Unverpackt einkaufen? Dieser Zero-Waste-Lifestyle ist doch nur was für Großstädter, in deren hippen Nachbarschaften diese neuen Unverpackt-Läden aus dem Boden schießen. Mitgebrachte Taschen und Dosen ohne zusätzlichen Verpackungsmüll nach Hause tragen ist eine öko-romantische Vorstellung – aber wie soll das gehen, wenn man gar keinen Unverpackt-Laden in der Nähe hat? Naja, eben überall anders.
Ich schwärme oft von einem meiner liebsten Unverpackt-Läden in Hamburg. Dass einige von euch (noch) keine so tollen Möglichkeiten haben, wird mir dabei immer wieder bewusst. Das ist schade, aber kein Grund, es nicht trotzdem an der einen oder anderen Stelle anzupacken!
Auch ich kaufe oft in konventionellen Lebensmittelgeschäften ein – nicht nur, weil ich es nicht immer schaffe, meine Vorsätze einzuhalten, sondern auch, weil es dort müllfreie Alternativen gibt! Und deshalb kommt heute das Pendant zu meinen Erzählungen aus der verpackungsmüllfreien Oase. Wie kann man inmitten des Plastik-Wahnsinns in Supermarkt und Co trotzdem Verpackungsmüll vermeiden (oder wenigstens stark reduzieren)?
Gute Verpackung, böse Verpackung
Grundsätzlich sind Produkte ganz ohne Verpackung natürlich immer die beste Lösung. Dass das aber nicht für jedes Produkt und an jedem Ort funktioniert, ist klar. Die ökologische Rangordnung für Verpackung ist (meiner Auffassung nach) deshalb wie folgt:
- Unverpackt
- Glas
- Papier
Glas ist okay, weil es wiederverwertbar ist. Am einfachsten, wenn es sich um Mehrweggläser mit Pfand handelt, die einfach abgegeben und gereinigt werden, um sie dann wieder zu befüllen. Aber auch anderes Glas kann beliebig oft eingeschmolzen werden.
Papier hat eine Recyclingquote von 83% und besteht außerdem aus nachwachsenden Rohstoffen. Dennoch werden für Papier weiterhin Wälder abgeholzt. Deutschland ist dabei Spitzenreiter im Verbrauch. Wichtig ist deshalb auch, dass wir Papier richtig entsorgen – bitte nie in den Restmüll werfen!
Am untersten Ende der Liste steht Plastik – Kunststoffe sollte man meiden, wann immer es geht. Ich glaube, ich brauche gar nicht mehr aufzählen, warum. Wenn man mit wachem Auge durch einen durchschnittlichen Supermarkt geht, wird einem zwar ganz anders – überall Plastik. Aber das heißt nicht, dass man nichts ohne findet.
Unverpackt einkaufen im Supermarkt
Gemüse und Obst:
In großen Teilen unverpackt kommen Gemüse und Obst. Dass gerade Bio-Gemüse oft eingeschweißt ist, ist aktuell noch ein Problem, meistens gibt es jedoch auch genug ohne Verpackung (im Biomarkt übrigens noch mehr als im konventionellen Supermarkt). Großes Gemüse wie Zucchini und Paprika kann einfach so aufs Band, für kleinteiliges wie Champignons, Kartoffeln und Zwiebeln kannst du einen Jutebeutel, ein Wäschenetz oder ein spezielles Gemüsenetz verwenden. Die Netze sind dabei besonders leicht, sodass an der Kasse kaum Aufpreis dazukommt.
Käse-, Fleisch- und Wursttheke:
Anstatt den Aufschnitt mit x Plastikfolien zu trennen und dann noch einmal in eine Plastiktüte einwickeln zu lassen, kannst du deine eigene Dose mitbringen. Wenn du den Verkäufer freundlich bittest, dir die Ware in deinen mitgebrachten Behälter zu geben, macht er das auch meistens. Vielleicht erwähnst du noch dazu, dass die Plastik-Trenner auch nicht nötig sind – manche Handlungsmuster sind so tief drin, dass sie sonst einfach automatisch passieren.
