Mit Kopfhörer auf den Ohren sitze ich auf dem Rand des großen Hotelpools und lasse meine Füße im kühlen Wasser baumeln. Die Sonne scheint auf meine gebräunte Haut und der Wind weht mir eine Haarsträhne ins Gesicht. Zufrieden blicke ich auf das glitzernde Wasser und lasse meinen Blick über die anderen Hotelgäste schweifen. Aus meinen Kopfhörern singt Frank Turner für mich.
Ich bin glücklich. Just in diesem Moment bin ich glücklich.
So oft das Gefühl, dass es nie mehr gut werden wird.
Meine Gedanken schweifen zu den vergangenen sechs Jahren. So viele Tränen, so viel Verzweiflung und Angst, so oft das Gefühl, dass es nie mehr gut werden wird.
Doch jetzt ist es soweit: Es ist gut. Mein Leben ist gut. Ich bin gut. Und ES war gut.
Unsere Trennung war richtig
Mit ES meine ich unsere Trennung. Die Vermutung, dass sie richtig war, trage ich schon lange mit mir rum, aber so ganz bestätigen konnte ich es noch nicht. Manchmal dachte ich, es ist erst gut, wenn da wieder jemand ist, der sein Leben mit mir teilt. Dann dachte ich, es ist erst wieder gut, wenn diese Ängste verschwinden und ich wieder ruhig und still bin. „Es wird gut, wenn ich endlich anders bin!“, dachte ich. Wenn ich extrovertierter bin, ein bisschen weniger komisch, mehr so wie die anderen.
Ich sitze mutterseelenallein auf einer Insel im Atlantik.
Nichts davon ist eingetroffen. Im Gegenteil. Ich sitze mutterseelenallein auf einer Insel im Atlantik, in einem Hotel, um mich herum fast ausschließlich Pärchen. Vor dem Abflug habe ich mir vor Angst fast in die Hose gemacht, meine Laune war im Keller und am liebsten hätte ich mich bockig unter meiner Sofadecke versteckt. Als ein Mitarbeiter der Autovermietung mich gestern im Hotel abholte, um mich in sein Büro zu bringen und mir den Mietwagen zu übergeben, war mir schwindelig vor Nervosität. Abends lag ich um 21 Uhr mit einem Buch in meinem Hotelbett, obwohl draußen eine Party stattfand.
Und doch sitze ich hier, an diesem wunderschönen Pool, quietschvergnügt, beobachte Leute, höre Musik und bin komplett zufrieden mit mir und meiner Welt.
„Wer hätte das gedacht?“, denke ich und grinse.
Ohne Partner glücklich sein
Ob ich das alles jemals gemacht hätte, wenn ich bei dir geblieben wäre? Die Antwort ist klar: Nein!
Wie Schuppen fällt es mir von den Augen.
Ich kann wieder glücklich sein, ohne Partner, dafür mit all meinen Ängsten und Zweifeln.
Kennt ihr das, wenn ihr euch ewig mit einem Problem herum quält? Ihr tüftelt ständig herum und geht gedanklich immer wieder auf die Suche nach einer Lösung. „Wenn ich xy mache, dann wird es klappen. Nein, ich brauche yz, dann geht’s!“ Nöööö, auch nicht. Und so dreht man sich immer wieder im Kreis und ist frustriert, weil man das Gefühl hat, nicht von der Stelle zu kommen. Doch dann kommt der Tag, an dem man aufwacht und es ist geschafft.
Dieser Tag an diesem Pool war der Moment, in dem mir die Erkenntnis ins Hirn sickerte: Ich kann wieder glücklich sein!
Und das ohne Partner, dafür mit all meinen Ängsten und Zweifeln. Perfekt imperfekt eben.
Ins kalte Wasser springen
„And I’m happy and I’m settled in the person I’ve become
But that doesn’t mean I’m settled up and sitting out the game
Time may change a lot but some things may stay the same“, singt Frank.
Ich stoppe den Song, lege die Kopfhörer zur Seite, nehme Anlauf und springe ins Wasser.
Vielleicht geht es im Leben darum, ab und zu ins kalte Wasser zu springen und zu entdecken, dass man prima schwimmen kann.
Vielleicht geht’s im Leben darum, ab und zu ins kalte Wasser zu springen und zu entdecken, dass man prima schwimmen kann. Auch wenn man mal Wasser schluckt, strauchelt, kurz abtaucht. Notfalls legt man sich auf den Rücken, lässt sich treiben und verschnauft.
Man geht nicht unter.
Headerfoto: ph.galtri (Kategorie-Button hinzugefügt.) Danke dafür!