Seitdem ich im Fernsehen eine Reisedoku über die Lofoten – einer Inselgruppe zwischen Nordkap und Polarkreis – gesehen habe, ließ mich dieser Ort nicht mehr los. Ich wollte unbedingt da hin, also fragte ich zwei meiner Freunde, die ziemlich leicht zu überzeugen waren: „Kommt ihr mit auf die Lofoten?“ – „Was ist das?“ – „Inseln.“ – „Okay.“
Zugegeben, die Anreise ist nicht ganz einfach, aber der Weg mit dem Flieger über Oslo nach Bodø und von dort mit der Fähre auf die Lofoten lohnt sich unbedingt. Vor allem für alle, die Island schon durchgespielt haben und es noch etwas exotischer/nordischer probieren möchten.
Die Lofoten haben zirka 24.000 Einwohner und eine Fläche von 1227 km². Eine unwirkliche Natur voller schroffer Berge, grüner Fjorde und Stockfischgerüste erwartet euch dort. Und Sonne. Rund um die Uhr. Sie berührt nicht mal annähernd den Horizont, sondern kreist einfach konstant parallel dazu. Auf unserer Reise stellte alle zehn Minuten jemand erneut völlig erstaunt fest: „Krass! Noch voll hell!“ Norwegen kümmert sich nicht um Naturgesetze. Das wird euch kleinen Anarchisten gefallen!
Ich empfehle euch, die Inseln mit dem Auto zu erkunden. Wir haben eins in Bodø gemietet und sind damit auf die Fähre. Vier Stunden braucht man auf die Lofoten, die uns wie eine riesige Wand aus dem diesigen Meer empfingen. Ich konnte mir beim Anblick nicht vorstellen, dass man irgendwo auf diesem Steinhaufen Straßen bauen kann, geschweige denn leben. Aber – surprise – es geht. Brokeback Mountain Feeling inklusive.
Die ersten Tage verbrachten wir in dem Museumsdorf Å zwischen haushohen Stockfischgerüsten, glitzernden Meeresbuchten und dem blonden Bäckersjungen, den wir alle drei gerne morgens beim Teigkneten anhimmelten. Die meisten Häuser auf den Lofoten sind auf Pfählen gebaut, das macht optisch was her. Außerdem ist man ständig irgendwie in den Wolken und kann sich auf Wollgras betten.
Das mit den Trockenfischen ist so eine Sache – die Inseln leben hauptsächlich vom Dorschfang und dem Tourismus. Ich bin persönlich kein Fan der Fischerei, aber muss gestehen, dass mir die Fischgerüste gefallen haben. Als Kulisse. Die Fische werden hauptsächlich exportiert, die Fischköpfe zu Beispiel gehen nach Afrika für deftige Suppen. Guten Appetit.
Apropos: Ich rate unbedingt zur Selbstversorgung. Alles andere ist nur machbar, wenn ihr klug wart und reich geheiratet habt.
Unterkunftsmäßig muss man schon einiges auf den Tisch legen. Die Preise sind – wie bei allem auf den Lofoten – saftig. Dafür darf man aber neidlos anerkennen, dass die Jugendherbergen in Norwegen total super sind. Dieses orange Exemplar steht in Stamsund und war wirklich wahnsinnig schön. Was ich hingegen eher unterirdisch fand, war das Hostel von Kabelvag. Es bietet sich auf jeden Fall an, vorher schon die Route zu planen und nicht erst vor Ort nach Unterkünften zu suchen. Es gibt einfach nicht so viele.
Der Strand von Haukland kann was. Während ich mich lieber auf dem schönsten Friedhof der Welt umsah, gingen die Jungs baden. Angeblich steigen die Temperaturen auf den Lofoten auch mal bis auf 30 Grad, das konnten wir aber nicht rekonstruieren. Man muss ehrlich sagen: Der Sommerurlaub kurz vorm Nordkap bietet in der Regel kein optimales Strandwetter (obwohl es durch den Golfstrom dort angenehm mild ist). Außerhalb des Sommers würde ich euch die Reise nicht empfehlen, es sei denn, ihr stört euch generell an Tageslicht.
Keramikwerkstätten und Käsereien sind eher nicht so mein Ding, aber auch Fans der modernen Kunst kommen in der Kaviar Factory in Henningsvær auf ihre Kosten. Der Ausblick auf die Lagune aus dem oberen Stockwerk ist grandios. Und die Galeristen freuen sich garantiert über Besuch und einen Plausch.
Falls ihr auf der Suche nach euren Traumhaus seid – look no further – wir haben es für euch gefunden. Es steht am Rande von Henningsvær (auch wenn der Weg dorthin als privat gekennzeichnet ist). Crime ist auf den Lofoten übrigens kein Thema. Dass euch jemand den Stockfisch von der Stange klaut, ist ungefähr das Schrecklichste, das passieren kann.
Neben Surfen und Angeln kann man auf den Lofoten vor allem Wanderungen unternehmen. Die gibt es in allen Längen und Schwierigkeitsgraden. Pirscht euch langsam ran. Die stellenweise über 1200 Meter hohen Berge der Lofoten haben alpinen Charakter, ihr solltet also darauf achten, gut ausgerüstet zu sein und im Zweifel einen Guide bemühen. Ich persönlich wäre auf tausend Metern wegen akuter Panikattacken fast gestorben und kann nur sagen: Berge sind niemals zu unterschätzen und genügend Verpflegung und warme Klamotten schaden nicht. Das Wetter wechselt unfassbar schnell. Erst lauft ihr noch so fröhlich in der Sonne den Berg hoch, auf einmal steht ihr neben einer riesigen Eiswand im Regen. Immerhin: Überraschend dunkel kann es nicht werden. Zumindest nicht bis zum Herbst.
Freunde der Mitternachtssonne. Für den nordischen Kick für zwischendurch sind die Lofoten ein Traum. Was ihr unbedingt in den Urlaub mitnehmen solltet:
- eine Dose Lutschtabak (gibt’s in Oslo am Flughafen im Vorteilspack und passt einfach super zur skandinavischen Atmo)
- ein digitales Endgerät mit guten Serien (ich empfehle Ru Paul’s Drag Race)
- mindestens eine Flasche Schnaps pro Person (ist vor Ort einfach zu teuer und nichts geht über einen Birnenshot nach dem Anbaden)
- einen Kompass (nur fürs Feeling, weiß ja eh niemand, wie man die Teile liest)
- eine Sonnenbrille (kann man hier nicht so einfach auf dem Sleepless Floor kaufen)
So. Dann kann’s ja los gehen! Gute Reise!