Zwischen den Laken suche ich Dich

Der Bettbezug fühlt sich etwas steif an. Die Luft ist trocken, durchzogen mit einem Hauch von Vanille-Duft und dem Geruch meiner frisch gewaschenen Haare. Das Bett ist King Size – nur ohne King, denn ich liege hier. Ohne dich.

Es gab eine Zeit, in der du mich kaum hast gehen lassen. Ein Kussregen von dir folgte dem anderen, wenn du mich festhieltst, meine Haut und Wärme so lange wie möglich spüren wollend, bevor ich meine Jacke anziehe und gefolgt von weiteren, leidenschaftlichen Küssen mit meinem Koffer in der Hand die Tür zuziehe. Natürlich siehst du mir hinterher. Natürlich fragst du, ob ich angekommen bin und ob ich nicht eigentlich sofort wieder zurück kommen möchte.

Ein Gefühl von Wollen ohne Einengung, von diesem warmen Vermissen, gepaart mit etwas Aufregung, dem Kribbeln im Bauch, welches schnell wieder zur Vorfreude wird. Vorfreude auf unser Wiedersehen, noch mehr Küsse, Lachen, Austauschen von Neuigkeiten und neugierigen Blicken, wie sich der andere in wenigen Tagen doch etwas verändert hat. Schön verändert. Ich bin neugierig. Du bist gierig auf Nähe, wir haben uns wieder. Sind gierig aufeinander.

Die Tage verschwimmen. Wieder sind meine Sachen gepackt, der kleine Koffer passt mittlerweile perfekt zur Handtasche, die schwarze Kashmirjacke mit dem hohen Kragen, die Lederhandschuhe. Ich bin gewachsen, mit jeder Reise. Wir sind gewachsen mit uns, an uns. Zwei Jahre später.

Ich bin gewachsen, mit jeder Reise. Wir sind gewachsen mit uns, an uns.

Ein kurzer Kuss, du bist auch früh auf den Beinen, ich muss ein paar Minuten nach dir los, bevor ich wieder meilenweit in einer anderen Stadt auf Zeit wohnen werde. Deine Tasche ist dieses Mal ebenfalls gepackt, du gehst zum Sport, deine Augen klein. Ich noch nicht einmal angezogen. Meine Augen groß, als du nach diesem einen Kuss einfach gehst. Wortlos, fast. Kein Wunsch in deinen Augen, nicht in deinen Haarspitzen, keine Aufregung ob des kurzen, komischen Abschieds; keine Aufregung, die zur Vorfreude wird. Du schließt die Tür. Ich stehe da und schaue sie an.

Natürlich melde ich mich sofort, als ich angekommen bin – du dich erst viele Stunden später; kurz, beschäftigt, so selbstverständlich. Ich werde ja irgendwann zurückkommen.

Diese steifen Bettlaken sind ungemütlich. Kalt. So sehr habe ich mir gewünscht, dass du diesen Trip spontan mit mir nutzt, mich zwischen den Präsentationen heimlich aufs Zimmer bestellst, wir die Nacht zusammen zum Tag machen. Zusammen uns genießen. Das Hotelbett zerwühlt zurücklassen. Die Minibar auch. Eine andere Stadt entdecken. Für uns. Auf unsere ganz eigene Weise. Wie damals.

Aber du genießt dich und ich genieße mich. Das sind wir. Nur anders.

Aber du genießt dich und ich genieße mich. Das sind wir. Nur anders. Nicht wie vor zwei Jahren. Nüchterner und erwachsener, risikoärmer und selbstverliebter. Wir nehmen uns anders wahr und doch fehlst du mir.

Ich lächle trotzdem. Auch wenn mein Kopfkissen vor lauter Wäschestärke mindestens genauso traurig aussieht wie ich. So melancholisch mich diese Hotelzimmer machen, rede ich mir diese Vorfreude ein. Aus Einreden wird Reden, wird echte Freude. Aber kleiner.

Wir sind nicht in der Lage, Dinge, Gefühle und Menschen für immer zu bewahren. Wir können uns aber immer mal wieder daran erinnern. Immer wieder ein bisschen.

Auch wenn du nicht am Bahnhof stehen wirst, auch wenn dir nicht bewusst ist, was hier gerade passiert, komme ich wieder zurück. Und werde dich küssen. Dir klar machen, dass dir das gefehlt hat. Dass wir uns gefehlt haben.

Denn zu Hause ist unser Bett dann wieder wie wir. King und Queen. Für uns. Ohne Vanille. Ohne Steifheit.

Dieses große blonde Mädchen. Da irgendwo aus der Hafenstadt. Zwei Zimmer, viel Kaffee und ein Fahrrad. Und ganz schön glücklich. Schreibt manchmal über das Reisen, manchmal über ihre große Liebe. Wellen und Regen sind die schönsten Sounds.

Headerfoto: Händchenhaltendes Paar im Bett via Shutterstock.com. (Gedankenspiel-Button hinzugefügt.) Danke dafür.

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