Ich stehe in einem weißen Badezimmer. Es ist recht neu, so wie die ganze Wohnung. Purpurweiße Fließen ziehen sich an den Wänden bis zur strahlend weißen Decke. Der Boden ist mit grauen Fließen bestückt und bietet mir mit meinen nackigen Füßen Fußbodenheizungswärme.
Es ist ein Hochgenuss für alle Minimalist:innen. Nicht viel Chichi, dafür aber unpassend farbige Handtücher, ein paar Pflegeartikel. Weder Fön, Kamm noch andere überlebenswichtige Badezimmerprodukte. Der kleine Mülleimer, weit weg von der Toilette, ist leer und hat zudem auch keinen Müllbeutel.
Der kleine Mülleimer, weit weg von der Toilette, ist leer und hat zudem auch keinen Müllbeutel.
Auf dem Spiegel finde ich Zahnpastaspritzer – ich hoffe doch, dass es Zahnpasta ist – und der Waschbeckenrand ist mit kleinen überlebenden Barthaaren gepflastert. Neben der Toilette liegen witzige Bücher, die über den besten Schiss, die gesündeste Konsistenz und den absoluten Königskack informieren. Es ist zwar nicht perfekt geputzt, aber es ist grundsätzlich sauber. Ich fühle mich wohl.
Ich blute wie ein Schwein.
Ich befinde mich an Tag zwei meiner Periode und daher blute ich. Und wenn ich sage, dass ich blute, dann meine ich damit, dass ich alle zwei Stunden meinen Tampon wechseln muss, denn sonst wäre meine Hose voller Blut. Eigentlich nutze ich eine Menstruationstasse, doch in den ersten Tagen fühle ich mich einfach wohler mit Tampons.
Wenn ich sage, dass ich blute, dann meine ich damit, dass ich alle zwei Stunden meinen Tampon wechseln muss, denn sonst wäre meine Hose voller Blut.
Es ist einfach so ein Gefühl, denn die ersten beiden Tage sind schlimm. Nicht nur für mich, sondern auch für meine Mitmenschen. Entweder klopft dann die zickige Hexe oder das traurige Mäuschen an die Tür. Und dann kann Mann alles machen, was er will. Es ist falsch.
Ich muss also meinen Tampon wechseln – und das im neuen Bad meines Dates!
Menstruierende wissen, was das heißen kann. Ich stehe nun also in dem neuen weißen Bad meines Dates. Ich ziehe Hose und Höschen runter und platziere mich passend über der Toilette. Mein neuer Tampon steckt mir im rechten Mundwinkel, denn er muss schnell zur Stelle sein. Sitzen kann ich nicht, denn dann komme ich nicht mehr an meinen bereits vollgesogenen Tampon heran.
Stehen geht aber auch nicht. Das wäre zu gefährlich. Mit sehr viel Toilettenpapier bewaffnet ziehe ich also an dem Bändchen und mein Tampon will raus. Leider nicht so wie ich will, denn ich muss stärker ziehen. Ich versuche meinen Beckenboden zu entspannen und ziehe noch ein wenig doller.
Der Tampon schießt aus meinem Körper und schwingt einen Moment zu lange durch die Luft. Nicht nur die Hälfte des Toilettenrandes, sondern auch der Boden ist mit Spritzern kleiner roter Blutfleckflecken gesäumt.
Der Tampon schießt aus meinem Körper und schwingt einen Moment zu lange durch die Luft. Nicht nur die Hälfte des Toilettenrandes, sondern auch der Boden ist mit Spritzern kleiner roter Blutfleckflecken, -striemen und -fäden gesäumt. Panisch verstaue ich den Tampon im Toilettenpapier und tänzle um die Blutflecken herum. Ich will nicht hineintreten und sie noch mehr verteilen.
Deswegen bewege ich mich behände um das klebrig trocknende Blut herum und lehne mich zu dem Toilettenpapier herüber, damit ich wieder alles sauber machen kann. Dies alles mit heruntergelassener Hose, die mich am Gehen hindert. Die Blutflecken auf dem Fußboden trocknen schnell, ich kriege sie nur schwer ab. Und auch der graue Boden macht es mir schwer, alles zu entdecken.
Das Blut auf dem Toilettenrand hingegen lässt sich gut verschmieren, sodass aus dem Rot ein verteiltes Braun wird.
Ich habe da wohl was vergessen…
Jetzt merke ich, dass ich da noch was vergessen habe. Mein neuer Tampon steckt immer noch in meinem Mundwinkel und nicht in mir. Bei dieser blutigen Welle bedeutet das also, dass ich tropfe. Und das Blut landet auf meiner neuen Hose. Modern sollte es sein. Also welche Farbe hatte die Hose noch bis vor kurzem? Natürlich beige. Ich bin also auf der weißen Toilette meines Dates und nicht nur das Bad ist voller Blut, sondern auch meine tolle neue beige Hose. Wow.
Ich bin also auf der weißen Toilette meines Dates und nicht nur das Bad ist voller Blut, sondern auch meine tolle neue beige Hose. Wow.
Und dann wäre da noch was. Es ist demnach nicht nur alles voller Blut, sondern es stinkt auch noch. Es stinkt nach mir, nach meinem Blut, nach einem Tampon, der sich die letzten zwei Stunden in mir mit Blut gefüllt hat. Der Tampon ist inzwischen mit Toilettenpapier gesichert, aber auch das saugt sich mit Blut voll.
Ich will ihn in den Mülleimer werfen, doch der ist zu weit weg. Und er ist leer. Sollte er ihn also leeren, wird er mein kleines stinkendes Geschenk vorfinden. Doppelt Wow.
„Alles in Ordnung da drin?“
Natürlich hat diese Aktion inzwischen mehr als 10 Minuten gefressen und er steht vor der Tür. „Alles in Ordnung da drin?“ Einen kurzen Moment will ich ihn anlügen, irgendeine blöde Ausrede suchen. Doch dann entscheide ich mich für das Richtige. Ich will und muss mich nicht schämen. Ich lache laut auf und stecke einfach den neuen Tampon tief in meinen Körper hinein.
Er wird denken, dass ich gekackt habe. Soll er doch.
Dann ziehe ich genüsslich meine beiden blutigen Hosen hoch, mache alles so gut sauber wie es denn eben geht und drücke noch ein drittes Mal die Toilettenspülung. Er wird denken, dass ich gekackt habe. Soll er doch. Schließlich öffne ich die massive Toilettentür und trete selbstbewusst heraus: „Da würde ich jetzt besser erstmal nicht hineingehen.“
Headerfoto: Miriam Alonso (Kategorie-Button hinzugefügt und Bild gecroppt.) Danke dafür!
Ich versuche mit Kritik im Internet immer sehr sparsam und vorsichtig umzugehen, es gibt genug negativität im Netz.
Jede*r von uns menstruierenden Menschen hat so eine Story mal durchleben dürfen, manchmal sind sie messy, manchmal witzig, manchmal der Fluch des fehlenden Mülleimers. Ich liebe diese Stories, und das wir darüber reden und lachen!
Da finde ich es ein bisschen schade dass es am Ende der Geschichte doch wie etwas schamhaftes rüberkommt. Klar kann er (ich gehe mal von diesem gender aus) denken dass man in seine schöne neue kloschüssel gekackt hat, aber vielleicht hätte das Date die Story, wie sein Bad zu einer Kulisse aus ‚Carry‘ wurde, genauso gut gefunden wie wir 🙂