Eine Person mit dunkler Hautfarbe in Deutschland zu sein, ist nicht leicht. Da spielt es erst einmal keine Rolle, ob man hier geboren ist oder nicht. Die Hautfarbe ist das prägnante Merkmal nach dem sich jede*r richtet. Und je dunkler die Haut, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass eine Schwarze Person oder Person of Colour in eine Schublade gesteckt bzw. benachteiligt wird. Für diesen Text zum Thema Rassismus und Allyship habe ich mich mit drei Frauen getroffen: Cérise C. Carson, Mo Asumang und Salima Faye. Wie ich haben sie mindestens ein Elternteil, das Schwarz ist.
Die Debatte der letzten Monate über Polizeigewalt gegenüber Schwarzen und People of Colour hat uns alle aufgewühlt. Salimas Zündschnur ist aktuell ziemlich kurz. “Gewalt ist nicht die Lösung, wird uns von Weißen gesagt. Aber ganz ehrlich: Das sagt ihr uns?”, bricht es aus ihr hervor.
Ich sitze mit den drei Frauen auf dem Tempelhofer Feld. Die Sonne scheint, es sind trotz andauernder Corona-Abstandsregeln viele Leute hier und genießen das sommerliche Wetter und den Feierabend draußen. Der Anlass unseres Treffens ist an sich kein schöner – er macht uns mal wieder sehr traurig und wütend. Der gewaltsame Tod des Schwarzen US-Amerikaners George Floyd hat weltweit zu Massendemonstrationen geführt und eine erneute, intensivere Rassismus-Debatte ausgelöst. Endlich auch wieder in Deutschland.
Ich, Tene, die Tochter einer Senegalesin und eines Deutschen, hier geboren und aufgewachsen, kämpfe seit Veröffentlichung des Videos, das ich nur ein paar Sekunden anschauen konnte, mit den Gefühlen der Ohnmacht, Trauer und Wut. Und resignierte erst mal gegenüber dieser Situation.
Auch ich als afro-deutsche Frau habe mich nicht immer richtig verhalten
Ich kenne und erlebe Rassismus schon mein Leben lang, doch bemerke ich erst jetzt, wie sehr ich versucht habe, der Konfrontation mit diesem Thema aus dem Weg zu gehen. Will heißen: Ich habe mich einerseits über rassistische Bemerkungen geärgert, sie aber zu selten wirklich angeprangert – und vor allem selbst mit Witzen über meine Hautfarbe à la “Seht ihr mich noch? Es ist ja schon so dunkel …” meinen Mitmenschen das Gefühl gegeben, dass solche Bemerkungen in Ordnung sind. Ich glaube sogar, dass ich damit versucht habe, es den Weißen Personen in meinem Umfeld leichter zu machen, damit sie sich nicht mit Rassismus auseinandersetzen mussten.
Eigentlich wollte ich so konform wie möglich sein und meine Hautfarbe nicht als Alleinstellungsmerkmal für mich annehmen, doch das war und ist nicht möglich. Ich bin nun mal dunkelhäutig und damit für andere eine „exotische Person“ in Deutschland – dass ich im Jahr 2020 immer noch so wahrgenommen werde, ist beschämend und sagt viel über unsere Gesellschaft aus.
Es muss sich endlich etwas an unserem Umgang mit dem vermeintlich Fremden ändern. Auch ich muss mich dafür mit mir selbst auseinandersetzen und mich meinem Umgang mit Rassismus stellen. Doch ich kann und muss das zum Glück nicht alleine. Gemeinsam mit meinen Gesprächspartnerinnen möchte ich Erfahrungen austauschen und vor allem auch erörtern, inwiefern unsere Weißen Mitmenschen uns im Kampf gegen Rassismus unterstützen können.
Salima – „Educate yourself!“
Die mit der kurzen Zündschnur ist meine Freundin Salima. Sie ist 30 Jahre alt und wurde im Senegal als Kind einer marokkanischen Mutter und eines deutsch-senegalesischen Vaters geboren. Mit 10 Jahren kam sie nach Deutschland, lebte in Paris und London und nun wieder in Berlin.
