Tag eins. Heute habe ich mir eisern vorgenommen, nicht einen einzigen Buchstaben in mein Smartphone oder auf die Tastatur zu tippen, welcher in deine Richtung geht. Doch Moment, was tue ich gerade?
Nein, diese Worte müssen raus! Das war schon immer so. Gegen meine innere Wahrheit zu leben, halte ich nicht aus. Doch sie dürfen nicht in deinem digitalen Briefkasten landen. Wir müssen Ruhe finden. Beide. Zusammengerollt in einem Vogelnest nach einem Flug zur Sonne und zur Hölle. Spatz und Kolibri. Jeder für sich.
Ikarusgleich haben wir erflogen, was andere nicht sehen oder verstehen können.
Drei Jahre, mein Engel … Ikarusgleich haben wir erflogen, was andere nicht sehen oder verstehen können. Nicht erreichen. Nicht fühlen. So einige Sturzflüge von den Höhen in die Tiefen haben wir hingelegt. Flügel gebrochen, geschient und wieder zum Flug angesetzt. Alles konserviert in bernsteinfarbenen Momenten. Doch nun braucht es Zeit zum Heilen.
Die Wunden lecken und etwas wieder entdecken, was wir in all den Flugstunden verloren haben. Uns selbst … im UNS.
Ein guter Freund sagte neulich zu mir, dass Kreativität im Schmerz ein Mythos sei. Schaffe ich mir wirklich meine selbsterfüllende Prophezeiung, wenn ich genau dies jetzt tippe? Waren all die Klänge, blumigen Worte und gezeichneten Bilder unecht? Illusion? Nein! Es muss hinaus, was in mir steckt, und irgendwie ist es doch schön, es zu konservieren und zu verarbeiten. In eine Form zu gießen, die etwas unsterblich macht, was niemand außer Dir und mir verstehen kann.
Alle predigen schon seit Jahren: „Lass sie ziehen! Sie ist Gift!“ – Wenn Gift, dann ein süßes.
So unverständlich, dass ich meinen Freunden nicht erzählen darf, dass ich diese Worte jetzt schreibe, und schon gar nicht, dass ich sie veröffentliche. Alle predigen schon seit Jahren: „Lass sie ziehen! Sie ist Gift!“ – Wenn Gift, dann ein süßes. Und ja, ich war oft allein und krallte mich Nacht für Nacht in mein Kissen, das dein Körper hätte sein sollen. Dies wird sich auch nicht so schnell ändern, denke ich. Lieber allein, als mit einem beliebigen Pflaster, das mich nicht erfüllt.
Ich bekomme langsam Luft. So ein Trennungsprozess ist nicht einfach. Ist er nie. Und kurz vor Ende war es auch bitterböse. Wir zerrissen uns gegenseitig. Als ob wir zeigen wollten, dass wir uns nicht nur beflügeln können, sondern auch in den Abgrund stürzen. Mit dem Finger wühlten wir in der Wunde des anderen. Angst, Schmerz und das Unverständnis, warum wir nicht mehr als eine Flucht sind, trampelte auf meinem Selbstwertgefühl herum.
Wir zerrissen uns gegenseitig. Als ob wir zeigen wollten, dass wir uns nicht nur beflügeln können, sondern auch in den Abgrund stürzen.
Schöner ist Ankommen an einem Hafen. Vielleicht in Warnemünde oder Usedom. Unser ewiger Sommer… Vielleicht war diese schmerzliche Erfahrung für uns beide wichtig, damit wir etwas ändern. Wir Menschen sind bequem. Solange alles funktioniert, gibt es keinen Grund, etwas zu ändern, auch wenn es sticht.
Der Schmerz war erträglich. Bequemlichkeit in selbst abgesteckten Grenzen. Doch nun sollten wir den Weg zurück zu uns nehmen – und damit meine ich jeder für sich zu sich … zu sich … zu sich … Wir müssen alle nach Hause gehen … jeder zu sich …
Ich lecke nun meine Wunden, backe Plätzchen für meine Freunde, die viel ertragen mussten. Gegen eine Wand redeten und mich doch immer wieder aufgefangen haben. Nicht verstehen konnten, wie ich das nur mitmache. Mich aus dem Strudel reißen wollten, in dem ich mich verloren hatte. Und bei all dem immer versucht haben, Verständnis aufzubringen für einen Bruchpiloten und hoffnungslosen Romantiker.