SB-Backwaren:
Du brauchst keine Papiertüten für Backwaren (die meistens auch noch ein Sichtfenster aus Plastik haben), wenn du deinen Jutebeutel dabei hast! An der Kasse wirst du entweder gefragt, was drin ist, oder der Kassierer schaut kurz rein.
Eier:
Auch Eier kann man im Supermarkt oft einzeln kaufen. Dazu gibt es in vielen Märkten wiederverwendbare Eierkartons aus Plastik, oder du benutzt einen alten Pappkarton. Den kannst du vielleicht bemalen oder bekleben, so dass an der Kasse keine Verwirrung entsteht. Hier gilt es wieder einmal, abzuwägen: Lohnt es sich, ein Plastikgefäß anzuschaffen, wenn du nur alle zwei Monate eine Schachtel Eier kaufst? Gibt es vielleicht sogar andere Wege, Eier sicher zu transportieren? Sagt gerne in den Kommentaren Bescheid, wenn ihr Tricks habt!
Frischetheken, Müsliabfüller und Kantinen:
In unserem Edeka in der Hafencity gibt es nicht nur die übliche Salattheke, an der man seit Neuestem mit zwei ausgewählten Mehrweg-Dosen von Edeka einkaufen kann, sondern auch Silos für die eigene Müslimischung und einen Mittagstisch zum Mitnehmen. Für Letzteren wird aktuell noch ausschließlich Einwegplastik verwendet – auch aus Portionierungsgründen -, auf meine Nachfrage hieß es aber, dass hierfür auch bald eigene Behälter zugelassen werden sollen.
Akzeptable Verpackungen im Supermarkt:
Wenn du keinen Unverpackt-Laden in der Nähe hast, in dem du trockene Lebensmittel lose bekommst, gibt es im Supermarkt immerhin auch Einiges in Papier: Mehl, Haferflocken und Zucker zum Beispiel, aber auch Spinat, Fischstäbchen und ein paar andere TK-Waren sind immerhin nur in Kartonagen verpackt. Im Kühlbereich gibt es zum Beispiel Joghurt im Pfandglas, Milch in der Flasche, es gibt Brotaufstriche, Saucen, Konserven in Gläsern oder Wein in der 1l-Pfandflasche. Dir fällt sicher noch mehr ein!
TIPP: Wenn du doch mal etwas in Verpackung kaufen musst, lass die Verpackung ruhig im Markt.
Im Ausgangsbereich sind eigentlich immer Mülleimer, wo du die Umverpackungen von TK-Pizza und Cornflakes loswerden kannst. Das macht den Verpackungsmüll nicht ungeschehen – aber je voller die Mülleimer der Supermärkte werden, desto eher entsteht auch dort ein Handlungsbedarf.
TIPP: Melde dich bei deinem Supermarkt, wenn dir unnützer Müll auffällt.
Supermarktfilialen sind Teile eines Franchise-Systems, dessen einzelne Partner meistens leichter zu erreichen sind, als du denkst. Passiver Protest wie das Liegenlassen von Müll helfen im Zweifelsfall weniger, als pro-aktiv mit den Menschen zu sprechen – denn bei Letzterem kannst du Gründe für deine Beschwerde nennen und konstruktive Gegenvorschläge machen. Ich wollte mich gerade bei meinem Supermarkt beschweren, dass an der Frischetheke in jeder Mittagspause hunderte Einweg-Plastikbehälter für Salat draufgehen, da wurden auch schon zwei Edeka-Dosen in die Waage an der Kasse aufgenommen. Anscheinend hatten sich schon andere gemeldet. Nicht nur ich als bekennende Öko-Ilse, sondern auch einige meiner Kollegen und erstaunlich viele andere Kunden benutzen nun einen solchen Behälter. Mund aufmachen lohnt sich!
TIPP: Kassenzettel gehören nicht ins Altpapier!
Wusstest du, dass Kassenbons ziemlich mies für die Umwelt sind? Sie haben eine Thermobeschichtung aus BPA, die sie als Restmüll qualifiziert. Die meisten werfen ihre Belege aber dennoch in den Papiermüll, wodurch das Recycling-Papier und letztendlich auch Gewässer und Böden beeinträchtigt werden. Am besten also gleich “Nein, danke!” sagen – oft wird der Zettel dann gar nicht erst gedruckt. Und wenn doch, wird irgendwann auffallen, dass ihn immer mehr Leute ablehnen.
