Zu Teil 1 von Valeskavalinis Text kommst du hier.
Heute habe ich es aus eigener Kraft geschafft, die Reißleine zu ziehen…zugegebenermaßen hat es mich dennoch eine schlaflose Nacht gekostet, ich lerne, Geduld, Geduld… Mit Stolz kann ich sagen: Ich bin schon einen Schritt weiter. Ich habe ganz allein für mich entschieden, mich eine Woche aus dem Alltagstrott zu nehmen, weil ich es gerade eben brauche. Punkt. Keine Rechtfertigung nötig. Tür auf, Tür zu, tschaka. Woopwoop. Der Hamster kann im Rädchen alleine seine Kreise weiterziehen.
Ich bin schon einen Schritt weiter. Ich habe ganz allein für mich entschieden, mich eine Woche aus dem Alltagstrott zu nehmen.
Nun ja, ich muss zugeben, ich war nicht ganz alleine im Grenzsetzungsprozess. Ich wurde bestärkt durch meine Hausärztin des Vertrauens, die mit mir auf das einsparende Gesundheitssystem schimpfte (ich arbeite momentan als Assistenzärztin in einer Klinik für Psychosomatik, und ja, da wird ordentlich gespart, leider) und ich wurde bestärkt durch die Worte meiner Therapeutin, die ich mittlerweile verinnerlicht hab. Sie regt sich immer wieder darüber auf, wenn ich zögere, mich krankzumelden. Dieses Thema hatten wir schon oft miteinander durchgekaut. Wirklich zäh, aber allmählich wirkt es. Danke für die Geduld, by the way. Es braucht wohl doch noch die Stimmen von außen, damit die innere Erlaubnis folgt. Voll okay, nehme ich mir.
„Du darfst gehen, wenn du es brauchst. Es gibt nichts, was du aushalten musst.“
Gleichzeitig hängt mir noch eine eigens durchlebte Eye Movement Desentization and Reprocessing- Sitzung (total spannend, welche Verarbeitungsprozesse hiermit in Gang gesetzt werden) nach, in der ich eine für mich als ausweglos erlebte Situation bearbeitet hatte. Interessanterweise kam im Prozess mehr und mehr eine Tür ins Blickfeld, die symbolisierte: „Du darfst gehen, wenn du es brauchst. Es gibt nichts, was du aushalten musst.“
Wie einfach diese Worte klingen. Das macht doch voll Sinn. Aber innendrin, da sieht es teilweise ganz anders aus. Da gehe ich voll mit mir ins Gericht, wenn es darum geht, eine Grenze zu ziehen, da hab ich Schuld- und Schamgefühle, böse Gewissensbisse. Au, tun die weh.
Schuldgefühle entstehen unter anderem dann, wenn ich mein Verhalten zugunsten der eigenen Selbstfürsorge verändere.
Ein weiser Mensch hat mal zu mir gesagt: Schuldgefühle entstehen unter anderem dann, wenn ich mein Verhalten zugunsten der eigenen Selbstfürsorge verändere. Also laden wir sie doch gerne ein, diese verfluchten Schuldgefühle, es lohnt sich, wirklich. Die vergehen und am Ende siegt die Freude darüber, sich eine ungeplante Zeit für sich genommen zu haben, eben weil die Grenze gesetzt wurde.
Es ist unglaublich befreiend, sich im Inneren mehr Spielraum für Grenzsetzung zu geben. Ich kann mich auf verschiedene Situationen besser einlassen, weil ich lerne: Hey, ich darf auch wieder raus, wann immer ich mich nicht mehr wohlfühle da drin. Mag ja alles recht kryptisch klingen, doch wenn man es sich genauer überlegt, lässt es sich anwenden auf einfach alles im Leben: Freundschaften, Partnerschaften, Arbeitsverhältnisse, Lebensumstände.
Es ist unglaublich befreiend, sich im Inneren mehr Spielraum für Grenzsetzung zu geben.
So oft ertappe ich mich, dass ich Hemmungen habe, etwas Neues zu starten, weil ich es schwer finde, zu spüren, wenn es nicht mehr stimmig ist, um dann eben in Erwägung zu ziehen, Schluss zu machen. Tür auf, Tür zu. Hallo Platz, der du da entstehst, wenn ich eine vertraut wirkende Situation verlasse. Weniger Angst vor Veränderung. Oh wie ich sie mag, diese voranschreitenden Entwicklungsprozesse. Es gibt noch so viel zu lernen. Tür auf, Tür zu. So einfach ist das.
Headerfoto: cottonbro studio (Kategorie-Button hinzugefügt.) Danke dafür!