Seitdem wir uns vor einem Monat kennengelernt haben, ist etwas zwischen uns. Es war sofort da, ganz natürlich. Eine Ungezwungenheit, eine Art Komplizenschaft. Das starke Gefühl, dass du und ich, wir beide, uns auf einer emotionalen Ebene sehr ähnlich sind.
Ich bin neu in diese Stadt gekommen, in ein fremdes Land, ohne jemanden zu kennen. Und trotzdem hatte ich nie das Gefühl, wirklich allein zu sein. Du hast mir die Sicherheit gegeben, dass ich mich immer jemandem anvertrauen kann. Dass du mir immer dein offenes Ohr schenken wirst, wenn ich mal richtig jemanden zum Reden brauche.
Und gestern Abend, da haben wir zusammen mit den anderen gefeiert. In der ausgelassenen Stimmung voller Gemeinsamkeit und Verbundenheit mit meiner neuen kleinen Familie ging es mir so gut, dass ich anfing, mit dir zu flirten. Obwohl ich weiß, dass du glücklich vergeben bist und Verpflichtungen hast.
In dem Moment war mir das völlig egal. Der Moment war wunderbar, genau richtig, so wie er war und dieses Gefühl am richtigen Ort zur richtigen Zeit mit den richtigen Menschen zu sein, wollte ich so gerne mit dir teilen.
Lasset die Spiele beginnen
Ich ließ meine Lippen über deine Wange streichen, als du es nicht erwartetest. Nur ein Hauch, eine so sanfte Berührung, dass es auch ein Luftzug hätte sein können, draußen, auf dem Balkon. Du warst dabei mir irgendwas über irgendwelche Sterne zu erzählen, ich weiß wirklich nicht mehr was, weil ich von Anfang an nicht zugehört hatte.
Du gerietst ins Stocken, warst verdutzt, erstaunt, hast dich vielleicht auch geschmeichelt gefühlt. Ein kleines verschmitztes Lächeln umspielte deine Mundwinkel, bevor du den Kopf zu mir drehtest und mir die Wärme gabst, die ich gesucht hatte. Der Kuss war verboten und vielleicht auch genau deshalb so schön.
Ich verlor mich sofort in deinen weichen Lippen, während du die meinen erkundetest.
Ich verlor mich sofort in deinen weichen Lippen, während du die meinen erkundetest. Wir waren nicht allein auf dem Balkon, die anderen nur ein paar Schritte von uns entfernt, den Rücken zu uns gewandt in ihrem Gespräch, in ihrer Welt. Und wir in unserer.
Wir waren uns der Offensichtlichkeit und der Konsequenzen unserer Aktion bewusst und du flüstertest mir zu, dass wir das nicht dürfen, dass das nicht gut ist. Aber dein Tonfall und dein Lächeln verrieten mir, dass du das genaue Gegenteil dachtest.
Die Augen des Feindes sind überall
Wir flogen nicht auf. Bis heute frage ich mich, wieso wir nie erwischt worden sind. Weder auf dem Balkon, noch als du mich danach auf dem Sofa, versteckt vor den Augen der anderen unter der Decke masturbiert hast, noch an egal welchem anderen Tag der folgenden Woche.
Als du an dem Abend in geselliger Runde neben mir auf dem Sofa sitzend mit einem langen Feuerzeug an meinem Rücken entlang und hinunter in meine Jeans geglitten bist, hattest du mich. Vor den Augen der anderen, gefangen in einer unbefangenen Diskussion, der ich nicht folgen konnte, floss mir die Lust in die Unterwäsche und ich durfte es mir nicht anmerken lassen.
Mir wurde so heiß und jedes Mal, wenn dieses verdammte Feuerzeug ein bisschen zu weit in meine Hose glitt, zog ich scharf die Luft ein, aber innerlich stöhnte ich auf. Es war so offensichtlich, mein ganzer Körper musste nach meiner Lust auf dich riechen. Wie konnten die anderen nicht bemerken, dass ich unter deiner Folter immer geiler wurde und mich nur noch mit Ja und Nein an dem Gespräch beteiligen konnte?
Du spieltest mit mir und ich spielte mit. Und wir spielten unser Spiel gut.
Ich hatte Hunger auf mehr, aber du ließest mich hungern. Scheiß Hungerspiele. Also ernährte ich mich eben von den Leckerlies, die ich dir aus der Hand fraß. Und du, Idiot, tatst so als wäre überhaupt nichts, lachtest mit den anderen über ihre Witze und ließest mich an deiner Angel zappeln. Du spieltest mit mir und ich spielte mit. Und wir spielten unser Spiel gut.
Wir warteten darauf, dass die anderen ins Bett gehen würden, doch irgendwann mussten wir uns eingestehen, dass das wohl nicht mehr passieren würde. Der Alkohol und die Müdigkeit holten dich irgendwann ein und beendeten unser Spiel. Auch ich war am Ende und froh, den Spielen schlussendlich lebendig zu entkommen.
Nach dem Spiel ist vor dem Spiel
Jetzt sitze ich wieder draußen auf dem sonnendurchfluteten Balkon, es ist der Morgen danach. Ich denke an die letzte Nacht, an unser Spiel und frage mich, ob wir wirklich nicht aufgeflogen sind. Und während ich diese Zeilen schreibe, wachst auch du auf und kommst zu mir auf den Balkon.
Es herrscht entspannte Katerstimmung, du hast Kopfschmerzen und ich spüre nach wie vor die Komplizenschaft zwischen uns. Du legst deine Hand auf mein Knie, so als würde das rein gar nichts bedeuten. Als wäre nichts gewesen.
„Und wenn wir uns einfach nochmal ein bisschen hinlegen, solange die anderen noch schlafen?“
Ich habe nicht genug geschlafen und mit der warmen Sonne, die mir ins Gesicht scheint, kommt eins zum anderen und auch ich bekomme Kopfschmerzen. So sitzen wir ein bisschen, genießen die Zweisamkeit und die unausgesprochenen Dinge, die zwischen uns in der Luft knistern.
Du trinkst deinen Kaffee und ich schreibe – zum Glück verstehst du kein Deutsch. Doch langsam dehydriere ich. Ich muss raus aus der Sonne, doch die Wärme möchte ich mitnehmen, wenn ich gleich durch die Balkontür ins Innere gehe.
„Und wenn wir uns einfach nochmal ein bisschen hinlegen, solange die anderen noch schlafen?“
Headerfoto: Stockfoto von Sergey Sharkov/Shutterstock! („Sexy Times“-Button hinzugefügt, Bild gecroppt.) Danke dafür!