David | 36 | Halle

„Wie definierst du als Rollstuhlfahrer guten Sex? Ganz einfach: wenn danach das Profil runter ist.“

Nur knapp einen Katzensprung von Leipzig entfernt treffen wir an diesem sommerlichen Tag im Norden von Halle auf David. Noch bevor eine unangenehme Stille entstehen kann und wir uns in peinlich berührten Floskeln verlieren, erzählt uns David gleich: „Ihr könnt mich alles fragen. Wirklich alles!“ Wir müssen lachen. Na gut, junger Mann, du hast es so gewollt.

David hat ein Handicap seit seiner Geburt. Spastische Tetraparese lautet die Diagnose. Das bedeutet, dass in allen vier Gliedmaßen eine spastische Lähmung herrscht, erklärt er uns. Wir treffen ihn in seinem Reich, wie er so schön sagt. Er wohnt noch bei seinen Eltern, aus dem einfachen Grund, dass er auf die Unterstützung und Hilfe angewiesen ist und mit seiner Pflegestufe höchstwahrscheinlich mit 36 Jahren im Seniorenheim sitzen würde. Aber das ist Quatsch!

Wir bekommen von Davids Mutter sofort einen frisch gebrühten Kaffee auf den Tisch gestellt und sehen uns in seinem Zimmer mit den kleinen Erinnerungen aus den letzten Jahren um. Ja klar, sein Zimmer erinnert nicht an die typische Junggesellenbude, aber ehrlich gesagt ist das nach wenigen Minuten auch schon wieder egal. Butter bei die Fische, wir sind ziemlich neugierig und fragen David zuallererst nach seinen letzten drei Beziehungen, vergangenen Dates, Erfahrungen mit einschlägigen Dating-Portalen.

Dabei sammelt David nicht immer die besten Erfahrungen, oder sagen wir mal so, skurril trifft es eher. „Ich hätte niemals gedacht, dass es einen Fetisch gibt, es mal mit einem Rollstuhlfahrer auszuprobieren.“ Aber ja, diese Erfahrung hat er gemacht.

Am Ende bleibt immer die Frage für ihn: Lebt jemand nur seinen Fetisch aus oder interessiert sich wirklich jemand für ihn? „In dem Moment sieht sie ja nur deine Behinderung, aber dich nicht ganzheitlich als Mensch“, erzählt er.

Noch verrückter ist eigentlich nur die Geschichte von einer Lady, die gern mit David zusammen gewesen wäre, wenn er doch aber laufen könnte. Schade Schokolade. „Für dich lerne ich nicht extra das Laufen!“, antwortete er dabei nur direkt und lacht.

Ein Punkt, den wir jetzt schon unglaublich toll an ihm finden: seinen ziemlich guten Humor und die pure Direktheit. Schüchtern ist David nun wirklich nicht. Auch nicht, wenn er an der Kasse in der Drogerie Kondome kauft. Schwierig sind irgendwie immer nur die Menschen auf der anderen Seite. „Da fragt dich die Kassiererin, ob ich denn weiß, was man damit macht.“

Unterm Strich gab es dann aber trotzdem vernünftige Dates. Nur die richtige Lady war eben noch nicht dabei. Abgesehen von seiner besten Freundin Kirstin, die ihn schon seit über 20 Jahren begleitet.

Aber jetzt ist Schluss mit Eignungstests und riesigen Formularbergen. Schließlich stehen wir auf der Matte. Geboren und in den ersten Jahren aufgewachsen ist David an der Saale in Bernburg. Zur Schule musste er dann allerdings weiter nach Halle ziehen, dort beendete er auch seine Schulausbildung und startete in den Berufsalltag einer Computerfirma.

Mittlerweile ist er seit 20 Jahren ein fester Bestandteil dieses Unternehmens und kümmert sich um das Digitalisieren von Krankenakten. Wir fragen, wie es ihm auf Arbeit gefällt. Er lacht: „Ihr wisst doch. Wie das eben so mit der Arbeit ist.“

Doch auch trotz aller Witzeleien und frechen Sprüche hören wir auch die ernsten Töne in seinen Worten. „Rollstuhlfahrer oder Menschen mit Handicap sind eigentlich bis heute nicht in der Gesellschaft angekommen, weil das bis heute für alle noch immer eine Neuheit darstellt oder man damit nicht umgehen kann“, sinniert er.

