Samstagmorgen nach dem Aufwachen wusste ich es eigentlich schon: Nun ist der Moment gekommen, an dem es nicht mehr weitergeht. Vor etwas über einem Jahr, an meinem 30. Geburtstag, hat sich irgendetwas in mir verändert und ich wusste erst einige Monate später, was genau es war: Ich liebte dich nicht mehr.
Zumindest nicht so, wie man jemanden lieben sollte, den man bald heiraten wird. Aber die Liebe für dich als guten Menschen, der du zweifellos bist und eben alles, was mit dir war und ist, war so stark, dass ich nicht wusste und vor allem nicht mehr spüren konnte, was richtig und was falsch ist. Über ein Jahr, indem ich unzählige Abstürze und Totalausfälle hatte, weil ich einfach mit der Last der Gefühle überfordert war und nicht wusste, wohin mit mir.
Viel zu oft saß ich am nächsten Morgen auf den kalten Fliesen im Bad während ich noch nicht wusste, ob ich nun wirklich spucken musste oder nicht.
Viel zu oft saß ich am nächsten Morgen auf den kalten Fliesen im Bad und während ich noch nicht wusste, ob ich nun wirklich spucken musste oder nicht, entdeckte ich an meinem Körper Narben und blaue Flecken aus der Nacht. Oft konnte ich auch Tage später nicht feststellen, von welchen Zäunen oder Stürzen sie eigentlich stammten.
Gestern, am Samstag, habe ich dann mal wieder mein bestes Schauspiel aufgeführt, in dem ich dir tausend Gründe dafür nannte, weswegen ich erst mal für einige Stunden unterwegs und nicht erreichbar sein würde und das alles nur, weil ich in Wirklichkeit einfach nicht mehr bei dir sein konnte. Ich habe es nicht ausgehalten zu wissen, dass ich dir dein Herz brechen und unsere Hochzeit absagen werden muss. Die Gefühlslast erdrückte mich, also tat ich das, was ich in so einer Situation halt immer mache. Klassiker.
Heute dann, am Sonntag, war es an der Zeit. Ich fühlte die Worte in mir, die dich gleich, während du in einer Decke eingekuschelt vor dem Fernseher sitzend, aus deinem bisherigen Leben reißen würden. Ich hatte nasse Haare, trug ein schwarzes Nachthemd und saß mit zittriger Stimme neben dir. Du wusstest, was kommen würde, hast du danach gesagt und bei mir kamen nur noch Tränen, die auch jetzt noch fast ununterbrochen fließen.
Mir fallen auf einmal die kleinen Dinge auf, die unser bisheriges gemeinsames Leben ausmachten, wie die pinkfarbenen Rosen, die die letzten Blumen sein werden, die du mir jemals mitgebracht hast.
Schadensbegrenzung betreiben: E-Mails an schon eingeladene Gäste schreiben, Location absagen, Eltern informieren. Alles davon machst du mit Fassung, aber ich kenne dich, ich höre dich seufzen und stöhnen und glaube, dass du weinst. Mir fallen auf einmal die kleinen Dinge auf, die unser bisheriges gemeinsames Leben ausmachten, wie der gemeinsame Kalender, unser Payback-Konto und die pinkfarbenen Rosen, die auf dem Esstisch stehen und die die letzten Blumen sein werden, die du mir jemals mitgebracht hast.
Pinke Rosen … war da nicht was? In der Singlebörse, in der wir uns vor fünf Jahren kennengelernt hatten, benutzte ich den Nicknamen „myrosesarepink“, weil mir kein besserer einfiel, ich höchstwahrscheinlich leicht einen sitzen hatte und auf dem Tisch in meiner Küche in Hamburg-Harburg zufällig pinkfarbene Rosen standen.
Es fing also mit pinkfarbenen Rosen an und endet auch hier: unsere Geschichte. Die fünf gemeinsamen Jahre, die vier davon in der gemeinsamen Wohnung, die wunderschönen Reisen, der unromantische Heiratsantrag auf einem Balkon im Gewitter auf Mallorca, die Payback-Karten, die Pärchenabende, die niedlichen Spitznamen, die schrecklichen Fotobücher deiner Mutter und alles, was ein Leben sonst noch so in der Realität ausmacht.
Es gibt nun eigentlich keine Worte mehr außer: Du warst das Beste, was mir passieren konnte. Du hast mich gesehen, als ich noch gar nicht wusste, wer ich war. Ich liebe dich dafür und für so vieles mehr, aber für ein Leben hat es nicht gereicht.
Headerfoto: Victoria Sereda via Unsplash.com. („Gedankenspiel“-Button hinzugefügt.) Danke dafür!
(Vorweg: das ist der erste Post, den ich auf diesem Blog lese, also weiß ich gerade nicht, ob eine Vorgeschichte bekannt ist)
… und man fragt sich, weshalb es nicht gereicht hat und wieso du den Antrag erstmal angenommen hast und was bei euch „schief gegegangen“ ist.
vlg