Irgendwann lösche ich deine Nummer! Warum ich dich bis heute nicht vergessen kann

Ein Jahr nachdem ihr Freund sich von ihr über WhatsApp getrennt hat, ist unsere Autorin noch traurig darüber, dass sie ohne ein vorheriges Gespräch vor vollendete Tatsachen gestellt wurde. Wird sie es irgendwann schaffen, seine Nummer zu löschen?

Du bist schon länger nicht mehr Teil meines Lebens. Aber immer noch Teil meiner Gedanken. Immer, wenn ich glaube, dich endlich losgelassen zu haben, tauchst du wieder auf und brennst dich zurück in meinen Kopf. Wie kann es sein, dass du einfach nicht gehen willst? Wie kann es sein, dass ich mir so schwer damit tue, dich zu vergessen. Und warum hast ausgerechnet du mich so geprägt?

Sie läuft mal wieder – diese eine Playlist, bei der ich mir gestatte, meinen Herzschmerz zuzulassen und wie in einer schnulzigen RomCom auf meinem Lesesessel zu sitzen, mit einer Tasse Tee in der Hand, und meine Gedanken schweifen zu lassen. Diese eine Playlist, die so voller Erinnerungen steckt. Nicht unbedingt nur an dich – aber vieles davon.

Sang und klanglos über WhatsApp, während ich noch auf meiner Yogamatte im Wohnzimmer saß.

Heimfahrten, bei denen ich dich so sehr vermisst habe, dass mir die Tränen kamen und ich diese Playlist nutzte, um alles rauszulassen. Abende, an denen mir der Abstand und dein Schweigen schier unerträglich schienen und ich mit diesen Liedern neuen Mut und neue Kraft schöpfte. Und der Moment der Trennung. Sang und klanglos über WhatsApp, während ich noch auf meiner Yogamatte im Wohnzimmer saß und gerade meine Session beendet hatte.

Ich sehe noch alles vor mir. Die Tränen auf der Matte und dem Handydisplay, deine Worte, die in meinem Kopf widerhallen und die Ungläubigkeit, dass das gerade wirklich passiert ist.

Mein Plan war ein anderer

Eigentlich war es abzusehen. Und eigentlich hatte ich mir eine Art Deadline gesetzt, bis wann ich das alles noch still ertrage. Doch in meiner Vorstellung sollte das alles ganz anders laufen. Es sollte ein Gespräch geben, bei dem jeder die Möglichkeit hätte, seine Sicht der Dinge darzulegen. Es hätte einen Plan geben sollen, wie wir das gemeinsam durchstehen. Es hätte Beteuerungen meinerseits geben sollen, dass ich für dich da bin. Und es hätte Antworten von dir geben sollen, wie wichtig dir das Ganze ist.

Nicht mal ein Wort des Abschieds. Vielmehr glich es einem Vertragsende.

Doch all das sollte es am Ende nicht geben. Nicht mal ein Wort des Abschieds. Vielmehr glich es einem Vertragsende. „Unter diesen Umständen ist eine weitere Zusammenarbeit nicht möglich.“ Es folgten zahlreiche Abende, an denen ich im Bett lag und mich Heulkrämpfe ereilten. Geschüttelt von Schluchzern und dem unbändigen Drang zu schreien, lag ich stundenlang wach und fragte mich, wie es nur so weit hatte kommen können.

Das Gedankenkarussell drehte sich unermüdlich um die Suche nach dem Fehler, den ich begangen hatte, dieses eine Detail, weshalb du mich nicht wolltest, diese Frage, warum ich wieder nicht genügte.

Ein Jahr später und die Gedanken sind noch da

Über ein Jahr später habe ich diese Gedanken noch immer. Auch wenn ich ein Stückchen weiser geworden bin und besser darin, den Fehler nicht immer bei mir zu suchen. Mittlerweile habe ich sogar ein paar Antworten von dir bekommen, die es allerdings kein Stück leichter gemacht haben, dich zu vergessen. Denn sie haben mir eines offenbart: Hättest du den Mund aufgemacht, nicht für mich mitentschieden, dann wäre es gar nicht so weit gekommen. Dann hätte es dieses Gespräch aus meiner Vorstellung gegeben und ich hätte deine Ängste beruhigen können.