Dabei ist Direktheit, Offenheit und eine gesunde Neugier immer am ehrlichsten und unumgänglich. „Ob man nun um den heißen Brei redet oder nicht. Es ändert nichts an der Situation.“

Genau darauf steht er übrigens auch, wenn es um das Thema Frauen geht. Frauen, die wissen, was sie wollen und trotzdem dabei feminin und harmoniebedürftig sind, findet er anziehend. „Ich habe zwar die große Fresse, aber bin trotzdem sehr sensibel“, erzählt David.

Ein bisschen zurückhaltender ist er beim ersten Kontakt doch geworden und wartet lieber erstmal ab, wie sich der Augenkontakt so entwickelt. Möglichkeiten, sich kennenzulernen, gibt es natürlich immer, denn David bewegt sich nicht nur zwischen Arbeit und seinem Zimmer in elterlichen Gefilden, sondern ist auch gern viel draußen unterwegs.

Er liebt es, in Restaurants zu gehen, Grillpartys mit Freunden zu besuchen, mit den beiden geliebten Dalmatinerdamen Amy und Fibie Gassi zu gehen oder auf dem Wochenend-Grundstück mit Pool zu chillen. Spontan funktionieren solche Ausflüge nicht, doch mit Vorbereitung und Hilfe ist es kein Problem, die Zeit auch draußen zu genießen.

Aber bitte denk daran, dass Du auch pünktlich kommst. Denn Unpünktlichkeit mag er gar nicht. Genauso wenig wie einen verschwenderischen Lebensstil, Unordnung und Haare im Waschbecken.

Während wir ins Wohnzimmer wechseln und die beiden aufgeregten Dalmatiner kennenlernen, erfahren wir von David ganz nebenbei noch, dass er acht Jahre lang hobbymäßig für den Hallenser Radiosender MDR Sputnik moderierte und von dem heutigen Fernsehmoderator Jan Hahn entdeckt wurde. Pop- und Rapmusik hört er auch überaus gern. „Dank des Rollstuhl-Bonus‘ durfte ich auch schon Sido treffen“, erzählt er grinsend.

David ist wirklich überaus korrekt und bringt uns immer wieder zum Lachen. Seine Mutter steuert sogar noch einen Pluspunkt hinzu und betont seine Aufmerksamkeit. „David merkt sich alles und bemerkt auch alles. Sachen, die wir nicht wahrnehmen, fallen ihm auf“, erzählt sie lächelnd. Schön ist es bei euch.

Wie schön, dass wir dich kennenlernen durften, David. Wir drücken die Daumen, dass eine tolle Lady diese wunderbaren Eigenschaften an David kennenlernt. Vielleicht bist das ja bald Du! Auf die Liebe, fertig, los!

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ANNE is the girl with the golden touch. Immer und überall in Leipzig unterwegs. Leipzigliebhaberin. Geschichtenerzählerin. Auf ihrem Blog „annabelle sagt“ erzählt sie von Künstlern, Designern, kreativen Köpfen, den coolsten Cafés und schönsten Orten. Ganz nach dem Motto: Einfach die Augen offen halten und die kleinen Dinge entdecken. Gegen ein Zitroneneis verrät sie auch gern ihre Geheimtipps.
ROBERT ist der Mann mit dem Hut und der Kamera in der Hand. Auf seinem Blog schreibt er über Orte, Menschen und Sachen, die ihm passieren – und eigentlich passiert immer was. Always on the run. Das sind die Dinge, die ihn glücklich machen. Zu seinen liebsten Städten gehören Lissabon, London, Montreal und an allererster Stelle New York. Wenn er nicht gerade unterwegs ist, radelt er mit seinem Projekt „We Ride Leipzig“ durch die Stadt.