Pool aus Hamburg: Drei Jungs, hipsterig ohne es sein zu wollen, zugleich derbe und wahnsinnig authentisch. In eine Schublade lassen sie sich weder musikalisch noch menschlich stecken. Und von mir schon gar nicht. Den Sommer über nahmen sie ihr neues Album auf, welches im Frühjahr erscheinen wird. Dazu wird es dann eine Deutschland-Tour, Festivals und Videos geben, der Guardian hat die Band unlängst als Geheimtipp gefeiert. Bei Pool tut sich was – auch ohne Label. Aufregende Zeiten. Zwischen ihren diversen Promoterminen des Tages traf ich die Jungs im legendären Andy’s Diner am ZOB in Berlin. Es gab Chili con Carne, Nusstraum-Eisbecher und eine Diskussion über Nackenpop, die kreative Szene Hamburgs und Online Dating. Wohl bekomm’s.
Hallo Pool. Stellt euch doch mal kurz vor.
David: „Wir sind drei Boys aus Hamburg – Nils, Daniel und David, momentan 22, 22 und 23 Jahre alt und wir wohnen seit drei Jahren zusammen im Westen Hamburgs. Meistens sind wir in unserer WG zu sechst – sechs Jungs – es geht viel um Musik, weil wir da auch unseren Proberaum haben. Seit wir 13 sind spielen wir zusammen in einer Band. Auch immer genau so. Es gab nie jemand anderes. Nur uns drei.“
Daniel: „Mit 16 haben wir damals schon in der Prinzenbar auf der Reeperbahn gespielt. Das war irgendwie krass.“
Daniels Chili Con Carne kommt an.
David: „Woooah!“
Daniel: „Danke. Genau so hab ich mir das vorgestellt!“
Nils: „Das hätt ich ja nie gedacht. Das wird in nem Nacho serviert quasi! Überkrank.“
Selbstvertrauen – das Rezept eines jeden Gangster-Rappers. Die sind alle so dumm in der Birne, aber weil die einfach permanent aufwachen und denken, sie hätten den längsten Penis auf Erden und es genauso in die Welt raustragen, wird es dann auch genauso aufgenommen.
Ihr wart im Guardian neulich „Band of the Day“. Die konnten euch allerdings genre-mäßig nicht so ganz einordnen. Ich eh nicht. Was macht ihr denn nun für Musik?
David: „Unser Manager sagt immer: Wir sind wie Phoenix oder Foals aber fresher.“
Daniel: (Lacht.) „Das ist echt mal ne Ansage. Also für uns ist es Pop. Oder zumindest würden wir uns Pop so wünschen. Ach, seine eigene Musik kategorisieren zu müssen fuckt derbe ab. Mir war bis zu dem Tag, an dem mir mal jemand gesagt hat, ich sei wahnsinnig passioniert, nie klar, dass ich es bin. Wir haben halt mit dreizehn angefangen und nicht drüber nachgedacht. Das trägt sich von Tag zu Tag weiter und ist das Normalste der Welt. Ähnlich mit dem Genre. Das ist halt irgendwie einfach so.“
David: „Ich würde sagen: Schöner Gesang, poppig, nett, schöne Melodien und catchy, gleichzeitig aber auch total verkopft und kompliziert. Moderne, gute Popmusik und das in irgendwie intelligent. Kein Nackenpop.“
Nackenpop? Ist das was Versautes? Klärt mich bitte auf.
Daniel: „Na, Nackenpop halt. Hier, so David Guetta, Silbermond, Juli, Tim Berg, Avicii – auf Hochglanz produziertes Zeug. Der Titel ‚Gute Popmusik‘, den wir uns jetzt hier gerade mal verliehen haben, ist etwas, das sich erst verdient werden muss, finde ich.“
David: „Auf dem Album haben wir größtenteils ‚Grower‘. Fünf-/sechsmal hören, dann hast du alles gecheckt, das bei uns abgeht, und dann sagst du so: Ja, das ist schon nice. Jetzt hab ich’s kapiert. Es gibt aber auch Songs, die direkt durch die Vordertür kommen und: Hallöchen!“
Seid ihr geile Typen? – Ja, natürlich! Wenn wir das nicht denken würden, dann würden wir das alles hier nicht machen.
Hamburg als Stadt, Zuhause und kreative Szene – fühlt ihr euch da gut aufgehoben?
Daniel: „Als Zuhause definitiv. Als kreative Szene? Weiß nicht. Besonders inspirierend finde ich die Stadt eigentlich nicht.“
Nils: „Ich hatte irgendwann schon mal das Gefühl, zu so einer Szene zu gehören. Als es den Club Ego noch gab. Hamburg ist natürlich besonders geprägt durch die Hamburger Schule – Tocotronic, die Goldenen Zitronen und wie die alle heißen – da gibt es eine Szene für, total. In dem Genre, in dem wir unterwegs sind, gibt’s dann echt nicht so viel. Das merkt man auch daran, dass wir mit wenigen deutschen Bands interagieren – außer vielleicht mit Sizarr – das sind die allergeilsten Typen – und den Fuckies.“ (Fuck Art, Let’s Dance)
Geht ihr denn aus in Hamburg?
