Du kannst nicht schlafen, sagst du. Eine Erinnerung, die du gerne verdrängen würdest. Die du, vielleicht am Tag, doch sicherlich nicht mehr in der Nacht verdrängen kannst. Sie kommt dir im Vergleich unwichtig, banal, beinahe normal vor. Deine Worte bleiben im Hals stecken, deine Tränen liegen diffus in der Luft. Ein Gefühl als würden wir im Nebel stehen. Kein Geschmack, keine Farbe, nur Gewicht hat dieser Nebel.
Du würdest dich gerne aus diesem Grau kämpfen. Doch während dein Geist kämpft, sitzt dein Körper steif auf dem Stuhl, dein Blick ist grau und taub. Du siehst von außen ruhig aus. So als könntest du dein inneres Zittern verschleiern. Du kannst es nicht ganz benennen oder greifen. Dir fehlen Worte, die nicht so schmerzhaft sind wie die Wahrheit. Dir fehlt das Vertrauen, wenn du sie ausgesprochen hast, wieder in deine Form zu kommen. Dir fehlt so viel. Wie das Gefühl, unversehrt zu sein.
Rational weißt du, dass du dein „Bestes“ gegeben hast, wenn es denn ein „Bestes“ in dieser Situation, in diesen Situationen gegeben hätte. Ein Zweifel, ob gut nicht gut genug war. Kann man Noten verteilen beim Ziehen von Grenzen?
Du fürchtest, wenn du weinst, kommt es aus jeder Pore deines Körpers. Als wäre dein Körper deine Seele und deine Seele, sie scheint dir zerbrochen und zersplittert.
Dann ist da Scham, du kriegst sie nicht aus deinem Körper, so wie du auch nicht weinen kannst. Du würdest richtig gerne weinen – und kannst es nicht. Nicht heute. Nicht damals. Du fürchtest, wenn du weinst, kommt es aus jeder Pore deines Körpers. Als wäre dein Körper deine Seele und deine Seele, sie scheint dir zerbrochen und zersplittert. Das würde niemand außer dir über dich sagen, das weißt du hoffentlich. Und doch, so fühlst du dich. Nicht immer. Aber wenn es unklar, trübe wird, zieht Nebel auf.
Dann ist da ein kurzer Augenblick von Sehnsucht, ein Lächeln. Weil du die Nacht liebtest. Weil du es liebtest, dich hinzugeben, weil du es liebtest zu vertrauen. Du hast gelernt, dass Lieben, Hingabe, Vertrauen gefährlich sein kann.
Du sitzt da, keine Träne bricht aus dir heraus, aber der Schmerz umgibt dich wie ein Nebel. Du sagst dir, es ist nur eine Erinnerung. Sie ist keine Definition von einer Person. Sie ist sicherlich keine Definition von dir. Opfer. Du kannst nicht schlafen.
Du frierst, dein Blick kurz, leer und voll zugleich. Du bist hundemüde, aber dein Kopf rotiert. Dann Selbstvorwürfe, dass es nicht zu mehr als zu glasigen Augen reicht und du bei anderen Themen geweint hast wie ein Schlosshund.
Ist der Kopf nicht ein Assoziations-Monster? Wie kann ein Wort, ein Geruch, eine Geste dich zurück in eine Erinnerung zerren, die du so gern auslöschen würdest. Warum jetzt?
Eine neue Liebe reißt alte Wunden auf, die es endlich zu heilen gilt
Wäre nicht diese neue Liebe plötzlich da, hättest du diesen Moment lange noch begraben gelassen. Keiner hat dir gesagt, wie anstrengend Vertrauen ist. Dass du mit jedem Schritt in das Mehr an Vertrauen auch alte Wunden aufreißt. Als würdest du den Weg zurück durch die Hölle gehen. Jeder Schritt wie durch Moor, deine Gefühle grau und taub. Zwischen Schmerz und Heilung liegt ein Nebel.
Noch mehr Selbstvorwürfe. Ist es nicht erschreckend, wie normal es ist, wie oft es vorkommt? Dass es andere vielleicht schlimmer getroffen hat? Dass selbst beim Leiden das Vergleichen nicht aufhört. Du schämst dich für einen Moment in deinem Leben. Du schämst dich dafür, dass dieser Moment in deinem Leben bis in die Gegenwart hineinreicht. Egal, wie lange dieser Moment war.
