Meine Hassliebe zur Meditation – einatmen, ausatmen und versuchen, nicht auszurasten

Ich führe so eine Art Hassliebe mit der Meditation. In der Theorie finde ich sie super. Unser Kopf ist ständig on Tour. Ob im letzten Urlaub, in der wichtigen Telefonkonferenz nächste Woche oder beim Date gestern Abend.

Wir sind permanent auf der Suche nach Dingen, Menschen oder Erfahrungen, die uns in Zukunft glücklich machen könnten oder schwelgen in Erinnerung an vergangene Zeiten, in denen alles viel besser war oder vielleicht auch ziemlich doof lief.

Was gerade im Moment passiert, wird dabei schnell mal vergessen. Schade. Denn theoretisch könnte man ja den Moment nutzen, um jetzt (!) glücklich zu sein.

Wir brauchen keine teure Ausstattung zum Meditieren. Wir müssen nicht mal etwas tun. Einfach nur sein.

Und genau da kommt die Meditation ins Spiel. Wir brauchen keine teure Ausstattung zum Meditieren. Wir müssen nicht mal etwas tun. Einfach nur sein. In diesem Moment sein. Uns auf den Atem fokussieren. Alles wahrnehmen, was in uns und um uns herum genau in diesem Moment passiert. Gedanken und Gefühle vorbeiziehen lassen wie Wolken. Ohne sie zu bewerten, ohne uns von ihnen mitreißen zu lassen. Wie ein Fels in der Brandung.

Dabei lernt man ganz nebenbei, geduldig zu sein und darauf zu vertrauen, dass alles, was sein soll, sich ganz von alleine zu seiner Zeit entfaltet. Wir lernen loszulassen, uns selber nicht zu ernst zu nehmen, aber dennoch ganz liebevoll zu betrachten und uns Fehler zu verzeihen. Dadurch werden wir mit der Zeit gelassenere, ausgeglichenere und zufriedenere Menschen. Klingt wunderbar.

Ich weiß nicht, wie es bei euch ist, aber bei mir entwickeln sich da zwangsläufig Erwartungen. Und da beginnt mein Problem.

Denn bei der Meditation geht es ums Sein und ums Beobachten. Das bedeutet auch, nicht zu bewerten, keine Erwartungen zu haben und nicht auf wundersame Erkenntnisse, Veränderungen und Antworten zu hoffen. Wenn es sein soll, kommen die schon von ganz alleine. Sehr ärgerlich für ungeduldige Menschen wie mich.

Denn bei Meditation geht es ums Sein und ums Beobachten. Sehr ärgerlich für ungeduldige Menschen wie mich.

In der Praxis sieht das Ganze dann folgendermaßen aus:

Ich öffne die Meditationsapp, ein Gong ertönt und eine ruhige, angenehme Männerstimme fragt mich, wie sich das Sitzen anfühlt. Ich bin ganz motiviert, atme, überlege, dass ich ja eigentlich liege, entscheide, dass das auch geht und nehme alle möglichen Körperteile wahr.

Dabei fange ich schon an, leicht zwanghaft darauf zu achten, jedes Körperteil gleichlang wahrzunehmen und nicht etwa auf den linken Fuß zu achten, wenn gerade der rechte dran ist. Aber noch lasse ich mich nicht unterkriegen.

Ich spüre, wie mein Körper sich beim Ein- und Ausatmen bewegt und denke – ohne es zu bemerken – darüber nach, ob ich mich jetzt wohl entspannen werde. Da fällt mir auf, dass ich ja nur beobachten soll und nicht erwarten, dass ich mich entspanne.

Ich denke – ohne es zu bemerken – darüber nach, ob ich mich jetzt wohl entspannen werde.

Also lasse ich meine Erwartungen wie Wolken vorüberziehen und sage meinem Kopf ganz freundlich, dass er jetzt bitte aufhören soll zu denken und sich stattdessen aufs Atmen konzentrieren soll. Fehler. Denn das Denken zu verbieten führt dazu, dass es sich immer wieder aufdrängt.

Wie beim Experiment mit dem rosa Elefanten: „Bitte denken Sie eine Minute lang nicht an einen rosa Elefanten.“ Ziegen. Meerschweinchen. Schweine. Rosa. PLOP: rosa Elefant. Also nochmal: keine Tiere. Blumen: Rosen. Tulpen. Veilchen. Die brauchen Sonne. Und Wasser. Man muss sie gießen. Gartenschlauch. Rüssel. PLOP: rosa Elefant. Und so weiter.

Jetzt habe ich natürlich relativ viel Zeit damit verbracht, über rosa Elefanten zu philosophieren, anstatt mich auf den Atem zu konzentrieren. Langsam bin ich leicht frustriert. Nächster Fehler. Denn ich soll ja auch nicht bewerten. Also nehme ich die Frustration über meine Gedanken wahr, ohne sie zu bewerten und lasse sie wie ein Blatt in einem Fluss vorbeiziehen. Ooooooom.

