10 Wochen ist es her, dass wir uns das letzte Mal gesehen haben, und seit 5 Tagen kann ich an nichts Anderes denken. Du hast mich wieder einmal gedanklich außer Gefecht gesetzt und ich hasse dieses Gefühl. In allem bist du so kontrolliert, so zurückhaltend, so voller Selbstbeherrschung, aber an ehrlichen Worten mangelt es dir nicht. Und diesmal haben sie mich mit voller Wucht getroffen. Aber von vorne.
Zwei Wochen habe ich es damals ausgehalten, bis wir uns ein drittes Mal bei Tinder geliked und nach dem Match wieder geschrieben haben.
Nach unserem letzten Treffen Mitte November, welches intensiv und merkwürdig zugleich war, habe ich mir unsere Geschichte von der Seele geschrieben, Tinder gelöscht und dich in mein Notebook bzw. diese Geschichte hier verbannt. Zwei Wochen habe ich es damals ausgehalten, bis wir uns ein drittes Mal bei Tinder geliked und nach dem Match wieder geschrieben haben.
Ziemlich schnell haben wir an die Stelle zurückgefunden, an der wir aufgehört haben, und obwohl du klar formuliert hast, dass du keine Beziehung suchst, war und ist dein Interesse an mir nicht zu übersehen. Irgendwas gebe ich dir, was du nicht in deiner offenen Beziehung findest, was dich zu sehr reizt.
Wir schreiben also und kommen zu dem Punkt, dass wir uns wiedersehen werden – wann, weißt du nicht, denn dein Kalender ist voll. Aber du hoffst, bald Zeit für ein Treffen zu haben. Das schreibst du mir am 14. Dezember. Dann herrschte absolute Funkstille. Ich wartete eine Woche und hoffte jeden Tag auf Nachricht von dir.
Am 21. Dezember löste ich unser Match auf, denn ich wollte nicht, dass du mir schöne Weihnachten oder einen guten Rutsch wünschst
Es ging auf Weihnachten zu und ich ahnte, dass wir uns wohl in diesem Jahr nicht mehr sehen würden, denn Weihnachten verbringst du nicht alleine und ich wusste, dass du Silvester verreist sein würdest, auch nicht allein. Am 21. Dezember löste ich unser Match auf, denn ich wollte nicht, dass du mir schöne Weihnachten oder einen guten Rutsch wünschst.
Das Ende eines Jahres und gemischte Gefühle
So vergingen Weihnachten und Silvester und natürlich habe ich an dich gedacht. Vermutlich sogar jeden einzelnen Tag. Aber ich wollte – mal wieder – über dich hinwegkommen und habe mich, so gut es ging, versucht abzulenken. Bis letzte Woche hat das hervorragend geklappt.
Da war er plötzlich – ein weiterer Superlike von dir
Letzte Woche Sonntag habe ich mich wieder bei Tinder angemeldet und es dauerte keine 24 Stunden, bis mein Herzschlag mal wieder für einen Moment aussetze. Es war Montagmorgen und da war er – ein weiterer Superlike von dir. Ich zögerte und schloss die App.
Wann immer ich die App öffnete, du wurdest mir immer als Erster angezeigt.
Wann immer ich sie öffnete, du wurdest mir immer als Erster angezeigt. Tagelang konnte ich nicht mehr swipen, denn ich wollte dir weder ein Ja noch ein Nein geben, also musste Tinder schweigen. Am späten Mittwochabend gab ich nach – und dir ein Like.
Schon am nächsten Morgen um 6:52 Uhr hatte ich eine Nachricht von dir. „Guten Morgen Y, das ist ja mal ein schöner Start in den Tag. Ich freue mich sehr über unser Match.“ Und prompt hattest du mich wieder.
Ab diesem Zeitpunkt schrieben wir wieder und das ziemlich intensiv, inhaltlich wie auch von der Häufigkeit her. Du schriebst, du wolltest mir vor Weihnachten schreiben, da dich unser letzter Chat nicht mehr losgelassen hätte, und ich war happy, denn du hattest an mich gedacht, ohne mich haben zu können. Und ich dachte, nun wüsstest du, wie sich das anfühlt.
Der Chat wurde intensiver und wir malten uns ganz deutlich aus, was wir bei unserem nächsten Treffen tun würden.
