Wie sehr ich von der Wahl des „richtigen“ Verhütungsmittels frustriert bin

Content Note: Hier geht es u.a. um Schmerzen und starke Blutungen. Wenn du damit schlechte Erfahrungen gemacht hast, überlege dir bitte gut, ob du diesen Artikel (alleine) lesen möchtest.

 

Verhütung ist so ein Thema, das für manch eine:n ganz einfach geklärt ist, und für andere wiederum ein langer Weg der Frustration zu sein scheint. Letzteres ist bei mir der Fall.

Mich sicher mit meiner Verhütungsmethode und mich gut in meiner Gynäkologie-Praxis beraten zu fühlen, war in den letzten Jahren eine schwierige Angelegenheit, die nun an einen Wendepunkt angekommen ist. Zeit für eine Rückschau und ein Fazit.

Hormone nehmen oder nicht nehmen – das ist hier die Frage

Vermutlich habe ich die Pille mit ungefähr 14 Jahren angefangen zu nehmen – weil das jedem Mädchen damals, vor zehn Jahren, empfohlen wurde. Etwa vier Jahre lang schluckte ich die Pille, mal mit Unterbrechung und immer wieder mit ein und demselben Problem: Ich vergaß, sie zu nehmen oder wusste nicht mehr, ob ich sie genommen hatte.

Ich begann, mich zu fragen, ob die Pille das beste Verhütungsmittel für mich war.

Mit 16 oder 17 Jahren stieß ich auf YouTube auf das Phänomen, dass plötzlich scheinbar alle meine Lieblings-YouTuberinnen die Pille absetzten und von großen, hauptsächlich positiven Veränderungen berichteten. Und so begann ich mich zu fragen, ob die Pille wirklich das beste Verhütungsmittel für mich war.

Die erste Enttäuschung bei der Gynäkologin

Als ich mit 14 Jahren die ersten Male – und mit meiner Mama – zu meiner damaligen Gynäkologin ging, war diese nett, wirkte kompetent und nahm sich Zeit. Sie verschrieb mir die Pille und die Kontrolltermine liefen routinemäßig ab. Eigentlich fühlte ich mich dort ganz wohl und gut aufgehoben. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem ich die Pille zu hinterfragen begann und nach Alternativen suchte.

Der Tag, an dem ich alleine zu ihr ging, um mich beraten zu lassen, hat sich extrem negativ in meiner Erinnerung festgebrannt. Ich nahm am Beratungstisch Platz und begann, mein Anliegen zu schildern – ich wolle die Pille nicht mehr nehmen, welche Alternativen hätte ich? Ihre Antwort waren eine patziges „Was soll ich Ihnen da denn jetzt zu sagen?!“ und eine Infobroschüre, die sie mir mehr oder weniger auf den Tisch knallte. Damals war ich jung, schüchtern und darüber hinaus so perplex, dass mir absolut nichts dazu einfiel (das wäre heute wahrscheinlich nicht anders).

Ich fühlte mich dumm und gleichzeitig unfair behandelt. 

Ich schluckte meine Emotionen runter, brachte die Kontrolluntersuchung hinter mich und lief dann weinend – vor Wut, Enttäuschung und Scham – nach Hause. Es war schlimm für mich, ich fühlte mich dumm und gleichzeitig unfair behandelt, auch wenn ich heute natürlich sehen kann, dass Frau Doktor definitiv ihren Job verfehlt hatte.

Leider kommt es mir so vor, dass, sobald das eigene Anliegen von der einfachen Standard-Behandlung abweicht, Ärzt:innen dicht machen und nichts davon wissen wollen. Dann wird man mit irgendeinem Infoheft nach Hause geschickt und soll selbst entscheiden. Ist es nicht aber die Aufgabe meiner behandelnden Person, mich auch nach bestem Gewissen zu beraten?!

Nach der Pille – die Qual der Wahl

Die Entscheidung, welches Verhütungsmittel ich nach der Pille nehmen wollte, traf ich dann zum größten Teil für mich, basierend auf meiner Internetrecherche. Was „die Qual der Wahl“ bedeutet, wurde mir wohl in diesem Prozess besonders bewusst – denn für mich war (und ist es immer noch) eine Qual. In der Infobroschüre, welche ich heute noch habe, sind über 13 Methoden aufgelistet und keine scheint meinen Anforderungen zu 100% zu entsprechen und die, die mich interessieren, werden als zu unsicher eingestuft (wobei das Internet da anderer Meinung ist).