Ihre erste Rassismus-Erinnerung in Deutschland erfuhr sie in einem Bus: Als sie einer älteren Frau ihren Sitzplatz anbieten möchte, erwidert diese darauf, dass sie sich nicht dort hinsetzt, wo ein N… saß. „Straight to the point!“, kommentiert Salima. Wir müssen über diese Aussage lachen, doch wir amüsieren uns nicht über ihr Erlebnis, sondern über Salimas scharfzüngige Bemerkungen, die uns den ganzen Abend begleiten werden und uns dieses Thema etwas erträglicher machen.
Salima hat sie sich das George-Floyd-Video mit Pausen bis zum Schluss angeguckt, denn ihr war es wichtig zu sehen, wie weit es diesmal ging. Es gab schon so viele schlimme Vorfälle davor, deren Aufklärung bzw. Strafverfolgung immer noch auf sich warten lassen – nicht nur in den USA. Hierzulande wirft zum Beispiel der Fall Oury Jallohs, der gefesselt in seiner Gefängniszelle verbrannte, immer noch Fragen auf und wurde bis heute nicht geklärt. Es gibt noch viele weitere.
Salimas Meinung nach konnte man diese Missstände seit Beginn der Corona-Krise nicht mehr ignorieren. Die Leute mussten zuhause bleiben, Ängste wurden neu entfacht, Wut wurde weiter geschürt. Das Fass ist schon vor langer Zeit übergelaufen, aber aufgrund der Pandemie wurden noch viel mehr Menschen gezwungen, endlich hinzuschauen.
Salima hat eine große Black Community um sich und es sich zur Aufgabe gemacht, sich über Social Media gegen Rassismus einzusetzen und andere Menschen aufzuklären, denn ihrer Ansicht nach geht das vor allem über Bildung. “Der meiste Rassismus ist Ignoranz. Die meisten Rassist*innen kennen gar keine*n Schwarze*n.“
Der meiste Rassismus ist Ignoranz. Die meisten Rassist*innen kennen gar keine*n Schwarze*n.
In unserer digitalisierten Welt darf Ignoranz einfach nicht mehr als Entschuldigung gelten: „Educate yourself!“ Salima – so wie alle BIPoC (Black, Indigenous, People of Colour) – erzählt seit Jahren, was ihr jeden Tag passiert und wird langsam müde, sich immer wieder erklären zu müssen, bzw. dass die Lage nicht ernst genug genommen wird. Es ist wichtig, dass das Thema nun wieder im Fokus steht und die Gesellschaft endlich bereit ist, hinzusehen.
Doch Salimas und unser aller Angst ist, dass der aktuelle Aktivismus nur ein Trend ist. So waren bei der ersten Antirassismus-Demo am Alexanderplatz in Berlin über 15.000 Menschen, bei der letzten am 18.07.2020 waren es nur noch um die 1.500.
“Es kommt eben nicht nur darauf an, beim #BlackoutTuesday auf Instagram mitzumachen, sondern sich wirklich damit zu befassen. Zum Beispiel in der Familie oder bei der Arbeit aktiv gegen Rassismus laut zu werden: Wenn etwas Rassistisches gesagt wird, schaut bitte nicht weg, sondern (er)klärt, wenn möglich, warum das nicht okay ist. Wenn jemand in der U-Bahn rassistisch beleidigt wird, setzt euch dazu und fragt die betroffene Person, wie es ihr geht und wenn sie es sich wünscht, unterhaltet euch mit ihr. So muss sie die unangenehme Situation nicht allein durchstehen.“
Salima nervt es auch, dass Europäer*innen afrikanische Sprachen oft “Dialekte” nennen. Es sind Sprachen. Als Afrikaner*in spricht man einfach vier, fünf Sprachen – das ist normal. Salima kann sieben. Bei der Antirassismus-Demo stand deshalb auf ihrem Plakat: „We learnt your French, your English, your German, your Portuguese, your Spanish – you learnt our nothing. And you call us stupid. This is white privilege!“
Cérise – „Why the fuck am I not white today?“
Cérise, 40, Mama eines 18-jährigen Sohnes, ist die zweite tolle Frau in dieser Runde. Ihre Mutter ist eine Weiße Deutsche, ihr Vater Schwarzer Amerikaner, ehemaliger US Army Soldat. Sie stand ihrer Mutter immer näher, identifizierte sich stärker mit ihr und war für sich selbst somit auch Weiß. Ihr eigenes Aussehen war ihr oft fremd. Sie dachte: „Keine Ahnung, wer die Person im Spiegel ist, aber ich bins ned.“ Dieses Gefühl der Fremde spürt sie auch heutzutage noch.
