Es war wieder so eine Woche, die eine Triggerwarnung benötigt hätte. Lange Tage im Büro, die einem die letzte Kraft raubten. Wenig Zeit für Freund:innen und Familie und das Ganze mündete in einem Abendessen mit Kolleg:innen. Bei Bier und Gin Tonic unterhielten wir uns über die Arbeit, die hinter uns lag und die, die uns noch bevorstand. Soweit, so trist. Je später der Abend wurde, desto persönlicher entwickelten sich die Gespräche. Der eine erzählte vom Verlauf seiner steilen Karriere, die andere vom wahnsinnig romantischen Wochenende mit ihrem Schatz. Ach ja und wie toll, dass die Kleinen endlich in der Schule sind.
Wow, die haben alle so ein krasses Bilderbuchleben.
Wow, die haben alle so ein krasses Bilderbuchleben. Ich dagegen saß plötzlich als stille Beobachterin am Rande des Geschehens und fand keinen Anhaltspunkt mehr, mich ins Gespräch einzubringen. Der Abend nahm seinen Lauf und am Ende lag ich energielos im Bett. Todmüde, aber gleichzeitig hellwach…denn dann tauchte sie wieder auf. Ungefragt und ungewollt – die Grübelei! Wieso bin ich im Gegensatz zu den anderen so wertlos? Das, was die können, kann ich nicht. Ich bin nicht gut genug. Weder für den Traumjob noch für einen Partner.
Wie schön dieses Gefühl wohl sein mag, wenn man nach solch einer Woche nach Hause kommt und jemand begrüßt dich mit einer Umarmung.
Wie schön dieses Gefühl wohl sein mag, wenn man nach solch einer Woche, die einem das letzte Stück Selbstwertgefühl genommen hat, nach Hause kommt und jemand begrüßt dich mit einer Umarmung. Dieser Mensch nimmt dich auf, in seinen kleinen Safe Space und zeigt dir, dass du eben doch wertvoll bist, dass du es eben doch kannst, dass du genug bist! Diese eine Person, die bedingungslos hinter dir steht und dich auffängt, wenn du wieder fällst. Wenn der Alltag dich zu Boden reißt, weil du nicht mit den perfekten Menschen um dich herum mithalten kannst. Aber stattdessen bist du einsam– nach der Arbeit – am Wochenende – an Feiertagen. Ich falle fast täglich und niemand bemerkt es.
Ich falle fast täglich und niemand bemerkt es.
Aber plötzlich sah ich mich klar und deutlich. Mich kalten, grauen Stein. So lieg ich da am Boden und warte. Ich warte darauf, dass irgendwer vorbeikommt, der mich wahrnimmt. Eine endlose Zeit liege ich schon da, während regnerische und stürmische Tage über mich hinweg ziehen und mich weiter niederdrücken. Ab und zu kommt es vor, dass jemand an mir vorbeiläuft. Hey, da sehe ich jemanden auf mich zu gehen. Ich hoffe, dass er mich bemerkt und gleichzeitig habe ich Angst davor, denn dann sieht er meine Ecken und Kanten.
Er hebt mich in den Himmel. Kurz vor Wolke 7 macht er Halt.
Plötzlich aber schnappt er zu und hebt mich in den Himmel. Kurz vor Wolke 7 macht er Halt. „Ein wirklich schöner Stein“ sagt er und schaut mich prüfend an. Er hebt mich noch ein paar Mal hoch. Spielt mit mir und ich spiele mit, denn ich habe keine andere Wahl. Er lächelt mich an und gibt mir dieses unglaublich gute Gefühl. Endlich ist da jemand, der in mir einen besonderen Stein sieht. Diesen einen unter Millionen anderen. Er lächelt und steckt mich eiskalt in die Tasche. Wir gehen die nächsten Schritte im Verborgenen, aber gemeinsam.
Ohne ein Wort des Abschieds, ohne Erklärung wirft er mich weg
Dann holt er mich wieder hervor, weil ihm gerade danach ist. Nach einem kurzen Lächeln hält er inne. Es wird still. Dann tönt ein kurzes „Klack!“. Ohne ein Wort des Abschieds, ohne Erklärung wirft er mich weg. Mit vollem Karacho knalle ich auf den Boden der Tatsachen zurück. Was ist passiert? Was habe ich falsch gemacht? Nun ich liege ich wieder da, als einer dieser Steine. Unter Millionen anderen. Er geht weiter, bleibt stehen, denn er hat eine wunderschöne Blume entdeckt. Wie könnte er auch nicht? Sie ist so besonders, dass man sie meterweit entfernt leuchten sieht, denn sie ist sich ihrer Schönheit bewusst.
Vielen lieben Dank für deinen Text, Nicole. Ich fühle jede Zeile, kann spüren, was deine Worte in mir anrichten, wie sie mich treffen und aufwühlen.
Aber dieser eine Satz… der schubst mich über die Kante… „Ich falle fast täglich und niemand bemerkt es.“ hat mich eiskalt erwischt. Auch ich spüre diese Tendenz, habe dieses Gefühl. Fühle mich allein, einsam und nur ein bisschen froh… dass ich dieses tolle Wesen aus Fell und feuchter Nase habe, welches mich tagtäglich mit freudigem Schwanzwedeln begrüßt… und doch bin ich allein in meinem Bett (über das Kuscheltier reden wir hier jetzt nicht 😜)
Ich kann dir leider kaum Mut machen und ich will einfach nicht sagen: „Eines Tages…“
Aber was ich dir sagen kann und möchte ist: Du bist nicht allein.
Und einfach „DANKE“
Lg Flo