Alex | 35 | Leipzig

„Was mache ich hier eigentlich?“

Rumpelrumpel. Zweiter Stock. Die Tür geht (erwartungsgemäß) auf – da steht Alex im Türrahmen, lacht und fragt uns: „Was mache ich hier eigentlich?“ Na, hoffentlich the Love of your Life finden, was sonst! Was ich hier gleich mache und sofort in die Tarte ähh Tat umsetzen möchte: ein Stück dieses köstlichen Küchleins essen, den meine Äuglein da beim Jacke ausziehen schon erblicken!

Das kostbare Stück wurde in einer alten DDR-Tarte-Form, die Alex in mühevoller Flohmarktjagd erstanden hat, gebacken. Von ihm. Lecker! Selbst kochen oder backen findet er eh besser als im Restaurant abhängen, wobei das natürlich auch vorkommt – Alex mag einfach gutes vegetarisches Essen. Mit einem Nachtrag: „Bratwurst ist schon geil.“ Vegan, vegetarisch und flexitarisch – alles willkommen. Zurück zum Küchlein: Aufgetischt wird dieser uns nämlich auf Herzchengeschirr. Really? Ja, auch vom Flohmarkt; das Sonntagsgeschirr. Passt zur kleinen-aber-voller-geiler-Sachen-Küche. Schätze sammeln, so nennt Alex das.

Hey, hier kommt Alex!

Alex ist 35 Jahre, Leipziger und selbstständig mit einem interessanten Start-up. Dazu später mehr, versprochen. Um mit Alex zu schnacken, mussten wir aus unseren Leipziger Eckchen ins Bülowviertel gondeln, welches direkt hinter der Eisenbahnstraße liegt. „Seit wann wohnst du in Leipzig, sag mal?“, frage ich, hoffentlich ohne Krümel am Mund. Alex ist ein Wendekind und stammt tatsächlich aus Leipzig. Mit 12 ging‘s aber dann ab nach Bayern, wo er auch gleich zum Studieren blieb, nur um dann wieder in die alte Heimat zurückzukehren und sie von ihrer vitalsten Seite neu zu erleben.

In München hat der junge Herr vor der Rückkehr in den Osten das Abi nachgeholt, Produktdesign als Bachelor und Advanced Design als Master studiert. Seit 2015 ist er wieder in Leipzig. Dort bekam er für seine zündende Geschäftsidee ein Stipendium vom Social Impact Lab Leipzig und macht heute – tatatatatatata! Särge. Ja, Särge. Die im Wohnzimmer integrierte Werkbank lässt bei intensiverer Betrachtung wenigstens auf etwas Handwerkliches schließen – trotzdem: Holy guacamoly, das hört man nicht alle Tage. Auch nicht alle hundert Tage.

100% biologisch abbaubar und auch noch fancy sind seine Särge, richtig hippe Bio-Särge. Der Typ, der auf der Bestattermesse mit einem gelben Sarg auftaucht? Passend zu seinen Socken: Alex. Sein Start-up ist dann hoffentlich in zehn Jahren zum Selbstläufer geworden ist, damit er eine ruhige Kugel vorm Flatscreen schieben kann? Oh nein, nicht bei Alex.

Er ist ein Sporty Spice, wie ich ihm versichere. Er fährt Rad, geht Joggen, macht Yoga und will demnächst noch das Klettern hinzufügen. Und einen Marathon laufen. „Nicht erst mal einen halben, so zum eingewöhnen?“, hake ich ein. „Nein, keine halbgaren Sachen“, antwortet Alex da.

