Schwangerschaftstests und Bauchgefühle: Gedankenspirale inmitten einer Zyklusschwankung

Die Machenschaften meines Uterus verstärken sowohl meine Sorgenfalten als auch meine Gedankenspirale. Gedanken, Spirale. Da ist es wieder. Das Wort, welches ich derzeit nicht hören kann, ohne zugleich an Sex, Verhütung und Menstruation sowie deren unerwünschtes Fernbleiben denken zu müssen.

Das Ausbleiben der Periode, auch bekannt als „Amenorrhö“:  Bedingt durch hormonelle Schwankungen, Stress oder die Menopause. Oder auch: Indiz einer nicht allzu unbefleckten Empfängnis. Meine Empfängnisverhütung? Die Spirale.

Wie viele Frauen laufen wohl monatlich zur kognitiven Höchstleistung auf, indem sie sich dem Zeitpunkt ihrer letzten Periode entsinnen?

Wie viele Frauen laufen wohl monatlich zur kognitiven Höchstleistung auf, indem sie sich dem Zeitpunkt ihrer letzten Periode entsinnen? Ihren Eisprung berechnen und den letzten Beischlaf ins Gedächtnis rufen (je nach Zufriedenheitsgarant gleicht diese Variable womöglich einer weiteren Unbekannten). All dieser Prozess des Bangens um eine periodische Blutausscheidung. Bangen steht in diesem Zusammenhang mit „ich sorge mich“.

Weitere Verwendung findet der Begriff in den Synonymen: Angst, Entsetzen, Furcht, Horror. Für mich im Zusammenhang mit einer potenziellen Schwangerschaft zu diesem Zeitpunkt absolut zutreffend.

Wie viele Tage „drüber sein“ ist denn normal? Hatte ich die letzte Zeit mehr Stress als sonst? Ist meine Spirale verrutscht? Geht sowas? Wie hoch war nochmal der Pearl-Index? Was sind dieses Jahr wohl die beliebtesten Kindernamen? Spannen meine Brüste? Ich müsste umziehen. Oder Abtreiben. Immerhin soll Paragraf 219a nun bald gestrichen werden.

Aber ist es nicht nach wie vor ein Problem, ein:e Ärzt:in zu finden, der:die den Eingriff durchführt?! Führt mein Arzt wohl Abtreibungen durch? Würde ich es Nils erzählen? Müsste ich? Es ist ja nichts Festes mit uns. Wie sähe unser Kind wohl aus? Mein Leben mit Baby gestalten geht bestimmt auch. Ist vielleicht sogar hip.

Wie bereit ist man jemals?

Meine Freundinnen leiden aufgrund ihrer zahlreichen eigenen Erfahrungen mit Schwangerschaftsvermutungen empathisch mit. Nur befinden wir uns nun wohl auch in einem Alter, in dem sich neben obligatorischem Zureden, dass man schon nicht schwanger sein wird, auch Aussagen wie: „Also ich wäre jetzt bereit dafür, dass DU ein Baby bekommst“ gesellen.

Die Unnachgiebigkeit meines Zyklus bereitet mir mit fortschreitender Zeit mehr und mehr Sorge, sodass ich mich an Zyklustag 40 im Drogeriemarkt meines Vertrauens vor einer tatsächlich überschaubaren Anzahl an Schwangerschaftstests wiederfinde. Drogeriemarkt meines Vertrauens ist nicht gleichzusetzen mit Filiale meines Vertrauens. Stelle man sich vor, dass man noch jemanden dort antrifft. Vor dem Regal mit den Schwangerschaftstest. Die Preisspanne des mir dargebotenen Angebots überrascht mich: Waren die nicht mal günstiger?

Ich nehme vorsichtshalber den preiswertesten Test. Möchte ich zumindest diesen Unkostenbeitrag so gering wie möglich halten. Ein Kind wird schließlich noch kostspielig genug.