Auch die Hautfarbe ihres Sohnes war schon vor der Geburt ein Thema: Da auch der Vater des Jungen Schwarz ist, hatte Cérise Angst, dass ihr gemeinsamer Sohn noch dunkler sein würde und es damit noch schwerer haben könnte, als sie selbst.
Innerhalb der Schwarzen Community ist es eine schmerzvolle Tatsache, dass BIPoC mit hellerer Haut von der Gesellschaft eher favorisiert und Menschen mit dunklerer Hautfarbe noch stärker diskriminiert werden. Das nennt sich Colourism. So habe ich es mit meinen relativ „europäischen“ Gesichtszügen und hellbrauner Hautfarbe in gesellschaftlichen Belangen deutlich leichter als eine Frau oder erst recht als ein Mann mit noch dunklerer Haut und mit breiter Nase, vollen Lippen und krausem Haar.
Und hier hört die Diskriminierung ja nicht auf, denn weitere Merkmale, die nicht „der Norm“ entsprechen, können noch hinzukommen: Körperbau, sexuelle Orientierung, Be_hinderung … Die Liste ist lang und macht es wahnsinnig schwer, Akzeptanz in der Mitte unserer Gesellschaft zu finden.
Für den Kampf gegen Rassismus braucht es aber Einigkeit und Zusammenhalt – gerade innerhalb einer ethnischen Gruppe. Hier müssen BIPoC mit hellerer Haut anerkennen, dass sie in einem rassistischen System Privilegien genießen, die Menschen mit dunklerer Hautfarbe nicht haben, und sich für eine Gleichstellung ALLER BIPoC einsetzen. Da schließen wir uns alle mit ein.
Irgendwann entwickelte Cérise zum Teil aufgrund ihrer Rassismus-Erfahrungen eine Essstörung. Ihre Erklärung hierfür ist, dass diese Störung nur ihr selbst gehörte. Es war der Versuch, sich gegen die Ohnmacht des Andersseins zu wehren. Ihr ganz perönlicher Schutz.
Als sie das Video von George Floyds Ermordung zum ersten Mal sah, dachte sie, das könnte auch eines ihrer Familienmitglieder sein. Sie empfand überraschenderweise gar keine Trauer, sondern hatte das Gefühl, auch eine Mitschuld zu tragen. Sie sah sich selbst ja eher als Weiße Frau.
„Ich wollte auch erst nicht zur BlackLivesMatter-Demo gehen, weil ich mich nicht mit meiner Schwarzen Identität beschäftigen wollte. Ich bin halb deutsch, halb amerikanisch – why the fuck am I not white today?“, fragt sie. Eine Frage auf die wir alle so schnell keine fundierte Antwort geben können.
Letztendlich hat Cérise an der Demo teilgenommen. Sie ist für ihren Sohn auf die Straße gegangen. Sie möchte vor allem für die nächste Generation kämpfen. „Diese etlichen Ungerechtigkeiten und Morde hätten nicht passieren dürfen, jetzt geht es um Empowerment und nicht um Panikmache! Und darum, wie wir uns gegenseitig stärken können.” Es braucht noch viel mehr Allys, die den Kampf von BIPoC unterstützen und für eine Stärkung sorgen.