Eine Garantie dafür gibt es nicht, das ist mir bewusst. Aber zumindest hätte es eine reale Chance gegeben.

Deine Nummer ist immer noch auf meinem Handy gespeichert, du siehst dir immer noch all meine Statusmeldungen an. Wie oft habe ich dich schon ins Archiv von WhatsApp geschoben, weil ich es noch nicht über mich brachte, deine Nummer zu löschen. Und dann haben wir doch nochmal geschrieben, weil ich dich etwas gefragt habe, weil ich etwas aufarbeiten musste. Bei anderen vor dir war das kein Problem. Wenn nichts daraus geworden ist, wurde das kommuniziert, Kontakt löschen, gelöscht, erledigt. Du nicht.

Wie oft habe ich dich schon ins Archiv von WhatsApp geschoben, weil ich es noch nicht über mich brachte, deine Nummer zu löschen.

Jedes Mal, wenn mein Finger über der „Kontakt löschen“-Taste schwebt, fehlt mir die letzte Kraft, den Schritt auch zu gehen. An meinem persönlichen Tiefpunkt lag ich nachts wach und las alte Nachrichtenverläufe. Von damals, als du noch so Feuer und Flamme für das zwischen uns warst und ich kaum glauben konnte, dass jemand so begeistert von mir und meiner Art war. Als es schier unmöglich schien, dass man sich so guttun und Beziehung einfach mal unkompliziert sein könnte. Als es so aussah, als hätte ich endlich jemanden gefunden, der meine Haltung zum Konstrukt Beziehung teilte, der Freiheiten schätzte und sie auch geben konnte.

Und gerade das ist es, was mir immer noch einen Stich versetzt. Es war keine rosarote Brille, die mich Dinge ignorieren ließ oder verschleierte. Es war die einfache Tatsache, dass wir gleich tickten und in dieselbe Richtung wollten. Bis es bei dir im Leben zu voll wurde und du dem Irrglauben erlegen bist, du könntest mir nicht mehr das geben, was ich brauche. Mich hast du dabei gar nicht gefragt. Du hast für mich entschieden und ich hatte keine Möglichkeit, das klarzustellen. Stattdessen hast du mich vor vollendete Tatsachen gestellt.

Es war zu schön, um wahr zu sein

Du hast meinen Glauben daran geschmälert, dass es einen Menschen auf der Welt gibt, der mich wirklich sieht, der keine Torschlusspanik hat und der eine Beziehung auf Augenhöhe anstrebt. Der nicht erwartet, dass das eigene Leben und die eigene Individualität aufhört zu existieren, sobald man zusammen ist, und der mit einer starken Frau umzugehen weiß. Das war es, wo ich hinwollte, wonach ich strebte. Du hast alles vereint. Es war zu schön, um wahr zu sein.

Jetzt bin ich wieder da, wo ich angefangen habe, die Hände voller Werte, aber niemanden, mit dem ich sie teilen kann.

Doch jetzt bin ich wieder da, wo ich angefangen habe, die Hände voller Werte, aber niemanden, mit dem ich sie teilen kann. Ich weiß, dass ich das hinbekomme. Hat bisher auch geklappt. Du bist jetzt eben ein Level schwieriger. Und mit jedem Schritt, den ich gehe, mit jedem Tag, an dem ich nicht an dich denke, bewege ich mich Stück für Stück weiter weg von dir. Und vielleicht werde ich dich sogar vergessen können und deine Nummer tatsächlich aus meinem Handy löschen.

Julia, 31, fährt viel zu oft auf ihrem Gedankenkarussell. Um dem Chaos mit dieser ominösen Gefühlswelt Herrin zu werden, nutzt sie die therapeutische Wirkung des Schreibens und der Musik. Wenn sie nicht gerade mit Freund:innen bei einem Bier über dieses und jenes philosophiert und die Herausforderungen und Widersprüchlichkeiten des menschlichen Seins ergründet, stillt sie ihre Reiselust oder isst was Leckeres.