Langsam bin ich leicht frustriert. Nächster Fehler. Denn ich soll ja auch nicht bewerten. Ooooooom.

Dann fällt mir plötzlich auf, dass mein linkes Ohr ganz schön juckt. Ziemlich nervig. Ich könnte doch mal kurz … Nur ganz kurz mal … Nein. Wahrnehmen. Nicht bewerten. Konzentration wieder auf den Atem lenken.

Damit ist mein Kopf dann vielleicht so die nächsten 20 Sekunden beschäftigt. Bis er anfängt darüber nachzudenken, ob ich denn eigentlich richtig atme. (Es ist ja nicht so, als ob ich nicht schon mein ganzes Leben lang atmen würde und mein Körper wohl wissen müsste, wie das geht.)

Langsam beginnt es, mich wirklich zu nerven. Trotzdem kommen mein Kopf und ich zu dem Schluss, dass jetzt einfach weiter geatmet wird und es völlig irrelevant ist, ob es so falsch oder richtig ist. Gesagt, getan.

Wird ihm aber schnell zu langweilig. Wo bleibt denn hier der Input? Dieses Nichtstun kann einem echt auf den Geist gehen.

Und schon bin ich weit entfernt vom Hier und Jetzt. Schade, denn so abgelenkt war die Meditation irgendwie viel erträglicher.

Also sucht mein Kopf sich unaufgefordert selbst eine Beschäftigung und fängt an, auf die Reise zu gehen: Was steht eigentlich morgen so bei der Arbeit an? Ach, ich wollte doch noch XY schreiben. War schon irgendwie seltsam heute in der Mittagspause. Ich sollte mal Tomaten einkaufen.

Und schon bin ich irgendwo, aber weit entfernt vom Hier und Jetzt. Was ich natürlich irgendwann bemerke. Schade, denn so abgelenkt war die Meditation irgendwie viel erträglicher. Aber ich fokussiere mich natürlich wieder auf den Atem und bewerte nicht, dass ich gerade die letzten 30 Sekunden bis fünf Minuten verträumt habe, obwohl Wachheit und Präsenz doch so wichtig sind.

Einatmen … ausatmen … einatmen … Boooah, das dauert mir jetzt wirklich zu lange. Mein Ohr juckt immer noch. Ist dem völlig egal, dass ich mich aufs Atmen konzentriere. Außerdem ist diese Position langsam echt unbequem. Und mein Kopf denkt sowieso die ganze Zeit immer wieder völlig random an IRGENDETWAS und ist überhaupt nicht mehr zu kontrollieren.

Habe ich mittlerweile auch aufgegeben.  Wann ist es denn endlich vorbei?!  Wir reden hier nicht mehr von Wolken, die vorbeiziehen, sondern von ganzen Gewitterfronten. Und der Fels sieht mittlerweile leider auch eher aus wie ein Steinchen. Es wird langsam wirklich unerträglich.

Wann ist es denn endlich vorbei? Wir reden hier nicht mehr von Wolken, die vorbeiziehen, sondern von ganzen Gewitterfronten.

Das auszuhalten und am besten noch wahrzunehmen, ohne es zu bewerten, scheint mir schier unmöglich. So geht es weiter. Ich verliere mich in Gedanken und Emotionen, merke es, ärgere mich darüber und ärgere mich dann darüber, dass ich mich geärgert habe. Bis endlich der erlösende Gong ertönt.

Manchmal klappt es aber auch besser und ich komme ein bisschen runter. Sobald mir das auffällt, freu ich mich und dann ärger ich mich, weil mich das Freuen aus der Meditation gebracht hat und ich schon wieder zweimal bewertet habe. Aber immerhin.

(Dritte Alternative: Ich schlafe einfach ein und erschrecke mich zu Tode, wenn der nette Herr aus der Meditationsapp plötzlich wieder mit mir spricht. Vielleicht wäre Sitzen doch besser gewesen.)

Da sieht man mal, was so ein Rumliegen und Atmen alles auslösen kann. Schon irgendwie spannend. Vielleicht kann ich dadurch noch das ein oder andere über mich lernen. Aber das erwarte ich selbstverständlich nicht!

Sara Noemí wäre gerne die Katze, die entspannt von ihrem Platz aus beobachtet, was so geht oder halt einfach pennt. Leider ist sie eher das Eichhörnchen, das völlig hektisch hin- und her rennt, um irgendwelche (sinnlosen?) Dinge zu erledigen. Daher übt sie sich jetzt in Achtsamkeit und Slowliving. Das versucht sie auch auf ihren Konsum zu übertragen und einen immer nachhaltigen #ecolifestyle zu führen. Ohne Plastik, ohne Tier auf dem Teller und selbstverständlich ganz ohne Stress!

Headerfoto: Hong Nguyen via Unsplash. („Wahrheit oder Licht“-Button hinzugefügt, Bild gespiegelt.) Danke dafür!

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