Endlich war es soweit. Fern von Sorgen, Alltag verabschiedete ich mich von Berlin. Keine Flucht, aber eine Auszeit. Als das Flugzeug abhob, war es als würde die Welt tief einatmen und für einen Moment still stehen.
Dort oben, wo die Stadt plötzlich in Miniatur zu sehen war, dachte ich: Der perfekte Ort, der perfekte Moment um mein Buch zu schreiben. Ich würde, genau wie damals, an den Reisterrassen sitzen und durchflutet von Ideen und Inspiration Kapitel für Kapitel niederschreiben. Ich würde stolz mein fertiges Buch in Händen halten und den Flug nach Hause antreten.
Einen Tag nachdem ich ankam, gab mein Laptop den Geist auf.
Nur war dem nicht so. Einen Tag nachdem ich ankam, gab mein Laptop den Geist auf. Ohne eine einzige Erklärung. Ich flehte ihn an zu bleiben, aber er streikte. Ohne Wenn und Aber. Das war’s mit uns. Nach zwei so innigen Jahren. Und nun? Wäre mir diese Situation vor drei Jahren passiert, wäre ich vermutlich in Panik ausgebrochen.
Mein Urlaub? Definitiv ruiniert. Ich setzte mich und dachte nach. Ruhig. Die lauten Stimmen in meinem Kopf versuchte ich auszublenden. Mich nicht von meinen Emotionen überwältigen zu lassen. In Hanoi verabschiedete ich mich von meinem Laptop.
Und dann machte ich mich auf den Weg in die Natur.
Und dann machte ich mich auf den Weg, in den Norden, in die Natur. Angekommen blickte ich über das Grün, das von der Sonne angestrahlt noch satter wirkte. Kinder spielten Fangen. Sie spielten in Pfützen, die der warme Regen gestern hinterlassen hatte. Ich nahm meinen Kaffee in die Hand. Er war noch heiß und schmeckte süßlich-bitter.
Was ich vorhatte, war Glücksmomente zu rekonstruieren. Und das haargenau. Die Einmaligkeit von Momenten festzuhalten gelang mir jedoch nicht. Jeder Moment, jedes Erlebnis entzieht sich unserer Kontrolle. Am Ende passiert es anders, als wir es erwarten: besser, schlechter – oder schlichtweg anders. Das Leben lehrt uns immer wieder, Dinge einfach geschehen zu lassen. Da war sie also wieder: Die Erwartung. Etwas, das uns so oft im Weg steht. Die Erwartung, ein perfektes Setting zu erschaffen und die Erwartung an mich. Die Erwartung, in diesem Setting zu funktionieren und mein Buch fertig zu schreiben.
Das Leben lehrt uns immer wieder, Dinge einfach geschehen zu lassen.
Ich blickte zu den Kindern. Säße ich hier mit meinem Laptop, hätte ich ihr Lachen vermutlich nie so intensiv wahrgenommen. Wäre ich mit Tippen beschäftigt, würde ich den Geruch des frischen Kaffees nicht so stark wahrnehmen. Statt in meinem Schreiben versank ich in dem Moment und in meinem Umfeld.
Was anders war als ich es mir vorgestellt hatte, aber eine andere Besonderheit mit sich brachte. Idyllisch, ruhig. Und plötzlich erschien mir der Abschied von meinem Laptop wie der Blick auf die Stadt aus dem Flugzeug. Winzig und in Miniaturgröße. Unbedeutend.
Ach Laptop. Du und ich. Wir werden schon wieder zueinanderfinden. Aber jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt. Jetzt ist der Zeitpunkt, um zu genießen und loszulassen: Vor allem Zwänge und Erwartungen. Und auch wenn ich diese Zeilen in mein Notizbuch schreibe, ganz oldschool, von Hand (Dass ich das nicht verlernt habe!), hat es alles seine Richtigkeit. Genauso richtig wie auch das Leben verläuft.
Headerfoto: joshua yu via Unsplash. („Wahrheit oder Licht“-Button hinzugefügt, Bild beschnitten.) Danke dafür!