Von wegen auf den richtigen Zeitpunkt warten – Ich habe Sex, wann ich will.

Seit ein paar Wochen habe ich etwas mit einem Bekannten von mir. Ich kannte ihn sehr lange immer nur in einer Beziehung, finde ihn aber auch schon genauso lange sehr attraktiv. Im Oktober endete seine Beziehung, um Weihnachten fingen wir an zu schreiben. Ich war ziemlich überrascht darüber, weil es unerwartet kam und ich nie im Leben damit gerechnet hätte. Trotzdem freute es mich natürlich. Wir verstanden uns super und gleich nach meinem Urlaub über Silvester begegneten wir uns auf einer Party eines gemeinsamen Freundes, er fuhr mich anschließend nach Hause und wir küssten uns im Auto.

Immerhin wusste ich erst mit dem Kuss, dass er tatsächlich Interesse hatte.

Sein Angebot, noch mit rauf zu kommen, lehnte ich ab. Nicht, weil ich nicht wollte. Sondern weil ich mich noch nicht bereit dazu fühlte. Immerhin wusste ich erst mit dem Kuss, dass er tatsächlich Interesse hatte. Davor hatte ich mir noch eingeredet, dass er vielleicht auf rein platonischer Ebene jeden Tag mit mir geschrieben und geflirtet hatte. Typisch ich: aus Selbstschutz erstmal alles runterspielen und von etwas Harmlosen ausgehen.

In meiner Wohnung angekommen, grinste ich breit durch die Gegend, tänzelte durch das Zimmer zu dem Fenster, von dem aus ich den Platz, wo gerade noch sein Auto gestanden hatte, sehen konnte. Wenn ihr gerade versucht euch dieses Bild im Kopf vorzustellen, dann hört besser direkt wieder damit auf. Es ist nämlich kein Bild, mit dem ich mich typischerweise identifizieren würde.

Eine Freundin riet mir in der folgenden Woche, es langsam anzugehen.

Eine Freundin riet mir in der folgenden Woche, es langsam anzugehen. Schließlich hatte er vor nicht allzu langer Zeit noch eine Beziehung und wer weiß, vielleicht wolle er ja nur mit mir schlafen oder mich als Lückenfüller benutzen. „Wenn du zu früh mit ihm schläfst, denkt er vielleicht was Falsches von dir und verliert das Interesse. Bei manchen Typen muss man aufpassen, wie man sich gibt.“

Was meinte sie damit, dass er was Falsches von mir denken könnte? Dass ich eine selbstbewusste Frau bin, die ihren Gefühlen folgt und die Spaß daran hat, ihre Sexualität so auszuleben, wie sie es möchte? Gar nicht mal so falsch. Und aufpassen wie ich mich gebe? Gibt man sich nicht in der Regel so, wie man ist?

Gibt man sich nicht in der Regel so, wie man ist?

Ich bin davon überzeugt, dass meine Freundin es nur lieb meinte und nicht wollte, dass ich verletzt werde. Aber irgendwie hatten ihre Worte einen bitteren Beigeschmack. Einen Geschmack, bei dem ich den Verdacht hatte, dass er von gesellschaftlichen Erwartungen und alten Rollenbildern geprägt wurde.

Wir schrieben weiterhin miteinander und als ich eine Woche später meine Wohnung aufgrund einer Evakuierung verlassen musste, lud ich mich spontan selbst zu ihm ein, um bei ihm zu übernachten. Mit den Worten meiner Freundin im Kopf schliefen wir nebeneinander ein, ohne sexuellen Kontakt – aber eben auch mit unbefriedigtem Verlangen. Erst war ich stolz, ihn erfolgreich zurückgewiesen zu haben. Morgens fehlte es mir dann aber doch an Disziplin. Und es fühlte sich gut an. So gut.

Aber warum sollte ich mich schlecht fühlen, weil ich ein mir gesetztes Ziel, für das es nicht wirklich einen sichtbaren Grund gab, nicht erreicht habe?

Erst hatte ich Gewissensbisse und musste an meine Freundin denken, die mehr Selbstbeherrschung zu haben schien als ich. Aber warum sollte ich mich schlecht fühlen, weil ich ein mir gesetztes Ziel, für das es nicht wirklich einen sichtbaren Grund gab, nicht erreicht habe? Offensichtlich wollte ich es nicht mal erreichen.

Ich bin nun mal ehrlich und handle in solchen Momenten dann einfach auch aus meinem Bauchgefühl heraus. Und an der Argumentation, dass ein Typ nach dem ersten Sex das Interesse verlieren könnte, ist sicherlich etwas dran. Mir selbst ging es auch schon so. Aber diesmal eben nicht. Ich habe weiterhin Interesse an dem Mann und möchte ihn kennenlernen und schauen, ob sich mehr ergeben kann.

Wenn ein Mann nur Sex möchte, dann ist er manchmal eben einfach der falsche Mann. Daran kann auch die Zeit nichts ändern.

Und wenn ein Mann nur Sex möchte, dann ist er manchmal eben einfach der falsche Mann. Egal ob ich nach zwei oder zehn Wochen mit ihm schlafe. Daran kann auch die Zeit nichts ändern. Ich glaube, es gibt für jeden Menschen und mit jedem Partner einen anderen Zeitpunkt für den ersten Sex. Dabei sollte man sich nicht von der Gesellschaft beeinflussen lassen. Wenn es sich für beide richtig anfühlt, ist es auch richtig. Und das trifft meiner Meinung nach auch auf den zweiten, fünften, achten und hundertzweiundneunzigsten Sex zu.

Unsere Autorin möchte anonym bleiben.

Headerfoto: pawel szvmanski via Unsplash. („Gedankenspiel“-Button hinzugefügt, Bild gecroppt.) Danke dafür!

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