Mo – „Ich rede mir seit Jahrzehnten den Mund fusselig.“
Eine, die sich damit nun schon seit Jahrzehnten auseinandersetzt, ist die dritte PoC im Bunde: Mo. Sie weiß gar nicht, wo sie beginnen soll: „Mein Leben als PoC, mein aktiver Kampf gegen den Rassismus, das alles geht schon ewig – seit 1997 rede ich im Fernsehen darüber.” Mo war die erste afro-deutsche Moderatorin im deutschen Fernsehen, wo sie unter anderem das Pro7 Format Liebe Sünde jeden Mittwoch für 2 bis 3 Millionen Zuschauer*innen moderierte. „Ich rede mir seit Jahrzehnten den Mund fusselig und hatte das Gefühl, dass ich schon alles gesehen habe … und dann kam das Video von George Floyd.”
Ich hatte das Gefühl, dass ich schon alles gesehen habe … und dann kam dieses Video.
Sie wollte das Video auch sofort stoppen. Ihr war allerdings klar, dass sie darüber in der Öffentlichkeit sprechen werden muss, daher schaute Mo es komplett an. Und fand es unfassbar gruselig.
Ihr kam der Gedanke, dass das auch sie selbst hätte sein können. Mo kamen die Erinnerungen von gewaltsamen rassistischen Angriffen gegen sie hoch. In Berlin wurde sie mal am 1. Mai ohne ersichtlichen Grund von fünf Polizisten verfolgt und schließlich von ihnen zusammengetreten. Woran soll es gelegen haben, wenn nicht an ihrer Hautfarbe? Dieses Vorgehen nennt sich racial profiling und bezeichnet das Agieren der Polizei alleinig basierend auf Kriterien wie ethnischer Zugehörigkeit, Religion oder äußeren Merkmalen.
Mo Asumang ist nicht nur Moderatorin, Regisseurin und Bestseller-Autorin (Mo und die Arier. Allein unter Rassisten und Neonazis), sondern macht weltweit Antirassismus-Arbeit in Schulen und Universitäten, um gerade die Jugend zu informieren und von den Ängsten zu befreien oder diese erst gar nicht entstehen zu lassen. Für ihren Einsatz gegen Rassismus wurde ihr das Bundesverdienstkreuz verliehen. Mehr zu ihrer Arbeit findet ihr hier.
Ihr Weg war es immer zu schauen, was sie als Person gegen Rassismus tun kann. Und dazu gehört für sie, herauszufinden, wie Rassist*innen ticken. Sie will wissen: Wie sind die drauf? Wie sind die da hingekommen? Was kann man jetzt tun, um alles zum Besseren zu wenden? Auch bei George Floyds Mörder, dem Polizisten Derek Chauvin, der fast schon sadistisch auf George Floyd kniete, ja fast thronte, fragte sie sich: „Wie ist dieser Mann groß geworden? Warum hasst er Schwarze Menschen?“
Mo verrät uns, dass sie keine Empörung mehr empfinde, das bringe ihr nichts. Wenn überhaupt kann sie ihre Wut abbauen, indem sie mit der anderen Seite ins Gespräch kommt. „Nur wenn ich in der Lage bin, meine Werte wie Offenheit und Menschlichkeit auch vor Rassisten zu leben, kann ich ihnen zeigen, wie ich mir die Welt vorstelle. Wie sonst können sie dazulernen, sie leben ja in ihrer Blase.“
Rassismus ist unser aller Problem – Lasst uns endlich handeln
Wir vier Frauen und viele andere fragen sich, warum uns die Weiße Community größtenteils so wenig unterstützt. Ist sie sich ihrer privilegierten Stellung nicht bewusst? Oder will sie keine Privilegien abgeben? Es handelt sich bei uns nicht um den Wunsch nach Machtverschiebung, sondern ledigleich um den nach Gleichstellung. Und diese Gleichstellung erreichen wir nur durch eine Allyship der Weißen Bevölkerung. Ein Ally ist jemand von einer nicht marginalisierten Gruppe, der*die sein*ihr Privileg dafür nutzt, um eine marginalisierte Gruppe zu unterstützen und sich für eine Gleichstellung dieser einsetzt. Wir brauchen Allys.
