Sophia Hoffmann | Sophias vegane Welt
Es muss einfach wieder mehr mit Essen gespielt werden!
Auf den Punkt gebracht:
Feministin, Aktivistin, Bloggerin und Veganistin. Sophia Hoffmann ist eine absolute Powerfrau, die mit ihren bunten und kreativen Rezepten die Kochbuchwelt auf den Kopf stellt. Sie ist die Pippi Langstrumpf unter den Köchinnen! An die Messer, fertig, los.
Wer soll es lesen:
Veganer sowieso, aber auch mal die, die sonst nur Tiefkühlpizza futtern, die, die auch Fleisch essen, sich aber nicht fragen, woher es kommt, unbedingt die, die einfach mal was Neues ausprobieren wollen.
Ist geil, weil:
Oha, die Veganer sind los. Dieser Artikel lässt sich nicht lesen, ohne folgende Dinge im Hinterkopf zu haben. 1. Leute, wir essen zu viel Scheiß. 2. Da draußen werden Tiere in Massen gehackt und geschreddert. 3. Es ist uns egal. Ein Fleischfresser wie ich muss da selbst erst mal schlucken. Und hier kommt jetzt Sophia ins Spiel, die zu neuen Wegen aufruft, ohne dabei die Schlaumeierkarte zu ziehen. Locker-leichte Rezepte, farbenfroh, dass einem die Augen springen, gesund, dass der Arzt bleiben kann, wo der Pfeffer wächst. Okay, Letzteres war jetzt vielleicht ein bisschen zu viel der Wortspinnerei, aber nicht aufhören zu lesen, es lohnt sich, es wird dein Leben verändern. Lass uns mal die Utopie spinnen, du möchtest deinem Körper etwas Gutes tun, aber nicht nur dem, sondern auch deinem Geist. Du fängst an, dir Mandelmilch nach Sophia zu mixen, du merkst, wie kinderleicht das ist und weißt, dass du mit einem Mal deiner Knochendichte einen schönen Tag wünschst, du dir sogar aus der Mandelpampe einen Brotaufstrich zaubern kannst, dass sich sogar noch dein Gaumen freut. Ein Schluck, ein Bissen reichen und Körper und Geist geben sich ein High Five. Und das soll jetzt mein Leben verändern, fragst du dich? Hier ist der Clou: Einfach mal was Neues ausprobieren. Denn das ist es, was unserem kleinen zarten Planeten fehlt. Die kleinen Schritte. Veränderst du dich, verändert sich auch die ganze Welt.
Wie lange lebst du schon vegan?
Das eine Frage, die immer schwer zu beantworten ist, weil ich das nicht von heute auf morgen entschieden habe. Zuerst habe ich immer weniger Fleisch gegessen, bis ich dann eben Vegetarierin geworden bin. Das ist mittlerweile sechs Jahre her und der Schritt zur veganen Ernährung vielleicht drei oder vier Jahre.
Und wie kam es dazu?
Ich habe mich einerseits immer mehr mit den Hintergründen auseinandergesetzt und andererseits gab es verschiedene Einflüsse. Ein ganz starker war meine Ex-DJ-Kollegin, die mittlerweile ein veganes Restaurant in Berlin führt. Ich habe angefangen, immer mehr Bücher darüber zu lesen und dann kam die logische Konsequenz, keine anderen tierischen Produkte mehr zu konsumieren.
Wait!
What?
Wie wird man vom DJ zur veganen Köchin?
Ich habe das sogar zeitgleich gemacht! Ich war auch Musik-Journalistin. 2011 habe ich mich selbstständig gemacht und irgendwann kamen einfach andere Bereiche mit dazu. In der Phase der intensiven Beschäftigung mit dem Essen habe ich gemerkt, dass mir dieses Nachtleben überhaupt nicht mehr gut tut. Ich brauchte einen Ausgleich zu dem doch relativ ungesunden Lebensstil eines DJs. Ich konnte einfach nicht mehr nachts im Club stehen. Vor allem die letzten Male waren schlimm. Die Leute tanzen und flippen aus, aber ich wollte eigentlich schon seit zwei Stunden zu Hause sein. Gekocht habe ich schon immer. Sowieso auch gerne für andere Leute.
Krasser Kontrast!
Ganz ehrlich, eigentlich nicht. Früher habe ich Partys veranstaltet, heute gebe ich Dinner-Abende. PR, Orga, Kooperation… Die Grundstrukturen sind eigentlich schon dieselben geblieben.
Ob die Blogfabrik dich haben wollte, damit du für sie kochst?
(lacht) Niemals!
Lass noch mal kurz auf deinen veganen Lebensstil eingehen. Wie hart ziehst du das durch?
Also der Begriff bezieht sich auf alle tierischen Produkte. Egal ob bei Klamotten, Essen oder Kosmetik. Ich achte in allen Bereichen darauf.
Ist das anstrengend?
Ich empfinde es eigentlich nicht so. Im Rahmen meiner Möglichkeiten versuche ich alles nach bestem Gewissen. Es ist erschreckend, wo heutzutage überall tierische Produkte drin sind. In irgendwelchen Klebern sind Schweine verarbeitet, dass man am Ende nur noch den Kopf schütteln muss. Es kommt schon vor, dass ich auch mal was nicht nachprüfen kann, aber ich achte da schon extrem drauf.
Gibt es Dinge, die dich am Veganismus nerven?
