Die eine Verhütungsmethode gibt es nicht, sondern nur die, die zu dir passt – Was wir über NFP, Spiralen und Co. gelernt haben

Liebe Verhütende, wir sind zurück aus Köln, wo wir mit anderen Blogger*innen an einem Workshop zum Thema Verhütung teilnahmen. Geladen hatte Jenapharm. Wir geben zu, dass Pharmakonzerne bei uns wirklich keine Jubelschreie auslösen, aber den Zweck der Zusammenkunft fanden wir sehr unterstützenswert: Alle Anwesenden konnten über ihre eigenen Verhütungsmethoden sprechen und einem unabhängigen Frauenarzt stundenlang die Fragen ihrer Communitys stellen.

Was ist denn nun mit der Pille, der Spirale und Co.? Denn auch wenn man annehmen könnte, dass wir alle top über unseren Zyklus und die Verhütungsmethoden Bescheid wissen, zeigt sich in der Realität, dass es großen Nachholbedarf gibt.

Auch wenn wir anscheinend alle top über unseren Zyklus und die Verhütungsmethoden Bescheid wissen, zeigt sich in der Realität, dass es großen Nachholbedarf gibt.

In unseren jeweiligen Communitys starteten wir vorab eine Umfrage zum Thema Verhütungsaufklärung, um die Kernfragen dann gemeinsam mit den Fachleuten in Köln zu besprechen und miteinander zu diskutieren. Wir haben auf jeden Fall eine Menge gelernt und endlich mal das Kondom für die Frau anfassen dürfen. Spoiler: Es ist sehr groß und sehr feucht und gar nicht mal so geil.

2018 gab es in Deutschland 109.000 Schwangerschaftsabbrüche. Das ist eine Menge. Und diese Zahl gilt es, durch angemessene, individuell passende Verhütung und gezielte Aufklärung so stark wie möglich zu senken. Frauen gehen ja nicht mal eben einfach so abtreiben und „gönnen sich das“. Es ist nicht so, dass das irgendeiner Frau Spaß machen würde.

Unsere Vorab-Instagram-Umfrage (Ergebnisse unten) hat gezeigt, dass unsere Leser*innen eine Menge Fragen zum Thema Verhütung haben. Viele sind verunsichert, ob die Methode, die sie nutzen, die beste für ihre Bedürfnisse ist und haben das Gefühl, nicht besonders gut von ihren Gynäkolog*innen beraten zu sein. Viele von ihnen bekommen irgendein Mittel mit den Worten „Nehmen Sie das, das ist gut“ hingelegt und erledigt ist das Beratungsgespräch.

Viele Frauen bekommen irgendein Mittel mit den Worten ‚Nehmen Sie das, das ist gut‘ hingelegt und erledigt ist das Beratungsgespräch.

Das ist gar nicht mal so verwunderlich: Die Pauschale für die individuelle Beratung einer Frau beträgt im Quartal für die Gyns nur 7,98 €, egal, wie viele Fragen geklärt und Termine dafür wahrgenommen werden. Eine komplexe Verhütungsberatung ist für die Ärzt*innen also kein bisschen lukrativ. Schade eigentlich, wo es doch so wichtig für das eigene Leben ist, aufgeklärte, selbstbestimmte, bewusste und fundierte Verhütungsentscheidungen treffen zu können.

Wenn du also eine*n Gynäkolog*in hast, die sich Zeit für dich und deine individuellen Fragen nimmt: Halt sie*ihn fest. Das ist Gold wert und sollte dringend der Standard werden.

Gerade in Köln angekommen und schon die erste Hormonspirale verlegt.
Von 17 Millionen fertilen Frauen nehmen in Deutschland rund 50% der verhütenden Frauen die Pille. Die Einführung der Pille war ein wichtiger Schritt für die Emanzipation der Frau, denn sie verschaffte ihr eine gewisse Selbstbestimmung über ihren Körper. (Un-)Fun Fact: Noch in den Sechzigern musste der Ehemann einer Frau beim Gynäkologen sein Einverständnis dafür geben, dass die Frau die Pille nehmen darf. Unverheiratete Frauen kamen nicht in den Genuss der hormonellen Verhütung. Muss man sich mal vorstellen.

Wie wirken die Hormone auf unsere Körper, welche Nebenwirkungen treten auf, welche Alternativen gibt es?