Ich verstehe, dass du die nächste Frage nicht beantworten willst. „Was fühlst du nun?“ Eine Antwort darauf macht keinen Spaß. Nicht, weil sie ein Klischee erfüllt. Sondern weil es einfach keinen Spaß macht zu fühlen, was du gefühlt hast. Es braucht Zeit. Es braucht Mut, bis du diese Gefühle auf deinen Lippen spürst anstatt um dich herum. Die Trauer, den Schmerz, die Hilflosigkeit, die Sehnsucht nach Ganzheit. Du atmest dicken Nebel ein. Trauer und Scham und Angst, mehr Trauer, mehr Angst. Kann man Erinnerungen rauchen?
Du möchtest innerlich schreien. Am liebsten wegrennen, bis da nichts mehr ist. Am liebsten noch lauter schreien. Es geht nicht. Dir ist kalt und übel und du bist so müde und kannst immer noch nicht schlafen.
Dein Kopf sucht nach einer Erklärung: zu aufreizende Kleidung, falsch verstandene Freundlichkeit, gesellschaftliche Norm, der Kontrollverlust mancher Männer. Ob du dich hättest lauter wehren sollen? Ob dein Nein lauter hätte sein sollen?
Ich sehe, wie du mit dir kämpfst. Du wärst gerne schon weiter. Du würdest gerne sagen, dass du dein Trauma längst überwunden hast. Deinem Körper sieht man – zum Glück – dein Leid schon lange nicht mehr an. Deinem Gesicht in seltenen Momenten schon.
Dein Kopf sucht dann nach einer Erklärung: zu aufreizende Kleidung, falsch verstandene Freundlichkeit, gesellschaftliche Norm, der Kontrollverlust mancher Männer. Ob du dich hättest lauter wehren sollen? Ob dein Nein lauter hätte sein sollen? Früher kommen hätte müssen? Wann ist der richtige Moment für Zurückweisung – im Nachhinein sind wir alle schlauer. Aber war es wirklich eine Frage von Timing, von deiner Intelligenz? Auch ohne, dass du Schuld trägst, hält sie dich wach.
Können dich jetzt meine Worte erreichen? Erreicht dich, dass ich finde, dass du mutig bist. Dass du heil bist. Dass du immer ganz warst. Dass du nicht alleine bist. Dass du Hilfe finden kannst. Dass dich niemand verurteilt. Dass deine Tränen wie das Gold sind, mit dem Porzellan in Japan repariert und veredelt wird. Kintsugi. Sich selbst akzeptieren zu können braucht Übung. Es ist eine Kunst. Kannst du das einmal sagen, laut, nur für dich, um einen Schritt aus den Nebel zu treten?
Selbstakzeptanz und Selbstliebe brauchen Übung und Zeit
„Ich liebe und akzeptiere mich, egal, was passiert ist. Ich liebe und akzeptiere mich, egal, was ich nicht getan habe. Ich liebe und akzeptiere mich, auch wenn mein Nein nicht gehört wurde. Ich liebe und akzeptiere mich, auch mit meiner Geschichte. Ich liebe und akzeptiere mich, trotz meines Schweigens. Ich liebe und akzeptiere mich, egal was mir passiert ist. Ich liebe und akzeptiere mich, egal was passiert ist. Ich liebe und akzeptiere mich, egal was passiert ist. Ich liebe und akzeptiere mich.“
Headerfoto: Aldo Delara via Unsplash. („Wahrheit oder Licht“-Button hinzugefügt und zugeschnitten.) Danke dafür!
Ich fühle das.
Ich kann nicht weinen. Ich kann nicht schreien. In meinen Träumen schreie ich und es kommt nichts raus und das zerreißt mich. Es kommt nie ein Ton aus mir. Nie.
Und ich denke wenn irgendwann mal ein Ton raus kommt, dann wird es nie wieder aufhören und wie eine Flutwelle aus mir herausbrechen und die Person, die es trifft werde ich für immer verlieren. Wer soll mit so etwas schon klar kommen, wenn man es selbst nicht kann.
Diese ganzen aneinandergereihten Worte beschreiben ganz genau…. ich kenne diesen Nebel, die Tränen, die nicht fließen und die Schreie, die stumm bleiben.