„Ich will mal in die Politik – oder eine Bar aufmachen.“
Es ist Montagmorgen, 11 Uhr. Wir sitzen vor der Bar Vicino im Stuttgarter Westen, schlürfen lecker Kaffee (vielleicht den besten der Stadt?) und machen uns startklar. Ok, wir pressen Koffein, dass es kracht und schnattern wild drauf los. Denn, es ist Montagmorgen, 11 Uhr. Und Phipsi, der eigentlich Philipp heißt und nach eigenen Additionskenntnissen tausend Spitznamen besitzt, ist eine Ausgeburt an Sympathie und Humor. Brace yourself, you might giggle during this journey.
Geschlüpft ist Phipsi fast auf den Tag genau vor 25 Jahren in Uhingen. Für alle, die jetzt denken „Uh-what?“, das ist da bei Göppingen, was wiederum jeder schon mal gehört hat. Als richtiges Kind vom Lande konnt’s idyllischer kaum werden – mit riesiger Wiese hinterm Hause, aus der im Winter schon auch mal eine hoch frequentierte Rodelbahn wurde. Olympiaverdächtig! Im Sommer wurden dafür im Wald Lägerle gebaut. Und ja, das sind Lager aus Holz, Stöcken und Ästen, in denen die wilden Kerle die Tage verbracht, gegrillt und klar, Jungszeug gemacht haben. Dass der Phipsi dir so ein Lägerle in Windeseile baut, ist auch kein Wunder, wenn man vom Herrn Papa schon mit 12 Jahren an den Stahlbohrer gestellt wurde. Denn getreu dem Motto „Schwäbische Mittelschicht – jedes Jahr wird irgendwas gebaut“, entstand letzten Winter das erste Mal ein Snowpark im eigenen Garten. Dass dafür natürlich auch eigene Rails geschweißt wurden, ist ja eigentlich selbstredend.
Snowboarden ist übrigens ein Riesending, ob jetzt im eigenen Garten oder in so ziemlich jedem Skigebiet in der näheren und ferneren Umgebung: Sobald die Saison anfängt, weißt du, wo du Phipsi in seiner Freizeit findest. Momentan hängt er in der Schräglage ab, wo er am Wochenende arbeitet. An freien Abenden dürfen es dann gerne das Kap Tormentoso, alles um den „Hans im Glück“-Brunnen und das 1210 sein. Und auf jeden Fall ist er bei jeder Soul Explosion im BIX anzutreffen. Das klingt jetzt schon nach musikalischer Bandbreite sondergleichen? Ist es auch. Als junger Teen durch Skaten nach Stuttgart gekommen, fand Phipsi im Juha West ein zweites Wohnzimmer und war dort auf so ziemlich jedem Hardcore- und Punk-Konzert anzutreffen. In der siebten Klasse kaufte er sich Meteora von Linkin Park und wie guter Wein reifte ab da der Musikgeschmack und entfaltete sich in die unterschiedlichsten Richtungen. Bis heute Schrammelmusik im Herzen, hört der Boy Soul, Folk, 70’s Psychedelic und Hip Hop. Wobei ihm bei letzterem oftmals die Aussage fehlt. Denn Texte sind wichtig, grade im Bereich gröhlende Gitarren-und-Schrei-Musik, da man ja vermeiden will, versehentlich zu politisch verdrehten Bands den Head zu bangen. Du merkst, hier hat jemand Ahnung von Musik. Und richtig viel Leidenschaft auch. Übrigens, absolutes Lieblingslied: Ain’t no mountain high enough. Ohrwurm zum Mitnehmen und Behalten, gern geschehen.