Der Chat wurde intensiver und wir malten uns ganz deutlich aus, was wir bei unserem nächsten Treffen tun würden, und ich war überrascht, welch‘ deutliche Wort du fandest. Du hattest verstanden, dass ich für Zurückhaltung die Falsche war, und hast anscheinend Gefallen gefunden an meiner Art der Kommunikation. Und ich fühlte mich stark genug für ein weiteres Treffen mit dir.
Die Spannung stieg
Donnerstag und Freitag schrieben wir über den ganzen Tag verteilt und du sagtest, du hättest deine Schwierigkeiten, in die Arbeit zu finden, so sehr würde ich dich beschäftigen. Antwortete ich abends nicht mehr, hatte ich direkt am nächsten Morgen wieder eine Nachricht. Und die Spannung stieg.
Wir haben uns am Freitag für den Freitag in der Woche darauf verabredet und zu meiner Überraschung machtest du folgenden Vorschlag: „Ich schlage vor, wir steigern uns noch etwas und keiner von uns zwei Hübschen darf sich bis zu unserem Treffen selbst den Druck nehmen.“
DU, der du in einer offenen Beziehung bist, schlägst vor, bis zu unserem Treffen „enthaltsam“ zu bleiben. Ich fragte mich, ob du jetzt Single wärst.
DU, der du in einer offenen Beziehung bist, schlägst vor, bis zu unserem Treffen „enthaltsam“ zu bleiben – und ich zerlege diese Worte bis ins kleinste Detail. Ich fragte mich, ob du jetzt Single wärst. Warum sonst würdest du schreiben, wir dürften selbst keine Hand anlegen? Wie sollte das sonst funktionieren, wenn du noch in der Beziehung wärst?
Was wäre, wenn die Person, mit der du lebst, dich will? Sagst du dann: Nee sorry Schatz, ich habe Freitag ein Date und spare mich auf. Schräg, oder? Insgeheim hoffte ich, du wärst getrennt, versuchte aber nichts hineinzuinterpretieren. Ich genoss, wie du nicht müde wurdest, zu betonen, wie sehr du dich schon jetzt auf unser Treffen freust, und wie schwer und lang diese Zeit bis zu unserem Treffen für dich würde.
Wir schrieben auch am Samstagmorgen noch lustvolle Nachrichten – du kündigtest sogar an, mir eine kleine Aufmerksamkeit mitzubringen –, bis du schriebst: „Ich muss jetzt arbeiten. Ich wünsche dir einen schönen Samstag, Y“.
Du hast mich bewusst leiden lassen
Samstag, Sonntag, Montag – die Tage vergingen, und ich hörte nichts von dir. Wie oft schaute ich nach, ob da nicht doch eine Nachricht von dir war, und ich lediglich die Mitteilung übersehen hatte. Nichts. Ich bin mir sicher, du hast mich bewusst leiden lassen. Nicht bewusst, damit ich leide, aber ich glaube es war deine Art, die Zeit bis zu unserem Treffen spannender zu gestalten.
Du meldetest dich also nicht und ich versuchte, dir diese Art der Vorbereitung bzw. Spannung auf das Wiedersehen zu lassen. Ich versuchte es auszuhalten und nahm mir vor, dir nicht zu antworten, solltest du schreiben, und den Spieß somit einfach umzudrehen. Du solltest dich fragen, warum ich nicht antworte und ob ich an unserer Verabredung am Freitag festhalten würde. Du solltest unsicher sein und mich dein Verlangen nach mir durch Worte spüren lassen.
Bis Dienstagmittag hielt ich das aus. Dann nahm ich mein Handy, öffnete Tinder und schrieb „Ich schwanke. Ich weiß nicht, ob das mit unserem Treffen am Freitag eine gute Idee ist“.
Bis Dienstagmittag hielt ich das aus. Dann nahm ich mein Handy, öffnete Tinder und schrieb „Ich schwanke. Ich weiß nicht, ob das mit unserem Treffen am Freitag eine gute Idee ist“. 10 Minuten später hatte ich eine Antwort: „Du willst mich testen.“ Und ich merkte sofort, wie sich mein Hals zuschnürte.
Ich fragte dich, worauf ich dich testen wollte. Keine Antwort. Also setzte ich nach „Egal. Nein, ich will dich nicht testen. Ich kann einfach keinen Gefallen daran finden, anderer Leute Sex-Leben zu inspirieren. Daher müsst ihr euch die Inspiration leider woanders suchen.“
Headerfoto: Polina Kovaleva (Kategorie-Button hinzugefügt und Bild gecroppt.) Danke dafür!