Ich war mächtig verunsichert von der seitenlangen Auflistung von Nebenwirkungen.

Meine Wahl fiel dann auf die Kupferspirale. Ich ging schließlich zu dem Gynäkologen, bei dem auch meine beste Freundin war, welcher einen freundlichen und kompetenten Eindruck machte und mich über das Für und Wider der Kupferspirale aufklärte. Beim Termin des Einsatzes war ich dann doch mächtig verunsichert von der seitenlangen Auflistung von Nebenwirkungen, die mir so ziemlich alles von heftiger Periode und Schmerzen bis hin zum gefühlten Tod aufzeigte. Das Einsetzen war dann aber doch recht unkompliziert und schmerzfrei und ich war erst einmal zufrieden.

Blutungen

Nach einer Weile kamen mit der Kupferspirale jedoch die heftigsten und längsten Menstruationsblutungen, die ich je erlebt habe. Tampons durfte ich nicht verwenden und so musste ich fast stündlich für meist über sieben Tage im Monat Binden wechseln. Das erwies sich als unfassbar lästig im Alltag und vor allem in der Nacht. Auf Nachfrage sagte mir mein Arzt, ich könne es mit Menstruationstassen versuchen, da diese nicht so hoch säßen wie ein Tampon. Ich versuchte es mit verschiedenen Modellen, aber gegen die Sturzbäche an Blut kam ich nicht an und auch die Handhabung erwies sich als Kampf für mich. Vermutlich führte dieser Kampf zu dem, was mit einer Spirale (äußerst selten) passieren kann: Die Spirale verrutschte und musste entfernt werden. Immerhin erfolgte auch das relativ schmerzlos.

Die Spirale verrutschte und musste entfernt werden. 

Auf der einen Seite froh darüber, diese heftigen Blutungen los zu sein, war es auf der anderen Seite aus verschiedenen Gründen ärgerlich. Normalerweise kann die Spirale bis zu fünf Jahre lang eingesetzt bleiben, bei mir waren es maximal zwei. Bei den Kosten von mehreren hundert Euro, welche man als sehr schlecht verdienende Auszubildende dann eben auch nicht mal eben so herumliegen hat, sehr ärgerlich. Und dann war da wieder die Frage: was nun?

Nach der Spirale ist vor der Spirale

Mit meinem Arzt sprach ich dann über die Alternativen – eine neue Kupferspirale kam für mich nicht mehr infrage, genauso wenig wie die Pille. Er erklärte mir, dass ich die Hormonspirale ausprobieren könne. Keine Periode mehr (denn seiner Ansicht nach brauche kein Mensch diese), die Hormone würden sich nicht im ganzen Körper, sondern nur im Unterleib auswirken (aus meiner Erinnerung wiedergegeben, ob das jedoch stimmt – keine Ahnung!) und sie könne bis zu fünf Jahre lang drin bleiben (super!).

Also kratzte ich mein Erspartes zusammen und ließ mir die Hormonspirale einsetzen. Es dauerte ungefähr ein Jahr, bis meine Periode verschwand. Bis dahin war ich auch wirklich ganz zufrieden, nur merkte ich mit dem Ausbleiben, dass es sich für mich nicht richtig anfühlte, keine Menstruation mehr zu haben. Mein Bezug zu meinem Körper und meinen Emotionen wurde immer schwammiger, begleitet von dem mulmigen Gefühl, ob denn nun alles gut war, die Spirale noch korrekt saß usw.

Mein Bezug zu meinem Körper und meinen Emotionen wurde immer schwammiger.

Bis meine Periode irgendwann aus heiterem Himmel zurückkam. Ich dachte, es wäre normal, denn mein Arzt hatte mir gesagt, dass die Periode mit der Hormonspirale schwanken könne.

Bis es dann kürzlich bei einem Kontrolltermin, der jedes halbe Jahr stattfand, hieß: verrutscht. Na, herzlichen Glückwunsch.

Jetzt stand ich vor den Optionen, die Spirale eventuell wieder richtig schieben lassen zu können – oder sie gleich entfernen zu lassen. Um dem alten, leidigen „Was nun?“-Thema aus dem Weg zu gehen, entschied ich mich für die erste Option und musste einen Termin während meiner Periode finden.

Ich mache es kurz: Es funktionierte nicht und die Prozedur war furchtbar schmerzhaft.