Verpackungsfrei einkaufen auf dem Wochenmarkt
Die romantischste Variante: Auf dem Wochenmarkt ist unverpackt einkaufen relativ einfach und die Händler vor Ort haben im Zweifelsfall auch schon ein größeres Verständnis und ein paar Sekunden mehr Zeit für ein Gespräch als so mancher Supermarktmitarbeiter. Ob frisches Obst oder Blumen fürs Sideboard, auch hier gilt: eigene Gefäße und Taschen mitbringen, schon ist der Einkauf ohne Müll gesichert!
Obst und Gemüse vom „Türken“
Politisch eventuell nicht ganz korrekt, es so pauschal zu formulieren, aber ihr kennt diese Läden am Straßenrand, wo Obst und Gemüse in Masse verkauft werden. Von lokal bis exotisch gibt es hier alles – und eingeschweißt ist nichts.
Bäcker, Metzger, Käserei
An der Stelle wird die Liste ein bisschen wiederholend, aber ich muss einmal das Offensichtliche festhalten: Was an der Theke im Supermarkt geht, geht natürlich auch in den einzelnen Läden. Anfang des Jahres schämte ich mich noch ein bisschen, dem Bäcker meine Jutetasche hinzuhalten, inzwischen sage ich einfach nach der Bestellung “… gerne hier rein” und lege sie auf die Theke. Je nach Bäcker wird mir dann das Brötchen mit der Zange in die Tasche gereicht oder der Verkäufer nimmt sie sogar mit nach hinten. Beanstandungen oder komische Blicke gab es noch nie.
Bei Fleischwaren ist die Lage anscheinend ein wenig angespannter – ich selbst habe dazu keine Erfahrungswerte, höre aber oft, dass Metzger sich “aus Hygienegründen” zunächst weigern, Aufschnitt in mitgebrachte Dosen zu geben. Die Gesetzeslage hierzu ist unklar, aber mit einer freundlichen und aufgeschlossenen Art schafft man es doch meistens, sein Anliegen zu erklären.
Der eigene Behälter darf nicht hinter die Theke? – Jein. In der Lebensmittelhygiene-Verordnung (LMHV) ist nur Folgendes festgehalten: „Lebensmittel dürfen nur so hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht werden, dass sie bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt der Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung nicht ausgesetzt sind.“ Einige Stellen wie das Gesundheitsamt Erfurt interpretieren den Paragraphen so, dass mitgebrachte Behälter die Lebensmittelsicherheit durch Bakterien gefährden könnten; zum Verbot wird es durch diese Einschätzung nicht direkt. Ob dein Gefäß angenommen wird, ist also Ermessenssache. Auf der Theke sollte es jedoch meistens kein Problem sein.
Offene Ware in Feinkostläden, Kaffeeröstereien und Teeläden
Ab von den großen Supermarktketten gibt es sie noch immer: Fachgeschäfte für ausgewählte Lebensmittel wie Kaffee, Tee, Schokolade und andere Feinkost. Viele davon haben offene Theken oder verkaufen ihre Tees und Kaffees aus großen Gebinden. Hier muss man sich meistens keine Papier- oder Plastiktüte geben lassen, sondern kann eigene Dosen und Beutel mitbringen. Bruchschokolade, Pralinen, Fudge, … alles kein Tabu für Müllvermeider!
Läden mit versteckten Unverpackt-Waren
Viele (Bio-)Läden haben bereits Spender für einige trockene Lebensmittel, auch wenn sie sich nicht Unverpackt-Läden nennen! Eine Liste des Unverpackt-Angebots in Deutschland, Österreich und Schweiz findest du bei Wasteland Rebel. Außerdem gibt es in nahezu jedem Bioladen nützliche Produkte wie lose Naturkosmetik-Seife oder Shampoo Bars.
