Der Zeiger bewegt sich. Füllt die Stunde auf. Und ihr klingelt pünktlich. Küsschen, rechts, Küsschen links. Lang haben wir uns nicht mehr gesehen. Besonders nicht in dieser Konstellation. Fern scheinen die geteilten Stunden, durchtanzten Nächte. Doch heute werden wir wieder miteinander tanzen. Nur näher.
Nach den ersten Gläsern Wein rücken wir enger zusammen, lassen unsere Augen immer länger aufeinander ruhen. Wer wird den ersten Schritt wagen? Wird es ein Kuss sein, oder mehr? Vielleicht nur die Bitte, endlich diese Fassade zum Einstürzen zu bringen. Doch wir necken uns. Lassen einander den Vortritt. So leert sich die Flasche. Und als ich aus der Küche wiederkomme, höre ich gerade noch, wie die Türe ins Schloss fällt, ihr verschwunden seid.
Enttäuscht, wütend, verunsichert und gleichzeitig erleichtert mache ich mich auf in Richtung Bad. Will mir diese Erinnerung aus dem Gesicht waschen. Aber die Türe bleibt mir versperrt. War es doch nicht die Haustüre? Das aufgeregte Kichern verwirrt mich. Lässt gleichzeitig meinen Puls nach oben schnellen. Ich klopfe, rufe nach euch. Will mich schon gegen die Tür werfen, als sie sich plötzlich öffnet und mir eine Wolke aus heißem Dampf entgegen schlägt.
Meine Augen müssen sich kurz an den süßen Nebel gewöhnen, bevor sie euch ausmachen. Wie ihr da steht. Unter meiner Dusche. Nackt, eingeseift und sichtlich erregt. Noch immer unschlüssig, was hier passiert, bewege ich mich auf euch zu. Schlüpfe aus meinem Gewand und steige zu euch unter das prasselnde Nass. Nicht sicher, ob ich Beute oder Jäger bin.
Headerfoto: Raven Hodge via Creative Commons Lizenz 2.0! („Sexy Times“-Button hinzugefügt.) Danke dafür!