Mich nervt dieses Verzichtgefühl nicht so sehr wie der Erklärungszwang. Witzige Momente würde ich das allerdings eher nennen. Wenn ich mit Freunden oder Eltern essen gehe, dann lesen die zum Beispiel schon im Vorfeld die Karte für mich mit. „Schau mal, das kannst du doch essen!“ Passt schon, ich finde bestimmt etwas! Hinzu kommt die Frage: „Habt ihr nicht alle Mangelerscheinungen?“ Ich ernähre mich sehr ausgewogen und ziemlich gesund und weiß, dass ich viele Nüsse essen muss. Ich mache regelmäßig Tests und habe überhaupt nie Mangelerscheinungen. Und zu guter Letzt halten einen dann die meisten auch automatisch für einen Ernährungsexperten. Ich weiß nicht, wie viel Eiweiß eine Schale Linsen hat. Wirklich keine Ahnung.
Sind Veganer bessere Menschen?
Also ganz banal betrachtet, was den Klimaschutz anbelangt, ja! Trotzdem sollte sich keiner hinstellen und mit dem Finger auf andere zeigen. Du hast aber eine bessere Ökobilanz. Fakt. Viele Leute sehen in einem so das personifizierte schlechte Gewissen dargestellt, dabei muss ich das gar nicht so stark thematisieren. Es wissen ja alle, dass da viel Scheiße läuft, aber die wenigsten wollen nun mal etwas an ihrem eigenen Verhalten ändern.
Ich glaube ja tatsächlich, dass eines der grundlegenden Probleme in Sachen Nachhaltigkeit ist, dass unser Essen super billig ist!
Ganz genau, Essen hat fast keinen Wert mehr. In Deutschland ist das schon extrem. Es gibt eine Studie, die aussagt, dass die Deutschen mehr Geld für ihr Motorenöl als für ihr Speiseöl ausgeben. Es ist auch unglaublich, wie viel Essen beispielsweise weggeworfen wird. Das ist wirklich ein erstzunehmendes Problem und auch mein Ansatz. Mir geht es nicht darum, dass jeder von heute auf morgen vegan wird, sondern ich möchte ein Bewusstsein für diese Probleme schaffen. Zeigen, dass es auch anders gehen kann.
So und jetzt kommen wir nämlich mal zu deinem Kochbuch. Da sind diese hübschen kleinen Schritte, die man als Mensch mal so machen kann, nämlich drin! What a Überleitung! Woher kommen die Ideen für deine Rezepte?
Boah, schwere Frage! Ganz unterschiedliche Ansätze. Manchmal ist es einfach eine bestimmte Zutat, wie jetzt mal die Rote Beete zum Beispiel und dann fragst du dich, was kann man damit machen, was noch niemand mit gemacht hat.
Das ist aber mal echt mal ein hochintelligenter Sport. Einerseits hast du da dein Produkt, das du erst mal ziemlich gut kennen musst, wissen, was man damit anstellen kann und andererseits dann noch on top damit was machen, was noch kein anderer vor dir geschafft hat. Verrückt ist das!
(lacht) Man muss auf jeden Fall kreativ sein. Und weil ich das auch schon immer war, fällt es mir relativ leicht, Ideen zu entwickeln. Manchmal träume ich sogar von Rezepten! Das Umsetzen ist allerdings dann auch wirklich eine ganz andere Sache. Nicht alles klappt beim ersten Mal und ich bin da relativ diszipliniert und mache das so oft, bis es klappt. Das ist richtiger Ehrgeiz, den man dabei entwickelt.
Und was machst du, wenn du eine super Idee hast, sie irgendwie umgesetzt kriegst, aber es am Ende nicht schmeckt?
Das passiert schon mal. Gerade kämpfe ich mit veganen Maccarons! Super anstrengende Sache, aber ich weiß, ich werde es schaffen! Ich hatte auch mal irgendwann ganz groß für ein Dinner frittiertes Eis angekündigt, ohne es jedoch vorher überhaupt ausprobiert zu haben (lacht). Da habe ich echt alles gegeben und sechs oder sieben Anläufe für gebraucht. Das Rezept ist in dem Buch auf der letzten Seite.
Sehr schön. Da steht auch „sehr anstrengend“ und „auch unfrittiert genießbar“. Großartig! Jetzt mal vom Pro zu mir. Was für Tipps kann man so Hobbyköchen geben?
Also eigentlich gebe ich immer den Tipp, sich nicht so sehr an die Kochbücher zu halten. (Darüber lachen wir erst mal beide.) Will sagen: So ein Rezept ist eigentlich mehr ein Gerüst und dass man einfach ein bisschen Gefühl dafür bekommen muss, sich trauen sollte und keine Angst davor haben muss, dass auch mal was schief geht. Nur so lernt man kochen. Und ganz wichtig: Auch mal für sich selbst kochen! So viele Leute erzählen mir, dass sich das doch gar nicht lohnt, aber das finde ich überhaupt nicht. Es lohnt sich immer, auch mal sich selbst was Gutes zu tun.
Nur mal so:
Sophia ist seit Herbst 2015 ebenfalls Teil der Blogfabrik-Family, deren Küche wir freundlicherweise in Beschlag nehmen durften. Mehr über Sophia findest du hier.
Berlin ist ein Mekka für Nachhaltigkeit. Man kann sich mal so tolle Läden wie Original Unverpackt genauer anschauen oder vielleicht im Let it be mit richtig gutem Gewissen reinhauen.
Sophia Hoffmann „Sophias vegane Welt“, erschienen bei edel books für 14,95 Euro.