Einfach zuhören
Was wir uns in der Runde alle wünschen, ist, dass uns und unserer gesamten Community einfach zugehört wird. Wirklich gehört wird, was wir und alle anderen BIPoC sagen. Dass unser Gegenüber im Gespräch zum Beispiel nicht verharmlost, wenn wir von einem rassistischen Erlebnis erzählen.
Wir hoffen, dass #blacklivesmatter nicht nur vorübergehend ein Thema in den Medien und Köpfen der Menschen ist, sondern sich jede*r jeden Tag aufs Neue mit dem Rassismus in unserer Gesellschaft auseinandersetzt. Dafür muss man sich den rassistischen Strukturen bewusst werden – es ist Rassismus, wenn jemand aufgrund der Hautfarbe oder Herkunft nicht befördert wird, keine Wohnung kriegt, beleidigt wird, etc. … Stellt euch der Realität von nicht-Weißen Menschen. Hört ihnen von jetzt an für immer zu und nehmt sie ernst.
#blacklivesmatter bedeutet übrigens nicht, dass nur Schwarze Leben wichtig sind. Die Bewegungen will niemandem etwas wegnehmen, nur allen Menschen endlich klar und deutlich machen, wie sehr BIPoC unter Rassismus leiden und etwas an diesem Zustand ändern.
Mehr Diversität fordern
Mo findet: „Wenn unsere Gesellschaft weiterhin immer bunter und multikultureller wird, dann könnte es ja bald eine Schwarze Chefin geben. (Btw. Aminata Touré for president!) Könnte die Weiße Gesellschaft damit umgehen?” Ihrer Meinung nach liegt die Schwierigkeit darin, dass wir alle nie ausreichend Diversität gelernt haben.
„Das fängt ja schon in der Schule an, dort lernst du quasi die erste Staatsform kennen“, sagt Mo. Da gibt es das Fußvolk, das sind die Schüler*innen, die Minister*innen sind die Lehrer*innen und unsere Angie ist die Direktorin – so ist das aufgebaut. Aber keine*r fragt sich: Fehlt da nicht ein bisschen Farbe auf den höheren Ebenen?” Hier lernen wir bereits einer Art Ranking und dieses verinnerlichen wir von Kindesbeinen an, ohne zu bemerken, wie diskriminierend es ist. In hohen Positionen dieses Landes oder der Wirtschaft finden sich ja kaum BIPoC.
Mo hatte einen ganz besonders bewegenden Moment im Zuge ihrer Aufklärungsarbeit an Schulen: Als sie das erste Mal einem Schwarzen Lehrer begegnete – übrigens dem einzigen bis jetzt – kamen ihr im Lehrerzimmer sogar Tränen. Es fehlt quasi überall an Diversität. Schaut mal in eure Schulbücher oder die eurer Kinder: An wen wenden sich diese Schulmittel? Wieso tauchen da nur in den seltensten Fällen Personen mit nicht-Weißer Hautfarbe auf? Ein Aufruf an alle: Bitte ändert das. Bildet unsere gesamte Gesellschaft ab.
Don’t touch my hair! & „Woher kommst du wirklich?“
Wie, jetzt geht es um Haare? Ja, jetzt geht es um Haare, denn das ist ein Riesenthema zwischen Weißen Menschen und BIPoCs. Es bleibt dabei, auch wenn unsere Haare noch so anders aussehen, eventuell flauschig sind und im wahrsten Sinne des Wortes verlockend wirken: Don’t touch it! Das ist einfach nicht in Ordnung. Das ist übergriffig. Es verwundert mich immer wieder, wie es Leute anscheinend normal finden, einer anderen Person ungefragt in die Haare zu fassen.