Alle anderen Arten von Kunst findet Phipsi auch richtig geil, hat sich an allem mal ausprobiert – Zeichnen, Schreiben, selber Musizieren. Leider musste er feststellen, dass Grobmotorik und fine arts nicht harmonieren, obwohl ihm schon im Kindi-Alter eine große Karriere als Künstler prophezeit wurde. Deswegen konsumiert er Kunst nun aktiv passiv auf Konzerten oder in Galerien. Hier hat er mal durch bloßes Anfassen eine Skulptur fast zerstört. Aber ist ja alles gut gegangen, das Ding hatte auch nur ein Wert von knapp 10.000 Euro. Seinen Drang nach Umsetzung lebt er jetzt in der eigenen Werkstatt aus. Ja, die hat er. Nach Stahlbohren (wir erinnern uns) und Autos schrauben, heißt das neueste Projekt „Fahrrad“ und bisher – Achtung – läuft’s ganz gut. Das Schöne an der Mechanik sind einfach die logischen Zusammenhänge: Wenn du A machst, passiert B. Und wenn nicht, hast du irgendwo was falsch gemacht. So auch im Job, als gelernter Mechatroniker und Techniker on top arbeitet Phipsi bei einem Hersteller für Elektrowerkzeug und ist dafür zuständig, dass hier qualitativ alles tip top ist und bleibt. Wenn er sich bis irgendwann ein neues Wirtschaftssystem ausgedacht hat, dss auch wirklich funktioniert, dann geht er in die Politik. Wenn nicht, eröffnet er seine eigene Bar. Die hat auch schon einen Namen und ein Konzept und ist in der Theorie voll ausgefeilt. Wie das aussieht, lässt du dir von Phipsi mal schön selber erzählen.
Da wir ein Freund von kleinen Schritten sind, steht nächstes Jahr erst mal ein Umzug nach Stuttgart an. Lohnt sich ja auch nicht, immer das Rumgegurke mit dem Zug, wenn man fast täglich im Kessel cornert. Sicher ist, dass es irgendwann mit Frau und Hund im Gepäck zurück ins Grüne geht, denn Dorfkinder sind einfach die glücklicheren Kinder. Unterschreiben wir so. An dieser Stelle können wir endlich ein paar Worte über SIE verlieren, wobei es da gar nicht viel zu sagen gibt. Denn sie sollte einfach offen und sympathisch sein, entspannt so wie Phipsi selber – hallo, Harmoniebedürfnis! Außerdem mit seinen Freundeskreisen auskommen (Ja, Plural, der Mann ist einfach beliebt. Und wir wissen auch wieso!), gerne viel draußen sein und irgendwie einen eigenen Stil haben. Schließlich ist Kleidung eine Ausdrucksform und da sind wir auch schon wieder bei der Kunst. Doch eigentlich kommt es nur auf diese beiden Punkte an: eine gute Unterhaltung ist pures Gold. Dabei ist es eigentlich die viel größere Kunst, sich nicht mit unserem Phipsi unterhalten zu können, denn der ist ein unstillbarer Quell an Geschichten und Wissen und Witz. Und sie MUSS Pizza mögen. Ich wiederhole: Pizza muss. Über alles andere lässt sich sprechen, aber hier könnten sich die Geister wirklich scheiden.
Was sich noch über Mister P. sagen lässt? Negroni und Gin Tonic sind super, top Favoriten Monkey oder Applaus – trust your local Gin! Serien-technisch gehen gut: Penny Dreadful, Game of Thrones, Californication und Klondike. Außerdem Bear Grylls, wegen dem sich Phipsi auch mal alleine in der Pampa aussetzen lassen will, einfach um zu schauen, wie weit er kommt. Zudem ist er ein totaler Hunde-Narr und weiß jetzt schon, eines Tages stolzer Besitzer eines Rhodesian Ridgeback zu sein. Wieso der? Wegen der guten alter Punk-Zeit und dem lustigen Iro auf dem Rücken der Hunde.
Seit acht Jahren ist Phipsi Vegetarier und brutalster Käsefan außerhalb Hollands. Als Linkshänder geboren gehört er wohl zu den letzten seiner Art, die noch zu Rechtshändern umerzogen wurden. Eigentlich verdienen so eingestaubte Ansichten von damals einen Klaps auf den Po, aber dafür kann er jetzt mit beiden Händen schreiben – und zwar gleichzeitig. Schon mal einen beidhändig geschriebenen Liebesbrief bekommen? Selbstredend hat er zwei unterschiedliche Handschriften. Und selber sagt er darüber: „Wenn ich mal versuche, eine Bank zu betrügen, dann mach ich das mit links.“ Die Generation Internet sagt rofl und die ersten Schmetterlinge klimmen empor. Also worauf warten?
Echter, guter und echt guter Typ mit Seltenheitswert, der sonntags mit dir Pizza im Bett essen will. Besser kann’s nicht werden. Du brauchst nicht zweimal zu überlegen, du wirst ihm eh schreiben.
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Sorry, Phipsi hat jemanden kennengelernt. Du kannst ihm leider nicht mehr schreiben.
Aber keine Sorge. Alle Porträts aus Stuttgart gibt es hier.