Liebe-to-go: Bitte nur noch im Mehrweg- statt im Einwegbecher

Du gingst so plötzlich, wie du gekommen bist. Mit fliegenden Fahnen hast du dich davon gemacht. Einfach so. Du hast gesagt, du kannst das nicht, du bist nicht bereit dafür. Ich will 100 Prozent von dir und die kannst du mir nicht geben. Aber das stimmt nicht. Das, was ich wollte, war ein 100-prozentiges Commitment. Zu dem, was zwischen mir und dir war. Das, was du nach drei Wochen „Beziehung“ getauft hast.

Ich war nicht bereit, jedes Wochenende 600 Kilometer zu fahren, um mit dir insgesamt sechs Stunden an zwei Abenden zu verbringen – für etwas ohne Zukunftsperspektive. Deine Feierabende freitags und samstags haben wir zusammen verbracht. Du hast so viel Einsatz gezeigt und mir damit vollkommen den Kopf verdreht.

Du hast mein Herz berührt mit dem was du gesagt hast, hast alle Mauern niedergerissen.

Die wenigen Wochen mit dir waren intensiv. So intensiv, dass ich an kaum etwas anderes denken konnte als an dich. Und trotzdem: Wir waren schnell bei einem Auf und Ab. Aber ich war mir sicher, dass wir diese ganzen Unmöglichkeiten, die zwischen uns standen, schon irgendwie lösen würden.

Ganz plötzlich wolltest du nicht mehr. Morgens hast du mir meinen Haustürschlüssel aufs Klavier gelegt, mich geküsst und bist gegangen. Am Nachmittag bin ich in deinen Laden gekommen, wollte zwei Stück Kuchen mitnehmen und dich küssen. Dann kam alles anders. Du bist ohne Vorwarnung ins Thema gesprungen. Hast mir eröffnet, dass du das alles nicht kannst. Dass du nicht bereit bist.

Es gibt immer eine Lösung, wenn man will. Aber du wolltest nicht.

Zwischendurch kamen und gingen Gäste. Gäste, die kurz ihren Coffee-to-go kauften und ihre Rechnung bezahlten, während du hinter dem Tresen standst und mir gesagt hast, du bist nicht bereit für das alles hier. Ich war so überrascht, dass ich nichts antworten konnte. Mir haben schlicht und ergreifend die Worte gefehlt.

Unsere Abmachung für das Wochenende war: Wir reden. Wir reden darüber, ob und wie das mit uns klappen kann. Stattdessen hast du nach einer letzten gemeinsamen Nacht beschlossen, dass du das nicht kannst. Wegen deiner Vergangenheit, wegen deines Kindes und vor allem deinetwegen. Weil du so sehr auf der Suche nach dir selbst bist, dass dir keine Zeit für eine Fernbeziehung bleibt. Ich hätte für Vieles Verständnis gehabt. Ich hätte es todtraurig gefunden, aber verstehen können. Jetzt verstehe ich nichts.

Ich weiß nur, dass all das, was ich in dir gesehen habe, eine Illusion von demjenigen war, der du gerne sein würdest.

Ich weiß nur, dass all das, was ich in dir gesehen habe, eine Illusion von demjenigen war, der du gerne sein würdest. Aber diese Version von dir selbst ist dir zu anstrengend, also fällst du in deine alten Muster zurück. Setzt alles daran, die Menschen um dich herum zu verletzen. Genau das waren deine Worte zwei Wochen vorher. Du hast gesagt, dass du mich über kurz oder lang verletzen wirst, weil du alle Menschen um dich herum verletzt.

Gemeint waren Frauen. Frauen, die du wie Trophäen sammelst. Du hast gesagt, du bist ein Großwildjäger. Nur um im gleichen Atemzug zu sagen, dass dir das „Erlegen“ nicht mehr reicht und dich nicht glücklich macht. Du hast gesagt, dass du etwas verändern willst. Ich habe zu all dem „Ja“ gesagt. Ich habe „Ja“ gesagt, weil du mir einen verletzlichen Teil von dir gezeigt hast. Weil du den Anschein gemacht hast, dich einlassen zu wollen. Ich hab gegeben, ohne es an die Bedingung zu knüpfen, dass es genauso zurückkommen muss.

Ich habe dich mit anderen Augen gesehen als du dich selbst

Ich wollte dir dein Selbstbild vom „Arschloch“ nicht bestätigen. Aber du hast realisiert, wie viel Arbeit das bedeutet und hast direkt die Weggabelung zu deinem „alten“ Ich genommen. Das Ich, das du so gut kennst und dessen Rolle du perfekt beherrschst. Das des Großwildjägers, der keine Schwächen hat. Das des „Arschlochs“, der alle Frauen in seinem Leben verletzt.

Dass es in Wahrheit hier um dein eigenes, verletztes inneres Kind geht, verdrängst du. Du folgst deinem erwachsenen Ego, das nur funktioniert, wenn es durch viele Frauen bestätigt wird. Das hat weder etwas mit Stärke noch mit Männlichkeit zu tun. Das ist purer Egoismus. Männlichkeit ist, nicht das Handtuch zu werfen, sobald es anstrengender wird. Stark ist, wer mutig genug ist für die Liebe und dafür, sich anderen Menschen zu öffnen.

„Only hurt people hurt people“ – das ist, was dich ziemlich gut beschreibt

Du fütterst dein Ego, indem du „Liebe-to-go“ im Einwegbecher deines Coffeeshops verteilst, anstatt dich auf die Liebe einzulassen. Und trotzdem, ich kann dich nicht als Vollidioten abzustempeln, auch wenn du dich wie einer verhalten hast. Ich fühle einfach und lasse los, damit sich mein Herz nicht wieder einmauert. Damit ich den nächsten Becher „Liebe-to-go“ nur noch im Mehrwegbecher mitnehme.

Paula ist verliebt in das Meer und kann sich ein Leben ohne salzige Luft, Wind in den Haaren und sandige Füße nur schwer vorstellen. Das Leben ist ihr seit kurzem eine Spur zu ernst, zu schnell, zu wenig gelebt, zu verkopft. In Deichnähe entdeckt sie die Welt neu, macht spontan eine Miniauszeit am anderen Ende der Welt und versteht, dass da draußen ganz viel Leichtigkeit wartet. In Rigelnatz‘ Worten: „Aus meiner tiefsten Seele zieht, mit Nasenflügelbeben, ein ungeheurer Appetit, nach Frühstück und nach Leben“. Ein solches Talent für die Worte ist ihr zwar nicht in die Wiege gelegt, aber die Buchstaben helfen ihr, wieder mit dem Fliegen anzufangen.

Headerfoto: todd kent via Unsplash. („Gedankenspiel“-Button hinzugefügt, Bild gecroppt.) Danke dafür!

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