Ich nehme vorsichtshalber den preiswertesten Test. Möchte ich zumindest diesen Unkostenbeitrag so gering wie möglich halten. Ein Kind wird schließlich noch kostspielig genug. An der Kasse agiere ich betont freundlich und sorgenfrei in der Hoffnung, die Verkäuferin vermag nicht in meinem ungeschminkten Gesicht lesen zu können. Allein der Gedanke an die rosa-weiße Verpackung in meinem Rucksack löst Beklemmungen in mir aus.

Bauchgefühle und Ahnungen

Ich spiele bereits die nächsten Schritte durch und stelle in Gedanken meinen Wecker auf 6 Uhr, um am nächsten Tag pünktlich zur offenen Sprechstunde bei meinem Frauenarzt vorstellig werden zu können. Letztendlich mach ich Zuhause kurzen Prozess. Anleitung durchlesen, den Timer meines Handys stellen, in einen sauberen und trockenen Behälter urinieren. Stab rein, Stab raus, Herzklopfen spüren, Adrenalin ausstoßen, warten. Kurzum: Ein Strich. Schwangerschaftstest negativ – mein Gemüt positiv.

Schwangerschaftstest negativ – mein Gemüt positiv.          

Ein ziemlicher Brocken fällt von mir. Was bleibt? Das Warten auf meine Periode, die Verwunderung über meinen unregelmäßigen Zyklus und zwei neue Falten. Der Gedanke daran, dass der werdende Vater nichts von unserem nicht existenten Kind mitbekommen hat. Wie wenig sorgenvoll dessen Leben in der letzten Woche abgelaufen sein muss.

Er hatte keine Kopfrechnen-Meisterschaft zu bestreiten, keine emotionale Abwägung zu treffen und sich nicht das Aussehen seines Sohnes oder Tochter vorzustellen. Es oblag mir, zu entscheiden, ob und wie ich ihn in diesem Prozess teilhaben lasse – und ich habe mich entschieden, dies nicht zum Thema zu machen. Doch es stößt mir auf, erscheint mir beinahe als ungerecht, dass Männer sich all diese Sorgen und Gedanken nicht machen brauchen.

Doch es stößt mir auf, erscheint mir beinahe als ungerecht, dass Männer sich all diese Sorgen und Gedanken nicht machen brauchen.

Aber wieso ließ ich ihn dann nicht unmittelbar an meinen Bedenken teilhaben? Aus Sorge ihn (im laufenden Datingprozess) zu verschrecken? Die Möglichkeit, dass aus Sperma neues Leben entstehen kann, ist uns schließlich beiden bekannt. Das Ausbleiben meiner Periode zu thematisieren, würde seine Reaktion offenbaren und somit Aufschluss über sein Verhalten in unbeständigen Situationen geben.

Zugleich gäbe es einen Anlass über unseren Beziehungsstatus zu sprechen. Dies hatten wir bisher noch nicht gewagt und vielleicht liegt meine Entscheidung, meine Gedanken über eine potenzielle Schwangerschaft nicht mit ihm auszuhandeln, genau in diesen Punkten begründet: Die Sorge davor, dass seine Reaktion mir nicht gefällt und das Ende unserer Romanze damit bereits vor ihrem wirklichen Beginn besiegelt ist. 

Delia hat sich, mit Einflüssen vom Ruhrpott und dem Sauerland, in ihrer Herzenstadt Köln beheimatet. Irgendwo zwischen Intro- und Extrovertiertheit befasst sie sich mit allen Themen, die sie im Verlauf ihrer 20er bewegt und geprägt haben: Familie, Freundschaft Liebe und Krisen. Dating, Karriere, Frausein und dem Weg des so richtig Erwachsen-Werdens. Tod und Trauer. Ist häufig im Kopf unterwegs, entscheidet letztendlich aber aus dem Bauch heraus – ganz nach dem Motto: Wird schon irgendwie.

Headerfoto: SHVETS production (Kategorie-Button hinzugefügt und Bild gecroppt.) Danke dafür!

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