Sizilien | Roadtrip zwischen Vulkanen und Italo-Klischees

„Rufen wir uns dann an und checken, ob alle wach sind?“ – „So aufgeregt wie du bist, verpennste nicht.“ Stimmt. Zwei Herzensmenschen, die alten Indie-CDs und ich – wir hatten ein Ziel: Sizilien, Roadtrip, basta! Vier Stunden später schälen wir uns aus unseren Bettchen, stolpern durch unsere Kieze zur Ringbahn und spätestens, als wir am Ostkreuz gemeinsam in die Bahn springen, sind wir zu hibbelig, um müde zu sein. Auch der nasse S-Bahnsitz oder der Berliner Nieselregen um 6 Uhr morgens und der sich verspätende TXL können uns heute nichts! Wir fliegen in den Süden! Italien, wir kommen! Nach guten eineinhalb Stunden begrüßt uns der Ätna am Flugzeugfenster. „Ey, aufwachen! Guck mal! Vulkan! In echt!“ Ich wünsche mir in diesem Moment nichts sehnlicher, als auf einen echten Vulkan zu klettern.

Aber bevor wir mir diesen Wunsch erfüllen können, müssen wir unseren Urlaubsflirt, den pastellgelben Fiat Panda, suchen. Statt mit den cool kids der Autovermieterszene auf dem großen Hof abzuhängen, hatte der sich allerdings entschieden, abseits des Parkplatzes zu warten. Können wir jetzt endlich auf den Vulkan? Mit der Panda-Rakete düsen wir erst mal Richtung Polizzi Generosa a.k.a. das Paradies auf Erden. Motorisiert geht auf Sizilien so einiges. Allein das Panorama, das sich von der Autobahn von Catania Richtung Palermo bietet, ist atemberaubend. Überall ganz viel Gegend, uralte Überbleibsel griechischer Besetzung und von der Mafia enteignete Restaurants und Zitronenplantagen am Straßenrand.  

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Wir wohnen in einer alten Festung, die ein zuckersüßes deutsch-italienisches Pärchen zum Hotel mit Bauernhof umgebaut hat. Wir möchten für immer bleiben. Nicht nur, dass es morgens frische und noch warme (!) Erdbeermarmelade gibt, auch abends kocht Luigi für uns mit sizilianischem Herzblut („Wirklich, gar kein Fleisch?“ Für einen Moment denke ich darüber nach, meine Prinzipien über den Haufen zu werfen. Dann bringt Luigi eine Gemüsesuppe, die sich gewaschen hat und irgendwas mit Ricotta. Mein Herz ist seither ricotta-weich). Beste, schwöre! Wir hängen hier mit Schafen ab, gucken der Sonne beim Untergehen und der Hochzeitsgesellschaft beim Tanzen zu. Nach anfänglicher Verwirrung auf beiden Seiten, die sich mit Glückwünschen (Auguri! Auguri!) aber prompt auflöst, halten wir ein dickes Stück Torte in unseren Händen.  

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Weil wir hier aber nicht nur zum Spaß und für Kuchen hergekommen sind, fahren wir jeden Tag in einen anderen Winkel der Insel. Let´s go get lost! Das mit dem sich Verlieren geht zum Glück in Palermo ganz einfach – Todesangst auch. Nur wer sich absolut sicher ist, dass er nicht so viel von beulenfreien Autos und weniger von Verkehrsregeln hält, aber sich mal so real-italo-klischee-like fühlen möchte, sollte unbedingt mit dem Auto nach Palermo fahren. Wiederum hier unbedingt essen: Arancini – orangenförmige gefüllte und frittierte Reisbällchen – Knaller! 