Und ja, auch die Frage „Woher kommst du wirklich?“, nachdem wir uns fünf Minuten kennen, ist rassistisch. Sie impliziert, dass nicht-Weiße Menschen aufgrund ihres Aussehens nicht deutsch sein können. Mal ganz abgesehen davon, dass die Frage nach der Herkunft auch schwierig oder schmerzhaft sein kann, da viele BIPoC ein oder beide Elternteile nie kennenlernen konnten oder anderweitig traumatische Geschichten erlebten.
Zusammenschluss und Support
Für die Zukunft können sich noch mehr Minderheiten zusammenschließen. „Wenn man sich zusammentut, dann ist man auch nicht mehr so klein“, sagt Mo. Und wie kann ein Geben und Nehmen mit der Weißen Gesellschaft erleichtert werden? Wie kann eine ganzheitliche Allyship entstehen? Cérise findet, dass dafür die Black Community und Black Businesses mehr unterstützt werden müssen. Überhaupt sollten mehr reelle Austauschmöglichkeiten und Verknüpfungen geschaffen werden. Dafür müssen alle etwas tun. Insbesondere Weiße Menschen und unsere Politiker*innen.
Und wir dürfen nicht nur fordern, sondern müssen uns fragen, was wir geben können und was wir schon alles einbringen: Wie viele BIPoC engagieren sich zum Beispiel ehrenamtlich, bringen sich aktiv in die Gesellschaft mit ein? Wie viele BIPoC-Unternehmer*innen gibt es und wieviele davon haben einen good cause? Unserer Slogan sollte am Ende des Tages heißen: „We make Germany stronger together.” Zusammenhalt ist alles.
Antirassistisch handeln
Wie unser Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier treffend formulierte: „Es reicht nicht aus, ‚kein Rassist‘ zu sein. Wir müssen Antirassisten sein!” Die Weiße Gesellschaft muss sich ihrer Privilegien bewusst werden, sich klar positionieren und kritisch mit ihrem eigenen Verhalten auseinandersetzen.
Cérise beschreibt den Rassismus ähnlich wie eine Sucht: Man muss sich jeden Tag aufs Neue aktiv gegen die Sucht entscheiden. Genauso müssen Weiße Menschen jeden Tag aufs Neue entscheiden, aktiv antirassistisch zu sein. Und das ist in einer Welt, in der viele Vorurteile herrschen, verdammt harte Arbeit. Aber das ist unser aller tägliche Arbeit, das gehört zum Leben dazu, das ist Demokratie und die müssen wir schützen und ständig hinterfragen und verbessern, sonst verwahrlosen wir.
Mos Credo: „Das Böse traut sich nicht zur Liebe hin.”
Allyship bedeutet also: Zuhören, anerkennen, zusammenhalten und vor allem antirassistisch sein und sich jeden Tag mit der Thematik beschäftigen bzw. das eigene und das Verhalten anderer hinterfragen und ansprechen. Das eigene Privileg wahrnehmen, sich der eigenen Machtposition aufgrund angeborener Weißer Hautfarbe bewusst werden und sich für die Gleichstellung einsetzen, denn hier noch einmal ganz deutlich: Gleichberechtigung heißt nicht, dass jemandem etwas genommen werden soll, sondern, dass eine marginalisierte Gruppe dieselben Rechte bekommt, die jedem Menschen zustehen (sollten).
Letztendlich geht es um das große Ganze, um unsere Welt und wie wir mit ihr und uns umgehen. Wir sollten uns Gedanken machen, wie wir konstruktiv und kreativ handeln können. Wir sind alle ein Teil dieser Welt und sollten es jetzt endlich mal hinbekommen, diese Erde friedlich, liebevoll und respektvoll zu bewohnen. Und zwar allen Menschen gegenüber. #blacklivesmatter darf kein Trend sein. Es darf einfach keinen Rassismus mehr geben. Von jetzt bis für immer.
Liebsten Dank an Cérise, Mo und Salima! Ich hätte diesen Text ohne euch nicht schreiben können … Eure Offenheit bei diesem aufreibendem Thema bedeutet mir sehr viel. <3