Das Jahr 2020 hat uns alle bewegt, wie lange kein Jahr vorher. Angst vor Krankheit, Angst vor Tod, Angst vor dem Tod Angehöriger, Angst vor Arbeitslosigkeit und Armut.
2020 hat uns gelehrt, dass nichts, von dem wir in unserer hedonistischen westlichen Welt dachten, es wäre sicher, es auch ist. Wir sind gezwungen, uns Veränderungen zu stellen und wir sind vor allem gezwungen, uns mit uns selbst zu beschäftigen.
Wir sind gezwungen, uns eine Meinung zu bilden und sind gezwungen, irgendeinen Standpunkt einzunehmen. Auch nichts sagen, ist eine Art von Kommunikation. Nur ist sie bis jetzt in politischen Themen, die das ganze Land, die ganze Welt betreffen, nicht groß aufgefallen.
2020 hat uns gelehrt, dass nichts, von dem wir in unserer hedonistischen westlichen Welt dachten es wäre es, sicher ist.
So fängt dieser Artikel mit schweren Worten und der Darstellung hitziger Gefechte in Fernsehdebatten an, zielt aber auf das genaue Gegenteil ab. Wer dieses Jahr nicht gerade einen florierenden Onlinehandel betreibt, wurde gezwungen, sich wegen Homeoffice und Kurzarbeit zu Hause aufzuhalten und es bleibt nicht aus, dass die Stunden allein, die eine oder den anderen zum Nachdenken brachten.
Wenn der Alltag plötzlich zum Stillstand kommt
Ich kann nur von mir sprechen, unsere Branche ist hart getroffen. Ich konnte noch einige Monate weiterarbeiten, als die meisten meiner Kolleg:innen von heute auf morgen nur noch 60% ihres Gehalts erhielten und nach Hause geschickt wurden.
Zum Ende des Jahres trifft es nun auch mich, ich bin zu Hause und habe pro Woche nicht mehr als fünf E-Mails im Posteingang. Das ist ein großer Unterschied, wenn ich an manche Momente denke, als ich aus Urlauben zurück kam und erstmal ein paar Tage meine Mails durcharbeiten und den Posteingang ordnen musste.
Ich merke, dass meine innere Unruhe nachlässt.
Ich merke, dass auch meine Gedanken sich immer weiter von der Arbeit entfernen. Dass meine innere Unruhe nachlässt. Ja, ich habe natürlich auch finanzielle Einbußen, aber ich kann mit Zufriedenheit sagen, dass ich ein paar Monate überleben kann, ohne am Hungertuch nagen zu müssen. Durch die neu gewonnenen freien Gedanken kehrt Ruhe in mir ein.
Ich mache mir Gedanken über meinen Status Quo und meine Träume und Ziele, die in meinem sprudelnden Alltag ganz nebensächlich geworden sind.
Ich mache mir Gedanken über meinen Status Quo und meine Träume und Ziele, die in meinem sprudelnden Alltag ganz nebensächlich geworden sind. Ich wollte Karriere machen, ich wollte auf jeder Party tanzen, ich wollte ein richtig „cooles“ Leben führen. Dafür habe ich einige Male das Klopfen meines Herzens beiseite geschoben und meinen Kopf weiter märtyrerhaft meine Gedanken kontrollieren lassen.
Unfreiwillig raus aus dem Hamsterrad
„Wer schläft, verliert.“ „Wer feiern kann, kann auch arbeiten.“ „Du bist doch noch jung, da kann man doch noch richtig reinhauen und gerne mal 70 Stunden die Woche arbeiten.“
Ich will nicht sagen, dass diese Sätze von Grund auf falsch sind, nur hinterfrage ich die Absicht, die mich getrieben hat, und vor allem, wohin mich diese Einstellung geführt hat. Für wen habe ich all das die letzten Jahre gemacht? Wirklich nur für mich?
Ich bin dem „Erfolg“ entgegengestrampelt und war innerlich zerrissen. Ich hab mir nicht eine Minute zum Luftholen gelassen und in den Momenten, als sich in mir etwas rührte, mich auch noch selbst dafür verurteilt, undankbar zu sein. Guck doch, was du alles besitzt, was du schon erreicht hast, wie viele tolle Connections du hast.
Du bist richtig, wie du bist, aber nur, wenn du deinem Herzen folgst und nicht ständig Illusionen anderer hinterherhächelst.
Hier haben, glaube ich, viele von uns ein Problem. Setzt dich hin, nur du und du, tu nichts und hör dir endlich mal zu. Du bist richtig, wie du bist, aber nur, wenn du deinem Herzen folgst und nicht ständig Illusionen anderer hinterherhächelst.
Die Ängste, die ich zu Anfang gelistet habe, entstehen alle aus der Angst vor Verlust. Was also können wir tun, um sie etwas leiser werden zu lassen?
Innere Ruhe, eine realistische Betrachtung davon, was du wirklich zu verlieren hast. Die meisten von uns können noch so viel geben, bevor sie Angst haben müssten, es reicht nicht mehr für einen selbst.
Der Duden sagt:
Ruhe – Substantiv feminin
1 „Durch kein (lärmendes) Geräusch und lebhaftes Treiben gestörter Zustand“
2 „Zustand erholsamer, beschaulicher Untätigkeit; Entspannung, Erholung“
So sehr ich auch lebhaftes Treiben vermisse und mir nichts mehr fehlt als gesellige, gesprächige Abende mit Freund:innen. – Ich genieße auch die Ruhe.
Nimm dir Zeit, Ruhe ist gerade günstig zu haben. Vielleicht wird sie ja die Ruhe vor deinem Sturm.
Headerfoto: Logan Liu via Unsplash. (Kategorie-Button hinzugefügt und Bild gecroppt.) Danke dafür!