Headerfoto: Yaroslav Shuraev (Kategorie-Button hinzugefügt.) Danke dafür!

6 Comments

  • Ich fühlst gerade mit. Per WhatsApp Schluss machen ist das mieseste was esgibt für denjenigen der zurück bleibt mit tausend Fragen.

  • Hallo,
    heute nach 4mon Trennung hab ich gesehen, dass er mich gelöscht hat. Ich bin so traurig. Als er mich ohne Erklärung fallengelassen hat, bin ich auf keinen Kontakt gegangen, oft wollte ich schreiben, ich vermisse Dich usw…mein Selbstschutz hatte es mir verboten und ich wusste genau, er denkt ich laufe ihm hinterher. Menschen die „Ich Liebe dich“ sagen und dann einfach weg sind können nicht wirklich Lieben. Seine Beziehungsbilanz eine Katastrophe, aber Frau denkt ja, bei mir wird alles besser. Die bittere Antwort Nein wird es nicht. Zurück bleiben dann Menschen, die sich fragen, wer war mein Partner und durch keine Aussprache und Begründung ist man lang am Leiden!!!!!!

  • Das kenn ich auch und dann noch die Worte „es liegt nicht an dir, sondern an mir.“ – ein richtiges Gespräch wurde versprochen, gab es aber nie – wie so viel.

    Es ist jetzt über zwei Jahre her und ich hab es immer noch nicht geschafft seine Nummer zu löschen.
    Manchmal meldet er sich, Smalltalk. Warum er sich meldet, keine Ahnung. Ich weiß nur, dass ich auch noch antworte…

  • Ohje, das kann ich so gut verstehen. Gerade ganz frisch bei mir am 20. März passiert. Er hat mir eine kurze Nachricht geschrieben, dass ich mich nicht wundern soll wenn ich nach Hause komme…wir seien beide im Sumpf…er hat beschlossen, dass es nicht weitergeht. Er hat seine Sachen gepackt, während ich nicht zu Hause war, um dem Gespräch aus dem Weg zu gehen, weil er nicht diskutieren wollte, wie er in einer 2. abschließenden Whats App Nachricht erklärte. Das Gefühl nicht gut genug zu sein hat er noch unterstrichen, in dem er daran dachte seinen Netlix & Spotify Account vom TV zu löschen und auch daran meine gemeinsam gefüllten Tupperdosen abgewaschen zurückzugeben, als er in meine verlassene Whg ging, um den Schlüssel zu meiner Whg. symbolisch zu hinterlassen.
    Loslassen ist so schwer, weil die Hoffnung in einem keimt…..

  • Kann ich gut nachempfinden, über WhatsApp Schlussmachen ist ein Tiefschlag im modernen Beziehungsleben, habe ich gerade auch erlebt nach 2 Jahren toxischer On-Off-Beziehung, in denen man versucht hat, alle Widrigkeiten zu überstehen, Zugeständnisse macht und sich für den anderen verbiegt, macht es von einem Moment zum anderen „keinen Sinn“ mehr. Im letzten Satz schreibst Du „Dich vergessen können und Deine Nummer löschen“ – geht es bei der emotionalen Verarbeitung von „gescheiterten“ Beziehung nicht eher um eine bewusste Einbeziehung der Erfahrung als Teil der eigenen Entwicklung ? Wenn Du nach einem Jahr immer noch an ihn denkst, war es eine besondere Beziehung zumindest für Dich, das solltest Du Dir bewahren. Meine Ex-Freundin hat mir erklärt, dass sie mich unter anderen Umständen geheiratet hätte, um eine Familie zu gründen, da ich die Liebe ihres Lebens sei, dann hat sie per WhatsApp Schluss gemacht und gesagt, dass sie unter Liebeskummer leidet…. da steht mann wie ein nackter Idiot im Eisregen

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