Daniel: „Momentan nicht.“
David: „Ich war im letzten Jahr so wenig weg wie noch nie zuvor in meinem Leben, seit ich so 14 bin. Wirklich.“
Daniel: „Das Golem ist schon nice, das kann man empfehlen. Ich liebe auch die Parties im Goldenen Salon.“
Nils: „Ach, so ein Alltime-Favourite ist auf jeden Fall auch der Pudel.“
David: „Der geilste Club für mich war in Hamburg immer das Ego, aber das gibt’s nicht mehr.
Die Außentemperatur beträgt ein Grad über Null. Nils schiebt seinen Eisbecher zur Seite.
Nils: „Woah. Fuck, mir ist zu kalt.“
David: „Darf ich das noch essen?“
Wir sind derbe zufrieden mit dem Album. Das wird supernice. Vor allem war das eine mega Entwicklung. Wir haben ein Jahr lang aufgenommen und sehr viel gelernt.
Thema Mädchen! Totale Frechheit: Ihr seid alle in festen Händen. Würdet ihr die Girls mit auf Tour nehmen?
Daniel: „Nö. Das ist übertrieben intim – ich glaub, ich würde mich fast ein bisschen genieren vor meiner Freundin. Schwer zu erklären. Seeleute haben ja auch keine Frauen mit aufs Schiff genommen. Das ist nicht despektierlich gemeint, aber es stiftet Verwirrung. Ich würd da nicht drauf klarkommen.“
Online Dating ist für euch ja nicht relevant, aber kriegt ihr das mit in eurer Gang? Machen das die Leute Anfang zwanzig überhaupt?
Nils: „Es gibt ja verschiedene Plattformen. So was wie Tinder oder Grindr, was schon eher an unserer Generation dran ist, oder dann halt so Parship und – wie heißt das? – Elitepartner. Das kennt man nur aus der Pro7-Werbung.“
Daniel: „Akademiker und Singles mit Niveau. Für mich ist Tinder einfach ne Sex-App.“
Nils: „Na ja, das kommt auf den Menschen drauf an, der es benutzt.“
Daniel: „Ja, von mir aus. Ich krieg das so gesehen gar nicht mit – außer vielleicht bei Single-Freunden von meinem Vater. Generell eher aus meiner Eltern-Generation, weil die nicht mehr so aus dem Haus gehen.“
Nils: „Funktionales Kennenlernen ist das dann. Da wird man ja ausgewertet nach Interessen. Ich stell mir das ein bisschen kaltherzig vor, muss ich sagen, irgendwie kalkuliert.“
Und jetzt noch ein Bewerbungsgespräch-Klassiker: Wo seht ihr euch in zehn Jahren? Meint ihr, es wird sich was verändern?
Nils: „Es verändert sich die ganze Zeit was!“
David: „Ich denke da megaviel drüber nach, weiß auch nicht wieso. Das Schlimmste wäre aber – gerade bei dem, was wir machen -, Dinge zu planen. Wichtig ist es, sich gewisse Ziele zu stecken.“
Nils: „Unabhängig davon, was wir heute machen, ist ja die Fluktuation, was zum Beispiel Jobs angeht, unglaublich hoch. Langfristig mach ich mir da jetzt noch keine Gedanken. Ich setze jetzt alles auf diese eine Karte, und dann schauen wir mal. Wir waren jetzt erstmals richtig lange auf Tour im Oktober mit der UK-Band The 1975. Das war heftig, da waren teilweise 3000 Menschen. Was für uns vor allem interessant war: Das ist ein ganz anderes Publikum. Wie bei einer Boyband. Die stehen ungelogen abends schon vor den Hallen und übernachten davor. So eine Produktion mal anzugucken war schon super interessant.“
David: „Man braucht immer so ein bisschen Distanz, um das für sich zu reflektieren. Das mit der Tour scheint inzwischen nicht mehr real in der Wahrnehmung, aber das sind Erlebnisse und Erfahrungen, die wir gemacht haben. Wir sind einmal durch ganz Europa gefahren. Und selbst für den Fall, dass du am Ende nicht so erfolgreich bist und derbe viel Zeit verschwendet hast: Wir haben so viel gelernt. Das kann uns niemand mehr wegnehmen.“
Nils: „Einmal Nightliner wäre aber noch geil.“
David: „Kriegen wir hin.“
Pools Debutalbum Snacks & Supplies erscheint am 24. April. Mehr Infos zu den Jungs gibt’s bei Facebook und im Web.
Pool auf Tour: 20.04.2015 – Berghain, Berlin | 21.04.2015 – Ponyhof, Frankfurt | 22.04.2015 – Milla, Munich | 23.04.2015 – Blue Shell, Cologne | 24.04.2015 – Haldern Pop Bar, Haldern | 25.04.2015 – Prinzenbar, Hamburg | 27.04.2015 – Bärenzwinger, Dresden | 28.04.2015 – Werk 2, Leipzig. Tickets dafür gibt es hier.