Die zweite Enttäuschung beim Gynäkologen

Bei dem Termin des Eingriffs erwies sich mein Gynäkologe als nicht sonderlich hilfreich. Statt sich die Zeit zu nehmen, über mögliche Alternativen nach der Spirale zu sprechen, fühlte ich mich abgewimmelt. Zu meinem Plan, erst einmal aufs Kondom zurückzugreifen und mir in Ruhe Gedanken zu machen, bekam ich zu hören, das sei nicht sonderlich sicher. Da wurde ich schon stutzig. Eine Spirale, die mir nichts, dir nichts und völlig unbemerkt verrutschen kann, ist dann die bessere Option?! So etwas komme im Allgemeinen äußerst selten vor und wie es zustande käme, könne er mir auch nicht erklären. Hatte ich eben einfach zweimal Pech.

Vielleicht kann ein nichtmenstruierender Mensch nicht nachvollziehen, wie es ist, seine Periode zu haben.

Nach den Jahren, die ich nun in seine Praxis kam, kann ich sagen, ich war enttäuscht. Sicher, muss man nicht einer Meinung in jedem Punkt sein, aber eigentlich kann ich nicht sagen, dass dieser Arzt auf meine Bedürfnisse eingegangen ist. Kein Mensch braucht eine Periode? Das kann ja jede:r für sich entscheiden. Aber vielleicht kann ein nichtmenstruierender Mensch auch einfach nicht nachvollziehen, wie es wirklich ist, eine zu haben. Vielleicht hat es sich dieser Mann auch sehr einfach gemacht und keine Empathie aufgebracht, um sich in seine Patient:innen hineinzuversetzen.

Die Sache mit Gynäkolog:innen

Generell habe ich das Gefühl, dass (möglicherweise ist das auch eher ein Phänomen in der Kleinstadt) Ärzt:innen ihr Studium absolvieren und über das, was die Schulmedizin lehrt, nicht weiter über den Tellerrand blicken (wollen). Hauptsache, Patient:innen werden schnell abgefertigt und abkassiert. Nun gut, offensichtlich habe ich erst zwei Erfahrungen mit Ärzt:innen gemacht, aber diese sprechen dann irgendwie auch schon für sich und lassen mich einfach nur frustriert zurück.

Sich selber im Internet schlaumachen wird als Hysterie oder als lästiger Trend abgetan – die Pille sei doch gut! Und rückblickend kann ich sagen, dass ich mich wohl in den zehn Jahren, die ich inzwischen zu Gynäkolog:innen gehe, nicht ernst genommen gefühlt habe.

Ich werde in der Praxis von etwas überzeugt, das sich nicht stimmig für mich anfühlt.

Es kann doch nicht sein, dass es der Gynäkologe auf YouTube ist, der mir erklärt, dass die Sicherheit einer Verhütungsmethode grundsätzlich von der richtigen Anwendung abhängt, während ich in der Praxis quasi von etwas überzeugt werde, dass sich eigentlich nicht stimmig für mich anfühlt.

Was habe ich daraus gelernt?

Zur Kontrolle in eine Gynäkologie-Praxis zu gehen ist für mich wichtig. In Sachen Verhütung habe ich aber gemerkt, dass ich selbst doch am besten weiß, was zu mir passt und sich richtig anfühlt. Ich habe gelernt, dass es manchen Ärzt:innen dann doch eher um den eigenen Profit als um die individuelle, beste Lösung geht. Und das ist ein Jammer.

Nun suche ich nicht nur nach einer neuen Verhütungsmethode (bei meiner aktuellen Recherche tendiere ich stark zu NFP), sondern auch nach einer neuen, hoffentlich besseren Gynäkologie-Praxis.

Headerfoto: MART PRODUCTION (Kategorie-Button hinzugefügt und Bild gecroppt.) Danke dafür!

felinelyart macht Selbstportraits und findet Worte für Selbstreflexion und Akzeptanz. Ein Versuch, Leidenschaft und Weiblichkeit in Worte und Bilder zu fassen. Der Wunsch, Sensibilität und Sehnsucht, Krativität und Kraft, Verlangen und Verlust zu leben und zu lieben. Irgendwo zwischen Selbstverwirklichung und Sinn-des-Lebens-Suche.  

1 Comment

  • Oh diese Odysee fühl ich sehr! Gerade die Abkehr von der Pille scheint für viele Gynäkolog*innen ein No-Go. Ich bin aber total froh, dass ich mittlerweile bei einer Gyn bin, die vollkommen entspannt das Kondom als eine ihrer favorisierten Verhütungsmethoden anpreist. I liebs und hoff, du findest auch noch deinen Weg!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.