Online zeigen sich Menschen meist von ihrer allerbesten Seite. Weil es eben nur im Netz möglich ist, sich genau so darzustellen, wie man wahrgenommen werden möchte. Dasselbe gilt auch für Dating-Plattformen wie Tinder. Genau dieses Phänomen hat bei Fotografin Eylül Aslan Interesse geweckt.
Einige Leute wählen nur bestimmte Körperausschnitte aus. Die, welche sie als schön empfinden. Und sie alle wollen fast nur diese schönen Stellen zeigen.
Doch was genau finden die Menschen schön an sich selbst und was nicht? Das hat sich die gebürtige Türkin gefragt und via Tinder nach Personen gesucht, die ihre „Makel“ und Besonderheiten ihrer Kamera offenbaren.
In ihrem Buch Trompe L’oeil – Französisch für Augentäuschung; der Begriff stammt ursprünglich aus der Malerei und steht für die Vortäuschung realer Gegenständlichkeit – sammelt Eylül Fotografien von ganz speziellen Körperstellen. Es sind die Stellen, die ihre Protagonist*innen an sich besonders gern oder ungern mögen.
Wie ist es zu diesem Fotoprojekt gekommen? Bist du selbst aktiv auf Tinder?
Ich selbst bin auf Tinder nicht aktiv. Ich war aber sehr neugierig und wollte sehen, wie Tinder funktioniert und als ich mir die Profile angesehen hatte, habe ich ein Muster bemerkt: Einige Leute wählen nur bestimmte Körperausschnitte aus, die sie schön finden und zeigen. Diese Selbstwahrnehmung überschneidet sich allerdings nicht immer mit der Ansicht des Betrachters. Vielleicht gefallen dem Gegenüber genau diese gewissen Makel. Dafür habe ich mich interessiert.
Dein Projekt hinterfragt die Selbstdarstellung im Netz und beim Online-Dating und zeigt Körperteile und Zonen, die die Menschen an sich nicht mögen. Wie hast du dir die Menschen für das Projekt ausgesucht?
Stellen, die Menschen an sich mögen und solche, die sie nicht mögen, genau. In meinem Projekt ist ein Buch entstanden. Das Buch funktioniert genauso wie die App, die linke Seite (Swipe links, wenn dir jemand nicht gefällt) vom Buch zeigt die unbeliebten Körper-Parts und die rechte Buchseite (Swipe rechts, wenn dir jemand gut gefällt) zeigt die beliebten und geschätzten Stellen. Ich habe die Leute anhand ihrer Interessen ausgesucht. Menschen, von denen ich vermutet habe, dass sie sich für Kunst interessieren und dass sie sich für mein Projekt öffnen werden.
Was bedeutet Schönheit für dich?Ich finde Individualität sehr attraktiv. Wenn Menschen sich selbst treu bleiben und sich nicht von Trends und Schönheitsidealen beeinflussen lassen.
Was magst du an deinem Körper besonders gerne und was versteckst du lieber?
Ich habe immer gedacht, alle würden mein Doppelkinn als Makel sehen. Jetzt, nach meinem Buchprojekt, denke ich anders über diese Zweifel, die einen überall hin verfolgen. Ich bin positiver und rücksichtsvoller mit mir. Ich mag meine Haut.
Was nimmst du persönlich aus dem Projekt mit?
Dass Schönheit subjektiv ist und dass die Selbstliebe der erste Schritt zum Glück ist.
News zu Eylüls fotografischen Arbeiten gibt es auf ihrer Website und Instagram.
Foto der Künstlerin: Selbstporträt via Instagram. Danke dafür.