Go big or go home? Über die Suche nach den kleinen Abenteuern im Leben

Es ist Montag… kein Montag wie jeder andere und das liegt nicht nur daran, dass ich heute frei habe. Heute habe ich ausgeschlafen, im Bett gefrühstückt, war bummeln und habe in einem Café gesessen und ein Buch gelesen. Früher wäre das kein besonderer Tag für mich gewesen, weil ich das oft gemacht habe. Aber heute – unter den aktuellen Bedingungen – ist das gefühlt die größte Freiheit überhaupt gewesen.

Heute ist auch der Tag, an dem mir klar geworden ist, was mir eigentlich schon lange fehlt, was ich aber nie genau benennen konnte. Diese kleinen spontanen Ausflüge und Erlebnisse. Die kleinen Abenteuer, die früher, vor zwei oder drei Jahren, 2019, vor der Pandemie – total normal und scheinbar unbedeutend waren.

Einfach mal einen Nachmittag einem Date mit mir selber schenken, ohne Plan, ohne Ideen.

Einfach mal einen Nachmittag einem Date mit mir selber schenken, ohne Plan, ohne Ideen. Spontan auf einen Drink mit Freund:innen treffen, ein paar Stunden zwischen alter und neuer Kunst im Museum verschwinden oder schnell noch den o2-Kino-Code am Donnerstagabend einlösen. Kurzfristig auf irgendein Konzert in irgendeinem Park mitgehen.

All diese Freiheiten, die oft spontanen Blitzideen oder purer Langeweile entsprungen sind, habe ich in den letzten zwei Jahren scheinbar verlernt.

„Go Big or Go Home“

Vielleicht geht es nur mir so, aber ich habe das Gefühl, dass wir in den letzten zwei Jahren alle großen Treffen, Events und Pläne in die wenigen Sommermonate gestopft haben, in denen nicht jeden Morgen die Coronazahlen höher und höher stiegen.

Diese paar Monate, in denen alles „normal“ oder zumindest so nah an „normal“ wie möglich schien, wurden genauestens geplant und jede freie Sekunde, jedes Wochenende restlos ausgebucht. Nicht mit kleinen, sondern mit großen Plänen, damit es sich so richtig lohnt.

Das Ganze nahm jedes Mal ein Ausmaß an, dass ich bis zum Herbst vor lauter Erschöpfung heilfroh darüber war, erstmal alle Kontakte wieder runterzuschrauben und so wenig wie möglich zu unternehmen.

Es ist, als würden wir alle nur noch nach dem Motto „Go Big or Go Home“ leben. Entweder absoluter Freizeitstress oder Lockdown-Isolation.

Jetzt, wo der Weihnachtsmarathon beendet ist und die Stimmung sich gelegt hat, kehrt aber wieder die Leere zurück. Es ist, als würden wir alle nur noch nach dem Motto „Go Big or Go Home“ leben. Entweder absoluter Freizeitstress oder Lockdown-Isolation. Aber was ist mit „Just Go Anywhere“?

Wo sind die kleinen, spontanen Ausflüge hin? Spontane Treffen unter der Woche oder kurzfristige Wochenendpläne? Verpufft in der erdrückenden Last der Moral und der scheinbar stetig schwindenden Energie.

Jetzt brauche ich die ganze Woche, um mich mental auf einen einzelnen Termin am Wochenende vorzubereiten. Ein Plan, der schon Wochen im Voraus gemacht wurde, wofür ich meine gesamte Lebensenergie aufraffen muss ihn überhaupt durchzuführen.

Die Trotzdems und Vielleichts

Klar gibt es Leute mit größeren Problemen, die härter getroffen wurden von diesem weltweiten Monster als ich kleine Journalistin in einem reichen europäischen Land. Klar sind alle genervt und ausgelaugt.

Trotzdem sind meine Gefühle dieser Sache gegenüber eben da. Trotzdem ist es traurig, dass ein ganz lapidarer freier Tag, an dem ich eigentlich etwas ganz Normales gemacht habe, mich so aufrüttelt. Trotzdem ist die Wahrheit, dass ich mich leer und kreativ ausgelaugt fühle und jeder Schritt irgendwie anstrengender ist, als er sein müsste.

Vielleicht liegt es an meiner Millennial-Mentalität, enorm viel Energie auf meine Arbeit zu verwenden. Vor allem, wenn ohnehin nichts anders zu tun ist, als zu arbeiten. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass durch das große Auf und Ab mit Öffnungen und Schließungen, Teillockdown und Sonderregelungen, spontane Erlebnis scheinbar unmöglich geworden ist.

Die Sparflamme ist aus Versehen zum Status quo geworden.

Energie tanken und sie dann tatsächlich rauslassen, scheint ein anderes Ventil gefunden zu haben. Sich Zeit für sich nehmen und runter kommen ist wichtig und tut gut. Ich habe aber scheinbar mein gesamtes Energielevel in den letzten Monaten runtergeschraubt. Die Sparflamme ist aus Versehen zum Status quo geworden.

Zeit, den Ofen mal wieder ordentlich anzuheizen. An den Umständen und Einschränkungen kann ich nichts ändern, aber an meiner persönlichen Einstellung. Heute ist ein genauso guter Tag wie jeder andere, damit anzufangen.

CutsBlog/Katharina, ist eine Meisterin im Nach- und Überdenken. Sie trinkt generell mehr Wein als sie sollte, schläft weniger als sie möchte und schreibt langsamer als ihre Gedanken sich bilden können. Wenn sie dann mal schreibt, dann über Herzensangelegenheiten oder ihre Periode.

Headerfoto: olia danilevich (Kategorie-Button hinzugefügt und Bild gecroppt.) Danke dafür!

 

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