Inzwischen sind viele Frauen unsicher, ob die Pille noch die richtige Wahl für sie ist. Wie wirken die Hormone auf unsere Körper, welche Nebenwirkungen treten auf, welche Alternativen gibt es? Leider nicht so viele:

Es gibt Underdogs wie das oben erwähnte Kondom für die Frau, das etwas umständlich anmutende Diaphragma, rausziehen und hoffen (ääääh) oder andere hormonelle Mittel (Stäbchen, Salben, Spiralen). Kondome empfinden viele Menschen als Spaßbremsen, die dann potenziell auch noch reißen können. Hach, ihr merkt, es ist nicht ganz so leicht.

Unsere Instagram-Umfrage hat ergeben, dass sich viele für natürliche, hormonfreie Methoden wie die Natürliche Familienplanung (NFP) oder Kupferpräparate interessieren.

In bester Aufklärungsgesellschaft.
Bei der NFP werden anhand spezifischer Körpersymptome die fruchtbaren und unfruchtbaren Tage im weiblichen Zyklus bestimmt. Um diese Methode zu verwenden, brauchst du die 100%-ige Bereitschaft, dich eingehend mit deinem Körper zu beschäftigen, jeden Tag vor dem Aufstehen zur gleichen Uhrzeit deine Temperatur zu messen und deinen Zervixschleim zu erfühlen.

Für die NFP brauchst du die 100%-ige Bereitschaft, dich eingehend mit deinem Körper zu beschäftigen

Um auf die NFP umzusteigen, rät der anwesende Arzt dazu, die Beobachtung deines Körpers zu üben und zu Beginn zusätzlich zu verhüten. Erst nach mindestens 3 durchgeführten Übungszyklen und wenn du dich mit der NFP total sicher fühlst, solltest du komplett auf sie umsteigen, klar. Apps oder kleine Computer können dir bei der Messung und dem Tracking helfen, du kannst aber auch oldschool Thermometer (einfach ab damit in die Vagina) und Notizbuch verwenden.

Wir persönlich haben uns für diese Methode (ergänzt durch Kondome an den fruchtbaren Tagen) entschieden, weil wir uns damit am wohlsten fühlen. Wir steuern aber auch auf die Vierzig zu, hatten unverhältnismäßig viel Sex im Leben (als ob) und sind mit unseren Gebärmüttern per Du. Wir kennen unsere Körper gut und für uns funktioniert diese Methode super. Außerdem sind wir so: Wenn wir schwanger werden, dann werden wir halt schwanger. Voll okay.

Für jüngere Frauen, Frauen mit weniger gutem Gefühl zu ihrem Körper und Frauen, die Kinder per se ausschließen, ist die Methode vielleicht nicht die beste, weil sie Raum für Fehler bereithält. Diese Verhütungsmethode ist nur so gut wie die Fähigkeiten der Anwenderin.

Jede Verhütungsmethode ist auch immer nur so gut wie die Fähigkeiten der Anwenderin.

Was uns als Alternative zur Pille überrascht hat, ist die Hormonspirale, auch Verhütungsschirmchen genannt. Ehrlich gesagt waren uns die Unterschiede zwischen Kupfer- und Hormonspirale nicht ganz geläufig – man sagt ja gerne einfach mal so salopp: Spirale. Die Hormonspirale besteht aus einem T-förmigen Trägerkörper aus flexiblem Kunststoff, an dessen Schaft ein Hormonreservoir angebracht ist, das direkt im Uterus etwa drei bis fünf Jahre wirkt.

Durch das Freisetzen geringer Mengen des Gestagens Levonorgestrel direkt in die Gebärmutter verdickt sich der Schleimpfropf im Gebärmutterhals, Spermien können nicht eindringen, werden in ihrer Aktivität und Befruchtungsfähigkeit gehemmt und die Gebärmutterschleimhaut wird nur noch ganz flach aufgebaut. Ihre Vorteile zur Pille: Dabei gelangen nur sehr geringe Mengen des Gestagens in den ganzen Körper und wirken zentrierter am Ort des Geschehens. Der hormonelle Eingriff auf den Körper ist deutlich geringer als bei jeder Pille.

Laut WHO ist die Hormonspirale nach dem Hormonimplantat die sicherste Verhütungsmethode, unter anderem, weil die Anwendung nicht vergessen werden kann.

