Vor Kurzem war ich krank und habe das getan, was eigentlich in allen Lebenslagen und bei jedem Wehwehchen hilft: Couch, Decke, Äpfelchen und Sex and the City zu Ende gucken. Bei Liebeskummer sind die Äpfelchen wahlweise durch Wein oder Eis zu substituieren.
Als ich zu der Folge kam, in der Charlotte mit Carrie über ihre Vulvodynie spricht, die ihre Gynäkologin aufgrund eines bakteriell unauffälligen Befundes gerne mit einem Antidepressivum (ja, es gibt Antidepressiva für die Vulva, get over it) behandeln würde, war ich (wieder einmal) erstaunt darüber, dass Charlotte so unentspannt mit ihrer Vagina umgeht.
»Kein Wunder, dass Deine Vagina depressiv ist«, sagt Samantha später zu Charlotte, als diese beim gemeinsamen Lunch-Date weiterhin behauptet, sie möge ihre Vagina nicht von Nahem im Spiegel sehen, da sie glaube, diese sei hässlich.
Zunächst habe ich mir bei diesem Thema nicht wirklich viel gedacht. Es muss sich ja auch nicht jeder selbst so nahe sein, wie die Figur von Samantha es in dieser Serie demonstriert.
Zunächst habe ich mir bei diesem Thema nicht wirklich viel gedacht. Es muss sich ja auch nicht jeder selbst so nahe sein, wie die Figur von Samantha es in dieser Serie demonstriert. Aber als ich mich dann zwei Tage später bei Jodel durch den »Mädels«-Channel scrollte, traf ich wieder auf dieses Thema. Ein Mädchen schrieb hier: »Sagt mal, Mädels, ist es normal, dass meine inneren Schamlippen hervorlugen, oder ist da etwas verkehrt? Mein One-Night-Stand letztens fand das echt komisch und sagte sogar hässlich.«
Obwohl mich das nichts angeht und ich mich – ob anonyme Plattform oder nicht – gerne aus solchen Diskussionen raushalte (es sei denn, ich werde direkt angesprochen), war ich wirklich entsetzt. Und auch ein bisschen sauer.
Keine Sorge, das hier soll kein Vergeltungsschlag gegen die ach so böse Männerwelt werden – ganz und gar nicht. Eigentlich will ich mich auch nicht auf dieses Niveau herablassen und einfach »selber« sagen. Denn ich bin gerne eine Frau, ich habe gerne Sex und bin mit umso mehr Begeisterung dabei, wenn ein Penis involviert ist – obwohl es deutlich ästhetischere Körperteile am Mann gibt. So objektiv betrachtet. Schöne Arme zum Beispiel. Oder Schultern oder Waden.
Trotzdem würde ich niemals einem Mann sagen, dass ich seinen Penis hässlich fände. Weil es nicht stimmt und weil man sich den Sex danach halt abschminken kann.
Trotzdem würde ich niemals einem Mann sagen, dass ich seinen Penis hässlich fände. Weil es erstens nicht stimmt und weil man sich zweitens den Sex danach halt abschminken kann.
Also, mal im Ernst, liebe Männer da draußen, die Ihr Euch schon einmal über die Vagina einer Frau lustig gemacht habt, weil sie ungewohnt aussah, dunkler war als in Pornos oder hervorlugende Schamlippen hatte: Was glaubt Ihr eigentlich, wer Ihr seid?
Stellt Euch doch einmal bitte folgendes Szenario vor: Ihr seid mit einer Frau intim, es geht erst ans Küssen, Ausziehen, dann Petting und schließlich Oralverkehr. Der Klassiker. Aber kurz bevor sie sich vor Lust lechzend über Euren Schoß beugt, verzieht sie angewidert das Gesicht, wendet sich ab und bricht aus der intimen Situation aus mit den Worten: »Wow, Dein Penis ist richtig hässlich! Du hast ja noch eine Vorhaut/keine Vorhaut.«
Wie würdet Ihr Euch fühlen? Beschissen, oder? Und womit? Mit Recht! Das kann einen wirklich das Mindestmaß an gesundem Selbstbewusstsein kosten. Und dann sind manche von Euch auch noch in der besonderen Bredouille, weil der 08/15-Mann mit niemandem über seine Selbstzweifel reden kann. Das gilt ja als unmännlich. Unangenehm, oder?
Zu der ganzen Problematik kommt noch hinzu, dass die Vagina auch noch eine Reihe von unhübschen Spitznamen bekommen hat, die teilweise entsetzlich beleidigend sind.
Zu der ganzen Problematik kommt noch hinzu, dass die Vagina – im Gegensatz zum Penis, der ja mittlerweile auch einfach so genannt werden kann: das Wort Penis ist gleichsam salonfähig geworden – auch noch eine Reihe von unhübschen Spitznamen bekommen hat, die teilweise entsetzlich respektlos und sogar beleidigend sind. Bohrloch, Möse und das fiese Wort mit F.
Und es ist auch schon vorgekommen, dass ich, wenn ich mal mies drauf war – was nun wirklich kein geschlechtsspezifisches Problem ist – mir teilweise Sprüche gefallen lassen musste wie: »Was ist los, hast Du Deine Tage, oder was?«
Gerechterweise muss man jedoch auch zugeben, dass dieser lapidare und bisweilen respektlose Umgang mit dem weiblichen Geschlechtsorgan, und das muss ich uns Frauen selbst ankreiden, zum Teil auch hausgemacht ist. Denn wenn erwachsene Frauen teilweise zutiefst verschämt ihre Vulva mit »Mumu« umschreiben, trägt das weder zur Lösung des Problems bei, noch sorgt es für einen entspannten Umgang mit der eigenen intimsten Stelle.
Und wenn mir dann noch bei Instagram, dem Ganzen eine Krone aufsetzend, sogar Werbung für Menstruationstassen angezeigt wird, die in einem hübschen Beutelchen daherkommen, auf dem »Erdbeerwoche« anstelle von »Periode« steht, muss ich mich wirklich wundern, warum da niemand mal wirklich kritisch hinterfragt, was das mit unserem Verhältnis zu uns selber macht.
Es ist kein Wunder, dass es jungen Mädchen peinlich ist, wenn sie mit 13 Jahren die erste Periode haben und niemand ihnen mit echten Begriffen erklärt, dass das vor allem eins ist: normal.
Es dürfte dann kein Wunder sein, dass es jungen Mädchen peinlich ist, wenn sie mit 13 Jahren die erste Periode haben und niemand ihnen mit echten Worten und Begriffen erklärt, dass das vor allem eins ist: normal. In jeder Hinsicht und in jeder Ausprägung, die daherkommen mag. Da ist nichts Ekliges oder Peinliches dran.
Ich wünsche mir, sowohl von Männern als auch von Frauen, mehr Respekt und weniger Angst oder Scham vor und mit Vaginas. Es gibt sie, in vielen Varianten, sie sind schön und verdienen mehr Achtung. Immerhin hat Eure Mutter auch eine. Und ohne sie wärt Ihr nicht hier.
Headerfoto: Marvin Meyer via Unsplash.com. („Körperliches“-Button hinzugefügt.) Danke dafür.