße und auf ihrem Grabstein möchte sie mal „Books were her Mission“ zu stehen haben. Hier werkelt sie unter anderem an Bock auf Lesen und Wenn du mich fragst.
SASKIA wohnt im Herzen Friedrichshains und ist zwar ein gefärbtes, aber glückliches Redhead-Mädchen. Sie liebt frisches Essen, nette Menschen und antike Schätze, welche auch alle Motive ihrer Fotografie sind. Ihr Auge für Mode, Inneneinrichtung und besondere Orte zeigt sie der Welt auch bei Instagram, wobei sie diese kleinen, einzigartigen Momente einfängt, in denen das Unscheinbare zum Besonderen wird.

3 Comments

  • Ach shit, jetzt will ich es doch wissen: Was hast du geklaut? Jaaaaaaaaa, war gut und spritzig. Manuel! die Aussage zum Stolz eines jeden, ist wahrhaftig kein passender Begriff für ein gutes Gefühl. Ich verbinde den Stolz mit einer breiten Brust , besser als alle andere u.s.w.
    Ich benutze da schon eher – Ich bin glücklich-

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