Die aktuelle Generation der Hormonspiralen ist auch gut für (sehr) junge Frauen verträglich und geht meist mit einer kürzeren, schwächeren und weniger schmerzvollen Monatsblutung einher. Laut WHO ist die Hormonspirale nach dem Hormonimplantat die sicherste Verhütungsmethode, unter anderem, weil die Anwendung nicht vergessen werden kann.

Eine Freundin und ihre Schwestern verhüten so und sind sehr glücklich damit – für sie passt diese Methode perfekt. Falls du dich für diese Methode entscheidest, lass sie dir bei einem Arzt einsetzen, der das schon sehr oft gemacht hat. Da die Hormonspirale einfach nur in die Gebärmutter eingelegt wird und nicht wie die Kupferkette verankert werden muss, geht dies meist auch problemlos.

Hier wird fleißig gefragt und noch fleißiger gelernt.
Die Kupferpräparate (Kette, Spirale, Ball) geben ständig kleine Mengen Kupferionen in die Gebärmutter ab, die – zusammen mit einer Entzündungsreaktion – die schädlich für die Überlebensfähigkeit von Samen- und Eizellen sind und das Einnisten einer möglicherweise doch befruchteten Eizelle zusätzlich verhindern.

Die Kupferspirale (sieht aus wie eine Hormonspirale, ist anstelle des Hormonreservoirs aber mit einem Kupferdraht umwickelt) wirkt drei bis zehn Jahre. Allerdings ist sie nicht ganz so sicher wie andere Präparate, und Regelschmerzen und Monatsblutungen können stärker und länger werden und häufiger auftreten.

Einige unserer Leserinnen haben sich gefragt, was es in puncto Verhütung für den Mann Neues gibt. Spoiler: Nix!

Einige unserer Leserinnen haben sich gefragt, was es in puncto Verhütung für den Mann Neues gibt. Spoiler: Nix! Männer können nach wie vor auf das Kondom setzen oder sich direkt sterilisieren lassen. Obwohl es bereits seit Jahrzehnten Bemühungen zum Thema hormonelle Verhütung (in Form von Pillen, Spritzen und Cremes) für den Mann gibt, gibt es bislang immer noch keine Fortschritte, da sich dies wohl schwieriger gestaltet als bei der Frau. Hmm.

Dann kümmern wir uns halt weiterhin selbst drum und freuen uns über Partner, die sich für unsere und die gemeinsame Verhütungsmethode interessieren, Geld beisteuern und Kondome verwenden, sofern wir uns das wünschen. Solche Männer lieben wir besonders doll und haben diese glücklicherweise in unseren Leben.

Das Kondom für IN die Frau und der Dom für HINTER die Frau.
Was uns schon vorher klar war und am Ende des Workshops noch viel klarer ist: Es gibt nicht die eine Verhütungsmethode, sondern nur die, die zu dir und deinem Leben passt. Du kannst also Statistiken und Empfehlungen durchackern, aber nur du selbst darfst die bewusste Entscheidung treffen, was dein Mittel der Wahl ist.

Und als Außenstehende dürfen wir alle gemeinsam darauf achten, die Wahl der anderen zu akzeptieren und respektieren. Pillenshaming ist so 90er. Für viele Frauen funktioniert die Pille gut und sie fühlen sich wohl damit. Das sollten wir ihnen nicht ausreden. Für andere ist die beste Verhütungsmethode dann doch NFP, das Stäbchen oder der Ring. Ist doch super.

Es gibt nicht die eine Verhütungsmethode, sondern nur die, die zu dir und deinem Leben passt.

Was wir nach dem Tag in Köln auch noch mal stärker auf dem Verhütungsschirmchen haben: Wenn du Fragen hast, dann frag Fachmenschen. Dieses Thema ist zu wichtig, als dass es da Wissenslücken und „Ich hab mal gehört, dass“ geben sollte. Du darfst deine*n Gynäkolog*in löchern, diese Broschüre der BZgA durchstöbern, dich mit Freund*innen austauschen, deine*n Partner*in mit ins Boot holen und immer, immer auf deine Intuition hören. Denn du weißt am besten, was dir gut tut und was das geilste Verhütungsmittel ist, wo gibt.

Vielen Dank für den aufklärenden Tag in Köln, unsere Moderatorin Paula Lambert sowie dem Gynäkologen Dr. Massimo Lombardo, der unfassbar feinfühlig und großartig über weibliche Themen sprach, und Dr. med. Alexander Deten.