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Die anderen Tage haben wir damit begonnen, endlich den Vulkan erobern zu wollen (ich), zu trödeln (die anderen, klar) und wegen verpasster Fähren Alternativpläne zu schmieden (wir). Weil Sizilien nicht nur unfassbar schön ist, sondern auch abwechslungsreich, fühlten sich die Tage wie Kurzurlaube in verschiedenen Welten an. In Cefalù gibt es kleine Gassen und Meerblick inklusive Burgruine und Pinienwald. Der Naturpark der Madonie wartet mit Felsformationen, Laubwäldern, steinigen Wanderwegen und Schnee auf. Und dann, am letzten Tag, endlich: Vulcano! Die Insel trägt diesen Namen nicht ohne Grund! Rüber geht’s mit einer Fähre, die auch die anderen Äolischen Inseln anfährt. Dass wir gleich die erste Insel genommen haben, hatte fuchsige Gründe: Als erster aussteigen + als letzter wieder zurück = mehr Zeit für den Vulkan. Auf Vulcano gibt’s aber nicht nur den Vulkan, sondern auch schwarze Strände und Schlammbäder für geschmeidige Haut. Aus Rücksicht und auch ein bisschen aus Angst, die nächsten drei Tage nach faulen Eiern zu riechen, haben wir uns für Meer statt Schlamm entschieden, zum Abschied noch eine Pizza mit gebackenem Ricotta gegessen, die letzten Fähre zurück genommen und ein letztes Mal von frischer Erdbeermarmelade geträumt.  

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5 Dinge, die wir auf Sizilien gelernt haben: 

  1. Eis, Sonne und Küstenwind sind eine lustige Kombination – und eine ziemliche Sauerei.
  2. Gesperrte Straßen sind das vermutlich aus Grund und weniger zum Spaß. Aber auf jeden Fall eine Reise wert.
  3. Pistazieneis ist ziemlich lecker – aber ehrlich, Kinderschokoladeneis? Eat this!
  4. Wem beim Autofahren schlecht wird, sollte Sizilien vielleicht meiden. Könnte sein, dass die Autobahn abgekippt ist und die Umleitung über Bergpässe führt. (Ich wünsche mir noch immer, dass die Beifahrerin im Auto vor uns diesen Tipp irgendwann mal gelesen hätte.)
  5. Studentenrabatt ist international – manchmal muss das nur aufrichtig vorgebracht werden. (Siamo tutti studenti!)

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Günstige Flüge nach Sizilien (Palermo oder Cantania) gibt es von Berlin aus mit AirBerlin, Alitalia, Ryanair oder Iberia – volle Auswahl. Dauert knapp drei Stunden. Den passenden Reiseführer findet ihr hier. Tutti completto, tutti Spaghetti. <3

Antonia ist Mitte Zwanzig, lebt gerade in Bologna und wird Eispertin. Friedrichshain und ihrem Herzensprojekt Bergfunk hat sie aber hoch und heilig versprochen zurück zu kommen. Wenn sie gerade nicht fotografiert oder schreibt, zitiert sie Schlingensief und vergisst dabei immer das Satzende, versucht die Welt von ihrer sozialen Konstruktion zu überzeugen und glaubt daran, dass ohne DIY, Herzblut und ein bisschen Wahnsinn eigentlich nichts geht. Mehr von ihrem Herzblut gibt es auf Instagram und auf ihrem Blog antoniaapril

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10 Comments

  • Das ist Sizilien, so wie ich es liebe 🙂 Sizilien mag zwar nicht für jeden etwas sein aber Individualurlauber kommen hier total auf ihre Kosten. Sei es kulinarisch oder durch einzigartige und authentische Erlebnisse. Einfach mal Gepflogenheiten zu erleben, die für uns in Deutschland eher untypisch sind. Ich selbst habe sizilianische Wurzeln und komme manchmal an meine Grenzen, wenn ich in die sizilianische Lebensart eintauche. Vor allem, weil ich den sizilianischen Dialekt gegen das Hochitalienisch eingetauscht habe. Da wird man in traditionsreichen Regionen wie Sizilien schnell ausgelacht wird, wenn man mit Hochitalienisch oder einer anderen Sprache daherkommt. Ebenso erstaunlich ist die dortige abenteuerliche Fahrweise der Einwohner. Aber manchmal ist es eben genau das sowie der ursprüngliche Charme, was uns zum Wiederkommen in diese Regionen antreiben. Dass wir eben sehen, dass es in anderen Ländern und Regionen nicht so perfekt und super geregelt zugeht, wie bei uns.

