Hermann | 25 | Berlin

„Nur durchs Fragenstellen bleibt man im Kopf.”

Ein Neustart ist heilsam. Manchmal unumgänglich. Meistens richtig. Wer von vorn beginnt, hat nicht aufgegeben, sondern dem steht die größte Herausforderung noch bevor. Nichts Geringeres habe ich heute von unserem Single des Tages gelernt.

Hermann erwartet uns an diesem etwas grauen Sonntag bereits in seiner Vierer-WG in Berlin-Mitte. Hier wohnt der 25-Jährige zusammen mit seiner Schwester und zwei alten Freunden, seit er sich vor nicht einmal einem Jahr dazu entschlossen hat, Wohnung, Auto und Job in der Vorderpfalz an den Nagel zu hängen und nach Berlin zu ziehen. “Alle Zeichen standen auf Neustart”, erzählt uns der Studienberater im Wohnzimmer der stilvoll eingerichteten Altbauwohnung, während er Fotografin Mone und mir einen Tee zum Aufwärmen aufgießt. “Es gab nichts, das mich in meiner alten Heimat hielt”, fügt er schulterzuckend hinzu.

Es hat zwar mehrere Anläufe gebraucht, aber heute fühlt sich Hermann in seinem Job und seinem Leben angekommen. Viele Wege führen eben nach Rom – oder wie in Hermanns Fall – ins weltoffene und bunte Berlin.

Aber immer der Reihe nach. Die “alte Heimat”, damit meint Hermann das rheinländische Pirmasens. Seine Familie zog von Kasachstan nach Deutschland als er gerade zwei Jahre alt war. “Ich war das klassische Sandwich-Kind”, verrät er uns, “mein großer Bruder durfte gar nichts, meine kleine Schwester alles und ich stand irgendwo dazwischen.” Vielleicht erklärt das auch Hermanns sittenwidrige Punkerjugend. Auf seine Grundschulzeit als aufgeweckter Klassenclown folgten nämlich schon bald ein paar draufgängerische Teenie-Jahre.

“Pirmasens war so konservativ, dagegen musste man einfach rebellieren”, erzählt er uns. “Meine Freunde und ich haben aber auch richtige Scheiße gebaut. Das würde ich heute nicht mehr machen.” Wurde der besonnene Studienberater etwa kriminell? No way! “Na ja, ganz so schlimm war es dann auch nicht”, lacht Hermann, “obwohl mein Style echt verboten gehört hätte.”

Damals – als Schwarz noch nicht den Berliner*innen, sondern der Punk- und Metalszene vorbehalten war – trug Hermann nämlich am liebsten lange Haare, Band-Merch und Springerstiefel. “Meine Lieblingsshirts waren die von Slipknot und Children of Bodom. Die habe ich, genau wie die Nietengürtel, im Keller verstaut. Heute würde ich die nicht mehr tragen. Obwohl – fürs Kitti reichen sie vielleicht noch.”

Auf die Frage, wie Hermann seinen Kleidungsstil heute beschreiben würde, gibt es aus seiner Sicht nur eine Antwort: “Ich liebe Happy Socks!” Dass dieses Gelübde keineswegs untertrieben ist, beweist uns ein Blick in Hermanns Sockenschublade. Dafür hat er uns geradewegs in sein Zimmer gelotst – oder besser gesagt in eine urbane Oase.

Sein Zimmer teilt sich Hermann mit einem guten Dutzend Grünpflanzen und könnte ebenso gut der Fotoserie eines Hochglanzmagazins für Interior Design entspringen. Außerdem scheint an Hermann eine zweite Marie Kondo verloren gegangen zu sein. “Etwas Gutes hatte die Zeit in Pirmasens dann vielleicht doch”, scherzt er, als Mone und ich unserer Bewunderung Ausdruck verleihen.

“Nachdem ich meine Punkerphase überstanden und die mittlere Reife abgeschlossen hatte, habe ich eine Ausbildung zum Einrichtungsfachberater angefangen”, erzählt er uns. “Das war der Beginn einer Reihe von Dingen, die ich eigentlich nie tun wollte.” Wenn Hermann über seine Vergangenheit spricht, wirkt es fast so, als spräche er von jemand anderem.

Nach besagter Ausbildung zog Hermann ins weiter östlich gelegene Landau in der Oberpfalz. “Dort gefiel es mir schon besser als in Pirmasens”, erzählt er, “viele Studenten, eine grüne Regierung und eine tolle Landschaft.” Hier ist Hermann oft auf Erkundungstour gegangen. Immer dabei: seine Kamera. “Ich habe mir die Spots mit den besten Lichtverhältnissen mit genauer Uhrzeit notiert, um für spätere Shootings wiederzukommen”, erzählt er.

Doch auch in Landau fühlte sich unser Single irgendwann nicht mehr wohl. Nach einem weiteren Job im Möbelvertrieb kam der entscheidende Entschluss für einen Neustart in der Hauptstadt völlig unverhofft gemeinsam mit seiner Schwester zwischen den Umzugskartons einer Freundin: “Wir ziehen nach Berlin und gründen eine WG!” Gesagt, getan. Binnen weniger Wochen hatte das heutige Vierergespann seine Traumwohnung gefunden und Hermann den Job an der Mediadesign-Hochschule als Studienberater in der Tasche.

Hier kann Hermann sich seiner großen Leidenschaft, der Fotografie, endlich so widmen, wie er es sich lange erträumt hat. Er darf das Campus-Studio für private Projekte nutzen und an Messen und Fortbildungen teilnehmen. Außerdem genießt er den kreativen Austausch mit seinen Studierenden und den Dozent*innen. Einmal hat er sogar den Manager seines Lieblingsautors kennengelernt – den von Sebastian Fitzek.