Zero-Waste-Döner oder: der Imbiss-Trick
Zu guter Letzt noch der „unverpackt ohne unverpackt“-Punkt, an den wir uns gemeinsam rantrauen müssen, weil ich die Überwindung auch noch nicht aufbringen konnte: Shia Su von Wasteland Rebel isst ihren Gemüse-Döner im Geschirrtuch statt in Alu-Folie. Finde ich richtig genial, ich weiß nur noch nicht genau, wie mein Dönermann das aufnimmt und wie ich das (ganz sicher!) vollgekleckerte Tuch dann nach Hause kriege.
Aber mal ohne Blödsinn: Einen eigenen Behälter dabei zu haben, und sei es nur die Brotdose, kann auch im Schnellrestaurant Müll sparen. Ein kleines Besteck, vielleicht auch aus Holz, gehört auch bei vielen zur Zero-Waste-Grundausstattung. Oder wir setzen uns einfach mal wieder rein zum Essen – draußen ist es ja eh gerade ungemütlich.
Headerfoto: Porträt von Johannes Fucke, Gemüse von Photo David Vázquez via Unsplash. Danke dafür!
Dieser Text erschien zuerst hier.
Wir versuchen seit Wochen angestrengt die Bäcker Papiertüten zu umgehen. Leider müssen wir uns immer pampige Antworten anhören. Teilweise weigern sich die Verkäufer und tun es trotzdem in die Tüte. Dabei wäre ein Übergabekorb eine Lösung. Wir haben das jetzt aufgegeben. In meiner Heimat Sachsen ist das überall total normal mit Jutebeutel aber hier in NRW geht es irgendwie nicht. Werde wohl dazu über gehen selber wieder Brötchen zu backen
Ich finde deine Zusammenstellung sehr gut. Ich versuche auch immer mehr weg vom Plastik & Verpackungsmüll zu kommen und nach dem Prinzip der Permakultur zu leben. Versuche mittlerweile auch viel auf Selbstversorgung im eigenen Kleingarten mit Obst/Gemüseanbau umzustellen und durch Konservierungsmethoden auch im Winter haltbar zu machen.
Bei Obst/Gemüse was ich gerade nicht im Garten habe ist der „Türke“ auch meine Anlaufstation nummer 1. Oft ist die Qualität da auch viel besser als im Supermarkt. Leider muss ich feststellen, dass der Türke aber zu 90% Ware aus der Türkei, Südeuropa und noch weiter weg hat. Viele Supermärkte stellen gerade auf lokale Produkte um. Neben dem Verpackungsmüll, sollte man das auch immer noch als Faktor beim Kauf einbeziehen.
Nächster Punkt ist Haltbarkeit von Lebensmitteln verlängern. Ich habe dafür Vakuumdosen/Gläser gekauft und benutze keine Frischhaltefolie oder Alufolie mehr. Kräuter wickel ich in ein Tuch das mit Apfelessig getränkt ist ein. Dadurch halten sie eine ganze Woche im Kühlschrank. Auch kann man generell die Haltbarkeit im Kühlschrank von Lebensmitteln erhöhen indem man alle paar Wochen alle Fächer mit einer Backsodalösung reinigt. Verhindert effektiv Schimmel/Keime. Mein Brot packe ich in einen Brottopf aus Terrakotta. Darin hält es viel länger frisch, trocknet nicht ein und ich brauche auch keine Umverpackung.
Unterwegs habe ich immer meinen Bambus-Kaffeebecher und mein Carbon-Campingbesteck dabei.
Das sind so die Dinge die ich versuche im Alltag umzusetzen um Verpackungsmüll auf ein Minimum zu reduzieren.
LG Alex
Wer unterwegs viel Kaffee trinkt, kann in Hamburg nun seinen eigenen Kaffeebecher bei vielen Cafés und Restaurants auffüllen lassen. (Und dabei sogar Geld sparen – auf jeden Kaffee kommen mindestens 10ct Rabatt)
Infos darüber hier: http://www.hamburg.de/kehrwieder/
Ein Ähnliches System gibt es auch in Hannover und Berlin, dort kann man sich einen Pfandbecher leihen und ihn an vielen Cafés wieder abgeben.