  • Hallo,

    schön geschrieben, freuen uns schon auf unseren Sizilien-Trip diesen Frühling. Wieviele Tage wart ihr denn da? Bzw. wie lange würdet ihr es uns empfehlen?

    Danke 🙂

  • Super Artikel – ich plane gerade ebenfalls einen Reise in Sizilien. Um welchen Ort handelt es
    sich bei dem Titelbild (Meer – Häuserzeile – Berge)?
    Danke 🙂

    • Hi Kev,
      danke! Das war in Cefalu. Wirklich ein richtig guter Ort – tatsächlich sind circa ein Drittel der Bilder dort entstanden. Auf den Berg kann man auch drauf. Das ist eine alte Burganlage mit wahnsinnig gutem Ausblick. Die Besichtigung kostet ein bisschen was, aber wenn ihr Studenten seid, könnt ihr versuchen, euch den Rabatt, der eigentlich nur für italienische Studenten gilt, einzuheimsen. „Siamo tutti studenti!“.

      Viel Spaß euch!

  • Liebe Antonia, mir steht ein Sizilien-Trip bevor und ich kann nicht aufhören mir tolle Fantasien von der „alten Festung, die ein zuckersüßes deutsch-italienisches Pärchen zum Hotel mit Bauernhof umgebaut hat“ zu machen. Verrätst du mir wohl wo und unter welchem ich dieses Fleckchen Erde finden kann? Liebste Grüße, France

    • Huhu France,
      das kleine Fleckchen Himmel mit Erdbeermarmelade heißt Giardino Donna Lavia und gehört zu dem kleinen Ort Polizzi Generosa.
      Viel Spaß und ganz die allerherzlichste Grüße an Karin & Luigi
      Antonia

  • Nicht ganz zwei Wochen liegt mein Urlaub in Sizilien zurück und meine Eindrücke sind stärker denn je. Ich würde sofort zurück in das Verkehrschaos, die lauten Straßen und die wilde Landschaft.

    Nein, ich bin nicht dahin gefahren, sondern geflogen, nach Palermo zuerst. Eine Woche, nicht mehr, hatte ich Zeit die Insel zu erkunden. Schon im Landeanflug überraschte mich Sizilien mit einer schroffen Küste die aber gleich auch sehr schön war. Nach meiner Ankunft im Flughafen von Palermo holte ich zuerst meinen Hund und ging direkt zur Autovermietung um meine große Liebe kennenzulernen: Einen grauen Fiat 500 mit rotem Stoffdach…Von dort aus ging es durch teileweise kräftigen Regen nach Catania wo sich unsere Unterkunft in strategischer Lage befand. Die nächsten Tage verbrachte ich auf den Spuren Goethes in Taormina ( ein wahrer Traum ), zwischen tausend Jahre alten Theatern der Griechen und Römer in Siracusa und der barocken Städte wie Ragusa. Zum Baden hatte ich keine Zeit und auch das Wetter war mir 23 Grad nicht gerade heiß, aber perfekt für eine Besichtigung. Am letzten Tag kam sogar Ätna aus den Wolken: Ein atemberaubender Blick.

    Nun ging es zurück nach Palermo. Eine alte, stolze Stadt die noch einige Straßen und Plätze hat die von vergangenem Reichtum und Pracht erzählen. Und wenn man schon da ist, lohnt sich auch ein kurzer Ausflug nach Mondello. Liebhaber von Art Deco sind dort in einem wahren Paradies.

    Noch ein Schlusswort: Autofahren in Sizilien gleicht einem Selbstmordversuch. Es herrscht die totale Anarchie…Ein einziges Beispiel, das alles darüber sagt: ich war die einzige die an einer roten Ampel anhielt.

  • Hallo, ich habe gerade mit Freude den Artikel gelesen und bin nun ganz neugierig, wie die Unterkunft mit der leckeren Erdbeermarmelade heißt. liebste grüße

    • Huhu Jule,
      das kleine Fleckchen Himmel mit der Erdbeermarmelade heißt Giardino Donna Lavia und gehört zu dem kleinen Ort Polizzi Generosa.
      Viel Spaß und ganz herzlichste Grüße an Karin & Luigi
      Antonia

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