“Ich glaube eigentlich nicht an das Behalten von Büchern”, erklärt Hermann, als er uns als Beweis seine beachtliche Thriller-Sammlung zeigt. Diese Romane und die Känguru-Chroniken von Marc-Uwe Kling würde er aber trotzdem nicht weiterverschenken. Momentan liest Hermann Safari des Lebens von John Strelecky, ein Buch über Selbstverwirklichung. “Dazu hat mich meine kleine Schwester inspiriert”, erzählt er, “Obwohl sie jünger ist als ich, kann ich in der Hinsicht viel von ihr lernen.”

Das Verhältnis der Geschwister war zwar schon immer gut, seit sie zusammen wohnen, sind sie aber unzertrennlich. Sogar Kampfsport machen sie beide – Hermann geht zum Muay Thai, seine Schwester zum Krav Maga. Obwohl sich unser Single das rückblickend vielleicht anders überlegen würde: “Meine Schwester ist nicht besonders gut im Zielen. Zum Glück gibt es den Tiefschutz! Aber immerhin haben wir so einen legalen Weg gefunden, unsere Meinungsverschiedenheiten aus dem Weg zu räumen.”

Die nächsten sportlichen Meilensteine, die Hermann anvisiert, sind auf seinem Visionboard am Kopfende seines Bettes abgesteckt. Seit sechs Monaten nimmt er Unterricht im Thaiboxen und will sich bald schon auf seine ersten Wettkämpfe vorbereiten. Aber keine Panik, ein Schlägertyp ist Hermann in keinem Fall. Der unbefangene und freundliche Rheinländer ist die Hilfsbereitschaft in Person.

“Helfen macht zu großen Teilen meine Arbeit als Studienberater aus”, erklärt er, “außerdem bin ich davon überzeugt, dass man das, was man gibt, was man fördert und was man wertschätzt, irgendwann wieder zurück bekommt.” Den besten Beweis dieser Theorie liefert Hermann im direkten Anschluss, als er uns von seiner letzten Reise nach Georgien erzählt.

Dank einer georgischen Studierenden, die er selbst betreut hat, haben seine Schwester und er einen komplett ausgearbeiteten Reiseplan an die Hand bekommen, mit jeder Menge authentischer Highlights, einer privaten Opernvorstellung und unvergesslichen Bekanntschaften.

Hermann ist generell ein sehr geselliger Mensch. Wäre der Single nicht gerade mit uns beschäftigt, würde er mit seinen Mitbewohner*innen dem gemeinsamen Sonntagsritual frönen: Pizza – vegetarisch oder vegan – und Netflix. Derzeit bingen die Freunde am liebsten Vikings, Dark und Sex Education. Wie es sich für echte Rheinländer gehört, werden dazu hin und wieder auch edle Tropfen kredenzt.

“Wir sind alle ziemliche Wine-Addicts”, gesteht Hermann. Zu seinen persönlichen Favoriten zählen vor allem liebliche Sorten, wie Morio Muscat oder Mädchentraube. Etwas wilder als die Sonntage gestaltet Hermann dafür das restliche Wochenende. Mit seiner Schwäche für Techno ist er in der Berliner Clubszene auch bestens aufgehoben. Am liebsten tanzt Hermann zu den Beats im Tresor und im OHM. Die Outdoorbereiche vom Kater Blau oder vom Sisyphos wird er in den Sommermonaten wieder unsicher machen.

Komisch, dass IHR euch dabei noch nicht begegnet seid! Wir finden, es wird Zeit, das zu ändern. Wenn du auch ein Herz für Pflanzen hast, dich für vegetarische und vegane Leckereien begeistern kannst, um sie bei einem gemeinsamen Boxtraining mit dem Fotografen aus Leidenschaft wieder abzutrainieren, dann hau’ in die Tasten und füll’ gleich das untenstehende Kontaktformular aus. Wir drücken euch die Daumen!

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MONE wollte schon Fotografin werden, seit sie denken kann. Nachdem sie ihr Abitur auf dem zweiten Bildungsweg nachgeholt hatte und Mediendesign studiert hat, kann sie ihrer Leidenschaft auch beruflich nachgehen: Jetzt arbeitet sie als Fotografin, Cutterin und Regisseurin und versucht stets, ihre feministischen Überzeugungen in ihre Arbeiten mit einfließen zu lassen. Bei Meer, Live-Musik, Hummus und Lichtreflexen, die auf Wasser brechen, geht ihr Herz auf. Bei Rote Bete eher nicht so. Sorry but not sorry. Am glücklichsten ist sie jedoch, wenn sie als rasende Reporterin auf einem E-Roller durch Berlin cruisen kann.
JOSEPHINE - Josie - hat ihren Namen einem Peter-Maffay-Song zu verdanken, erzählt aber jedem, er sei eine Hommage an Joséphine Bonaparte. Seit mehreren Jahren lebt und arbeitet die gebürtige Anhaltinerin (nicht Sächsin!) nun schon in der Hauptstadt und hat sich schnell vom Landei zum Vorzeigehipster gemausert. Das Schreiben kann sie seit Schulzeiten nicht mehr lassen: Von Spickzetteln und Liebesbriefen ist sie über Uni-Zeitung und TV schließlich noch bei im gegenteil gelandet. Ihre Freizeit widmet Josie am liebsten Hundebabys, Hardcore-Musik und Eiskrem. Derzeitiger Favorit: Zitronenkuchen von Aldemir Eis am Schlesi.

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