Das hat sie nicht verdient!, denkt ihr euch und ich kann es euch nicht verdenken.
Ihr seid wunderbar, liebe Freunde! Auch wenn ihr das hier vielleicht zähneknirschend lesen würdet. „Das hat sie nicht verdient!“, denkt ihr euch und ich kann es euch nicht verdenken. Aber ich bin noch nicht bereit zum Denken. Ich fühle noch zu sehr. Und tippe, während draußen gerade die Sonne aufgeht. Der Dampf des Kaffees verbindet sich mit dem Qualm der Kippe. Ein leiser Morgen.
Selbstliebe. So ein großes Wort. Charlie Chaplin hat dazu mal ein Gedicht geschrieben, welches ihr wohl alle lesen- und vor allem verinnerlichen solltet. Wie packe ich das nun, was vor mir liegt? Wie finde ich den Weg zu mir?
Wie finde ich den Weg zu mir? Am besten mit Dingen, die mir wirklich gut tun.
Am besten mit Dingen, die mir wirklich gut tun. Nicht der nächste Club, der nächste Kuss, andere Arme und andere Dunkelheit. Nein … besser ist es, mich im Schwimmbad durch die Bahnen zu ziehen, mit einem Kaffee im Buch zu vertiefen, mit Freunden einen Wein zu trinken, mir Zeit zu nehmen beim Kochen und für alles, was mir gut tut, ein Mixtape aufzunehmen, mir die Worte von der Seele zu schreiben; aber diese besser auf Papier zu konservieren, damit sie nicht in deine Richtung flattern.
Besser ist es, deine Handynummer zu verbannen und all die schönen Bilder von dir tief in einem Ordner zu vergraben, auf meinem Rechner abzulegen und den Schlüssel zu schlucken. Löschen kann ich sie nicht. Genauso wenig wie ich dich wohl nie aus meinem Herzen löschen können werde. Aber es muss aus meiner Armlänge. Vorbei die Zeiten, als die Panflöte (mein eigener Klingelton für dich) erklang und ich über beide Wangen strahlte, als ich dich erblickte.
Deine Schönheit hat mir stets das Gefühl gegeben, dass doch irgendwie alles gut ist. Weil ich fähig bin zu lieben.
Deine Schönheit hat mir stets das Gefühl gegeben, dass doch irgendwie alles gut ist. Weil ich fähig bin zu lieben. Digitale Umarmungen, Küsse und das Gefühl, dass du mir nah bist. Und doch kehrt nun Ruhe ein. Das Handy verliert an Bedeutung und dies ist gut so. Sonst war es doch gleich einem haptischen Verbindungsstück aus Chips und Plaste, aber eine Verbindung zu dir.
Noch immer erahne ich beinahe den Klingelton, der nicht mehr kommt. In stillen Momenten ist es dann so, als käme eine Nachricht von dir. Aber keine, die durch Funkwellen auf mein Display geflogen kommt. Nein, ich bilde mir dann ein, Dich zu spüren. Genau in dem Moment.
Ich muss die Liebe, die ich suche, in mir finden und nicht bei anderen erbetteln.
Ich muss mich streicheln. Nicht streicheln lassen. Die Liebe, die ich suche, in mir finden und nicht bei anderen erbetteln. Mich auf meine Seele fokussieren, mein Herz und meinen Verstand. Aus der Opferrolle entweichen und empor steigen wie ein Phoenix aus der Asche.
Und manchmal … dann, wenn die Schneeflocken rieseln, sehe ich Dich. Wie wir morgens aus dem Club entwichen sind. Nach heimlichen Küssen und warmen Bäuchen. Du blicktest gen Himmel und es fielen die Eiskristalle hinab. Ein sanftes, zufriedenes Lächeln. Eines, das ich in solchen Momenten auch habe. In solchen Nächten waren wir Helden.
Dankbar.
Liebend.
Loslassend.
Linus.
Headerfoto: Taylor Bryant via Unsplash. (Gedankenspiel-Button hinzugefügt, Bild gecroppt.) Danke dafür!
Ohweia, das ist so wunderschön geschrieben aber auch so traurig! Auch ich hab zur Zeit Liebeskummer. Passiert selten aber man ist dann doch überrascht, wie sehr es einen umhaut. Lass dir die Schreiberei nie als was banales oder doofes von anderen einreden! 😉