Polnische Ostsee, Island, Dubai

Nach gutem Essen kommt Urlaub. Das war schon immer so. Alpenüberquerung, Hiddensee und Usedom, Dubai – „Im Urlaub kann ich nicht nur dasitzen und Eiserschaukeln“, das ist Alex‘ Credo. Roadtrips sind mehr so sein Ding. Im Urlaub, Auto und freizeitlich hört er dann gerne Muse, Wolfmother oder Air, speziell die CD Moonsafari ist sein auserkorener Favorit. Ein Sonntag kann auch mal ein kleiner Urlaubstag sein, denn normalerweise, wenn er nicht gerade eine Texterin und einen Fotografen erwartet, erkundet Alex gern Museen, geht ins Kino, ins Theater, arbeitet in seinem Garten oder erholt sich auch einfach von einem Abend im Stoned oder Ilses Erika. Und schaut vorher die Sendung mit der Maus. Sonntag abends darf es dann in die Tatortkneipe gehen, am Besten einen trockenen Südtiroler Weißwein dazu. Oder: eine Vinyl auf den alten DDR-Plattenspieler legen, den Füller aufschrauben, Poesie und hoffentlich bald (wieder) handgeschriebene Liebesbriefe aufs Papier bringen. Im eigenen Horoskop oder Handlesebüchlein stöbern, das kommt auch vor.

3 Dinge, bitte.

Sag uns mal drei Dinge, die du magst, bitte. Nach ein paar Überlegungen kommen wir auf: Rennradfahren, Schätze entdecken (auf Flohmärkten und überall), Birken. Ja, Birken. Und was mag Alex so gar nicht? Unpünktlichkeit! In Hundescheiße treten ist auch eher auf der Blacklist, genau so wie Innereien (pfui-bah, aber wer‘s mag: Go for it!). Was Alex noch ganz gerne mag, sind seine roten Vans und Blumen. In seiner Wohnung stehen stets frische Blumen in der Küche: Tulpen, Gladiolen, Nelken … So oft es nötig ist, lässt er sich in kleinen Blumenläden inspirieren oder greift auch mal im Kaufland zu. Hach!

Der Mann ist übrigens noch ein Häuslebauer. Ein Vogelhausbauer. Die Vögelchen im Garten werden es gut haben, handwerklich top. Und zu seinen guten Eigenschaften zählen neben der Handwerkskunst auch die Hausmannsqualitäten und seine Spontanität. Offen für Neues, bereit, sich die Hände auch mal schmutzig zu machen – die Traumfrau sollte ihm da ähnlich sein und über ihre und seine Witze lachen, lebensfroh sein und vielleicht Lust auf die ein oder andere Wanderroute zu zweit haben. So im besten Falle.

Schlusswort

Warum die Acht seine Lieblingszahl und Die Vermessung der Welt eines seiner Lieblingsbücher ist (und warum der Film so enttäuschend war), ob er noch wie in Jugendzeiten Skaten kann, welche Mausfolge seine liebste ist und was es mit dem Mondkalender auf sich hat – das Alles kann man gar nicht in einen Text packen. Geht nicht. Aber herausfinden kann man es. Schreibt doch mal, wenn hier so eins-zwei Interessenfünkchen übergesprungen sind – vielleicht gibt‘s dann entweder bald Apfeltarte numéro deux bei Alex oder ein Stück Daimtorte beim gemeinsamen Leute-Beobachten im IKEA. Habt Freude, das wünsch‘ ich euch jetzt schon. Wir hatten auf jeden Fall einen erfrischenden Nachmittagsplausch und ein Shooting (mit Sonne sogar!) an schönen Plätzen im Bülowviertel.

Funfact: Zu den hoch gelegenen Stadtgärten, wo ein paar unserer Fotos entstanden, gibt‘s keine Treppe. Zieht keine weiße Jacke oder hohe Schuhe an, ich sag‘s euch. Das geht nicht gut aus.

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Kontakt

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HENRY lebt und arbeitet in Leipzig. Er hat Informatik und Mathematik studiert; seine Brötchen verdient er aber als Bildredakteur beim Leipziger Stadtmagazin kreuzer. Ex-Berliner, stolzer Besitzer der Mega-LP "60 Jahre Bravo" und Festivalgänger – einen Teil seiner bisherigen Fotoarbeiten findet ihr auf seiner Webseite. Zusammen mit seiner Partnerin-in-crime Nasti pflegt er die monatliche Kolumne Afterhour bei frohfroh.de.
NASTI lebt und arbeitet in Leipzig. Als Medienwissenschaftlerin ist sie notorisch smartphonesüchtig und lässt euch bei Instagram alles miterleben, was sie so macht. Sie schreibt noch den ein oder anderen Text über Erlebnispornographie, Sex und Beziehung unter dem Pseudonym Antoinette Blume bei Mimi & Käthe.