Geben und Nehmen: Gibt es überhaupt noch selbstverständliche Unterstützung in unserer leistungsorientierten Gesellschaft?

Grundsätzlich heißt es: „Hilf anderen und man hilft auch dir“. Aber stimmt das denn wirklich? Oder ist es nicht eher so, dass man öfter anderen hilft und keine Hilfe zurückbekommt? Oder dass man immer versucht, andere bestmöglich zu unterstützen, aber selbst keine Unterstützung von den jeweiligen Personen zurückbekommt? Oder ist es nicht auch so, dass wir uns viel zu oft denken: „Warum sollte ich das jetzt machen? Hat das einen Zweck oder Nutzen für mich?“

Diese Fragen kennen wir alle, auch wenn wir es uns nicht eingestehen wollen. Helfen aus Nächstenliebe kommt nicht in Frage. Man hilft nur, wenn man sich eine Gegenleistung erhofft. Ich wage zu behaupten, dass wir leider durch unsere Gesellschaft so erzogen werden. Wir sollen nach dem eigenen bestmöglichen Vorteil streben, unsere bestmögliche Leistung in den Vordergrund stellen.

Gibt es keine gegenseitige Unterstützung mehr?

Wir fragen uns immer im Unterbewusstsein, ob die Person, der man gerade helfen soll, dies auch für einen selbst machen würde. Viel zu oft denken wir: „Nein, also dafür habe ich jetzt keine Zeit. Außerdem würde man mir auch nicht helfen“, anstatt uns Zeit für unsere Mitmenschen zu nehmen und zu helfen. Aber nein, statt sich gegenseitig zu unterstützen, lässt man doch gerne auch Arbeit liegen, weil man sich denkt: „Soll es doch der:die Nächste erledigen.“

Entweder, weil man selbst unter Zeitdruck steht und sich nicht mehr mit Kleinigkeiten aufhalten kann, oder schlimmer noch, weil man einfach gerade keine Lust dazu hat. Dieses Denken entstammt aus dem permanenten Zeitdruck, unter den uns unsere leistungsorientierte Gesellschaft stellt.

Wir sollen in einer bestimmten Zeit eine gewisse Arbeit erledigt haben. Dabei darf nichts schief gehen. Es darf nichts dazwischenkommen. Brauchen wir länger, gibt es häufig Ärger. Deshalb lässt man dann lieber die „Kleinigkeit“ liegen. Aber zu welchem Preis?

Der:die Nächste hat den Ärger, muss sich darum kümmern. Dadurch entsteht Unmut. Vielleicht hat diese:r dann auch keine Zeit und lässt es liegen, sodass sich ein:e Dritte:r noch darum kümmern muss.

Wir sollen in einer bestimmten Zeit eine gewisse Arbeit erledigt haben. Dabei darf nichts schief gehen. Es darf nichts dazwischenkommen. Brauchen wir länger, gibt es häufig Ärger.

Aber soweit denken wir dann meistens nicht. Wir gehen einfach nur davon aus, dass wir keine Zeit dafür haben. Aber dass ein:e andere:r auch keine Zeit dafür hat, wird nicht gefragt. Unser Vorteil, unsere bestmögliche Leistung steht im Vordergrund.

Aber man selbst ist nicht zufrieden mit dem Gedankengang, denn wenn man selbst an der Stelle des:der Nächsten oder des:der Dritten steht, ärgert man sich. Man ärgert sich, warum man anderen hinterher räumen muss, man ärgert sich, wieso man selbst jetzt die „Sauerei“ wegmachen muss.

Aber eigentlich wollen wir doch alle in einer Gesellschaft leben, in der Nehmen und Geben oder besser Geben und Nehmen an der Tagesordnung stehen. Würde man sich gegenseitig mehr unterstützen, sich mehr helfen, wäre dies doch eine große Erleichterung für alle. Würde jede:r ihre:seine Sachen sofort wegräumen oder jede:r ihre:seine Hilfe anbieten, bzw. der Hilfe zustimmen, wenn man gefragt wird, wären wir eventuell sogar leistungsfähiger.

Helfen aus Selbstverständlichkeit und nicht aus Zwang

Wir würden uns weniger darüber aufregen, wieso andere ihre Sachen nicht wegräumen, uns nicht helfen. Zudem könnte jede:r seinen:ihren Vorteil dennoch anstreben. Wenn alle sich gegenseitig helfen würden, wäre es immer noch eine Leistung für eine Gegenleistung, nur dass es dann aus Selbstverständlichkeit geschehen würde und nicht mehr aus einem Zwang heraus. Man würde sich nicht mehr fragen müssen, ob die andere Person das auch für einen macht. Es wäre normal zu helfen.

Aber leider ist das nicht der Fall. Niemand von uns will Unangenehmes tun. Lieber soll die Arbeit an einer anderen Person hängen bleiben. Wir alle stehen unter Zeitdruck, in dem kein Platz für Unterstützung und Hilfe ist. Ich meine auch nicht, dass man zwanghaft anderen helfen muss, also andere Termine zwangsläufig absagen muss.

Wenn alle sich gegenseitig helfen würden, wäre es immer noch eine Leistung für eine Gegenleistung, nur dass es dann aus Selbstverständlichkeit geschehen würde und nicht mehr aus einem Zwang heraus.

Oder zwanghaft anderen hinterherräumt, mit dem Gedanken „mir wird ja auch geholfen“, sondern vielmehr zusammen die Dinge anzupacken. Sich frei zu machen vom Zeitdruck und Missgeschicke einzuplanen und diese nicht unter den Teppich zu kehren.

Denn häufig ist es doch so, dass wir uns fragen, ob andere uns auch helfen oder uns die Arbeit abnehmen würden und diese Frage des Öfteren verneinen. Und viel zu oft aus diesen Gedankengängen dann nicht helfen, nicht unterstützen.

Fragst du dich auch immer bevor du etwas erledigst, ob das nicht vorrangig in deinem Interesse steht, ob dies andere auch für dich machen und wo dein Nutzen darin liegt?

Eins46einhalb entspricht in keinerlei Hinsicht der gesellschaftlichen Norm. Sie ist eins46einhalb groß, ist vorlaut und hält sich nicht an gesellschaftlichen Gepflogenheiten. Sie ist ein kleiner Hitzkopf, dem es nicht mehr ausreichte, sich bei seinen Freunden über die Gesellschaft aufzuregen, so kam dann eines Nachts die Idee zum Blog eins46einhalb.

Headerbild: Etty Fidele via Unsplash. („Gesellschaftsspiel“-Button hinzugefügt und zugeschnitten.) Danke dafür!

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