Hier sind die Umfrageergebnisse aus unserer Instagram-Story. Alle unsere Storys zu dem Thema kannst du auch noch mal hier angucken.

FRAGE 1: Wie gut fühlst du dich zum Thema Verhütung aufgeklärt? 

Auf einer Skala von 1 bis 100 durchschnittlich: 79

FRAGE 2: Wo informierst du dich? 

Gynäkolog*in: 46%
Internet/Blogs/Instagram: 45%
Freund*innen: 37%
Bücher/Fachliteratur: 9%
Mama/Eltern: 6%
Das ist mein Beruf: 4%
Eigenes Körpergefühl: 3%

FRAGE 3: Wie verhütest du?

Kondome: 48%
Pille: 18%
NFP: 9,5%
Kupferspirale/-kette: 9%
Hormonspirale: 5,5%
Ring: 5%
Abstinenz: 3%
Eh gerade schwanger: 2%

FRAGE 4: Wie zufrieden bist du mit deiner Methode?

Bin zufrieden: 691 = 71%
Würde gerne wechseln: 279 = 29%

FRAGE 5: Was hältst du von hormoneller Verhütung?

Hab davon keine Ahnung: 39 = 3%
Finde das okay: 304 = 27%
Ich halte davon Abstand: 789 = 70%

FRAGE 6: Wie gut weißt du über den weiblichen Zyklus Bescheid?

Auf einer Skala von 1 bis 100 durchschnittlich: 75

FRAGE 7: Ist es dir wichtig, dass dein natürlicher hormoneller Zyklus trotz Verhütung erhalten bleibt?

Ja, sehr: 980 = 87,5%
Nein, eher egal: 140 = 12,5%

FRAGE 8: Was ist dir wichtiger in Sachen Verhütung?

Sicherheit: 725 = 64%
Natürlichkeit: 415 = 36%

FRAGE 9: Was ist dir wichtiger in Sachen Verhütung?

Keine oder wenig Hormone: 958 = 88%
Eine geringe Blutungsdauer/-stärke: 132 = 12%

FRAGE 10: Über welche Verhütungsmethode möchtest du mehr erfahren? 

NFP/Temperaturmessung: 34%
Kupferkette/-spirale: 28,7%:
Hormonspirale: 13%
Verhütung für den Mann: 6%
Diaphragma: 5,5%

Vielen Dank, Köln – du bist schön!

WERBUNG: Unsere Reise nach Köln wurde von Jenapharm finanziert. Wir begrüßen die Unterstützung eines Pharmaunternehmens, wenn wir ohne jegliche Vorgaben über unsere natürlichen Verhütungsmethoden berichten können und euch gleichzeitig alle anderen Methoden genauer vorstellen dürfen. Hoffentlich ist was für euch dabei. <3

Headerfoto: Stockfotos von TanyaJoy (Pillen, Kondome) + Image Point Fr (Spiralen)/Shutterstock. („Körperliches“-Button hinzugefügt.) Danke dafür!

ANNI ist Gründerin von im gegenteil und seit vielen Jahren verheiratet. Mit einem echten Mann! Wahnsinn! Mittlerweile hat sie sogar ein Kind. Willkommen im Spießerleben <3. Anni ist Texterin, Konzepterin, hat ein Händchen für Sales und kann ALLES organisieren. Die Frau liebt Nachhaltigkeit, verkuppelt für ihr Leben gerne Menschen und legt manchmal noch als Fleshdance DJs im Club auf. Aber nie länger als bis 1:30h! Wegen Schlafen! Im Büro sorgt Annibunny für Atmung, Spirituelles, sehr gute und sehr sehr schlechte Gags. Stay funny. Stay hydrated. Stay Frischluft.
JULE ist Gründerin von im gegenteil und Head of Love. Sie schreibt (hauptsächlich zu therapeutischen Zwecken über ihr eigenes Leben), fotografiert Menschen (weil die alle so schön sind) und hat sogar mal ein Buch verfasst. Mit richtigen Seiten! Bei im gegenteil kümmert sie sich hauptsächlich um Kreatives, Redaktionelles und Steuererklärungen, also alles, was hinter dem Rechner stattfindet. In ihrer Freizeit schläft sie gerne, sortiert Dinge nach Farben und/oder trägt Zebraprint. Wer kann, der kann. Inzwischen ist sie - entgegen ihrer bisherigen Erwartungen - glücklich verheiratet.

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