Wer will ich sein? Die, die mit 36 ihr Leben endlich selbst in die Hand nimmt oder Die, die sich weiter fremdbestimmen lässt? Natürlich erstere – aber wie kommt man da raus, wenn man fast sein ganzes Leben das getan hat, was eigentlich andere wollten, sich abhängig gemacht hat (besonders von Männern) und es immer allen recht machen will?
No happy ending
Gar nicht so einfach. Ich bin gerade – wieder einmal – an dem Punkt, an dem mir all das bewusst wird. Ein Jahr lang habe ich mich von einem Kerl verarschen lassen, für den ich nicht mehr war als eine gelegentliche Bettgeschichte. Leere Versprechungen und ab und zu mal eine Nachricht oder ein Anruf, um mich warm zu halten. Warnungen, dass er mich nur verarscht und ich den Kontakt abbrechen sollte, habe ich ignoriert. Zum einen schwierig, weil es ein Kollege ist (juhuu) und zum anderen, weil mein inneres Kind mit seinem Wunsch nach Liebe und Bestätigung wohl meinen Verstand ausgeschaltet hat.
Mein inneres Kind mit seinem Wunsch nach Liebe und Bestätigung hat wohl meinen Verstand ausgeschaltet.
Wie die Geschichte ausgeht, ist klar – no happy ending: nachdem wir das letzte Mal im Bett gelandet sind und seinerseits dann wieder Funkstille war, habe ich die Karten auf den Tisch gelegt. Gesagt, dass ich mehr will. Offensichtliche Panik bei meinem Gegenüber und dann komplette Funkstille. Und ich ein Häufchen Elend.
Ich kann keine Grenzen setzen
Und die Story hat sich so gefühlt schon 100 Mal in meinem Leben abgespielt. Ich setze keine Grenzen, kommuniziere meine Bedürfnisse nicht (oder viel zu spät) und bin letztendlich immer der Depp. Kein Wunder, dass ich solche Leute dann auch automatisch immer wieder anziehe.
Ich nehme jede Zusatzaufgabe an, sage selten Nein und arbeite bis zur totalen Erschöpfung.
Im Job verhält es sich ähnlich: ich nehme jede Zusatzaufgabe an, sage selten Nein und arbeite bis zur totalen Erschöpfung – um am Ende des Tages zu denken, dass ich nicht genug getan habe und einfach nicht gut genug bin. Dabei ist das Feedback positiv – ich mache gute Arbeit, bin engagiert und zuverlässig, aber setze einfach keine Grenzen und ignoriere meine Bedürfnisse.
Ich will etwas verändern
Die Versuche, an mir zu arbeiten – sowohl alleine, als auch mit therapeutischer Hilfe – sind bisher offensichtlich kläglich gescheitert. Wie also weitermachen? Auf den Großteil meiner sogenannten Freund:innen kann ich nicht zählen, denn da gibt es viele, die sich selbst die Nächsten und nicht da sind, wenn es mal schwierig ist. Wichtig ist, dass ich immer gut drauf bin und mit Rat und Tat zur Seite stehe, wenn es da mal nicht läuft. Finde den Fehler…
Bin ich das „Problem“ oder das System?
Dass die Ursachen meiner Probleme in meiner Kindheit liegen, liegt auf der Hand – die wurden in diversen Therapie-Sitzungen bereits durchgekaut und haben meine bisherigen Therapeut:innen vielleicht auch überfordert. Bis zu einem bestimmten Punkt waren diese Termine hilfreich, aber irgendwann kam immer der Punkt, an dem es nicht mehr weiterging und man mir nicht mehr helfen konnte. Frustrierend. Bin ich das „Problem“ oder das System?
Ich will etwas verändern, an mir und meinem Leben, und so nicht mehr weitermachen.
Ich will etwas verändern, an mir und meinem Leben, und so nicht mehr weitermachen. Dieses Gefühl, innerlich gebrochen zu sein und keine Freude mehr zu empfinden, will ich endlich loswerden und jeden Augenblick genießen und positiv denken. Mich nicht mehr einsam fühlen, mir selbst genug sein. Gute Menschen in mein Leben ziehen. Und mich nicht mehr in Abhängigkeiten begeben.
Ich übernehme Verantwortung für mich selbst
Mir bleibt der tröstende Gedanke, dass ich immer auf meine Familie, vor allem meine Mutter und meinen Bruder, zählen kann und die Hoffnung, dass die nächste Therapie, die ich nun bald beginne, erfolgreicher verläuft als die letzten. Ich beschäftige mich außerdem selbst viel mit meinen Themen, sei es über Bücher, Podcasts und diverse andere Kanäle. Und ich habe mir positive Affirmationen für mich selbst aufgeschrieben, die ich morgens und abends in Ruhe lese und versuche, zu verinnerlichen, in der Hoffnung, dass sich diese Glaubenssätze in meinem Unterbewusstsein manifestieren und mich „umpolen“ – und sei es nur ein bisschen. Ich beleuchte kritisch, wen ich in meinem Umfeld habe und breche konsequent den Kontakt zu jedem ab, der mir nicht gut tut.
Du bist die wichtigste Person in deinem Leben, geh sanft mir dir um!
Ich hoffe sehr, dass diese Schritte mir dabei helfen, endlich zu mir selbst zu finden, und der Start für ein erfülltes, selbstbestimmtes Leben sind. Es ist wichtig, die Hoffnung nie aufzugeben und dass man erkennt, dass man selbst für sein Glück verantwortlich ist. Ich wünsche allen, die mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben, genau das! Keep going und geh nicht zu hart mit dir selbst ins Gericht, wenn es Rückschläge gibt oder nur langsam vorwärts. Du bist die wichtigste Person in deinem Leben, geh sanft mir dir um!
Julia ist seit gut 3 Jahren Wahl-Berlinerin und reist gerne. Sie hat schon immer gerne geschrieben und beschäftigt sich intensiv mit Themen wie Psychologie, Gesundheit und dem Sinn des Lebens. Sport und Musik geben ihr Kraft – vor allem, wenn der Kopf zu viel arbeitet und es ihr an Leichtigkeit fehlt.
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