Meine Schokosojamilch wird kalt. Sie wird ungefähr so kalt wie mein Verhältnis zu dir, wenn ich so darüber nachdenke – so warmgehalten lauwarm kalt eben. Ich stelle sie einfach mal neben die kalt gewordenen Vollkornnudeln. Da versucht man sich doch wenigstens gesund zu ernähren, wenn man schon um zwei Uhr nachts noch Hunger hat! Es gab ja schon schlimmere Nächte. Mit vollgeschlagenem Bauch leidet es sich schlechter. Man kann sich einfach nicht so gut darauf konzentrieren, dass es einem mies geht, so glaube ich. Aber was, wenn das Essen ausgeht? Wenn man einkaufen gehen muss und sich den prüfenden Gesichtern der Alltagsmeisterer stellen muss? Denen, die tatsächlich mit einem geregelten Tagesablauf leben und zufrieden damit sind?
Denen, die sich nicht tagtäglich fragen, ob sie ihr Leben jetzt endlich um 200 Grad drehen sollen und überhaupt mal darüber nachdenken, was eigentlich los ist?
Die, die ihr Leben schon haben und nicht fünfzig Prozent ihres Tages damit verbringen, darüber nachzudenken? Nein, so weit bin ich noch nicht. Ich habe noch nicht die Kraft, einkaufen zu gehen. Tut mir leid, ich mache einen Hungerstreik. Das ist die Idee! Nur gegen was? Naja, es gibt ja genügend Anlässe. Nehmen wir doch als mehrfach bestätigter Weltverbesserer mal wieder die Erderwärmung. Denkt mal einer an die Eisbären, die Pinguine, oder wie auch immer? So gut kenn ich mich da ja auch nicht aus. Ich weiß nur, dass wir alle die Erde zerstören.
Oder nein, das bringt ja doch nichts, ich hab nicht die nötige Medienaufmerksamkeit. Ich bin kein Nelson Mandela.
Und wer bin ich dann? Noch kann ich es mir eigentlich aussuchen, aber ich war ja schon immer eher nicht so der Entscheidungstyp.
So weiß ich jetzt leider auch nicht, was wir beide morgen machen sollen. Es ist toll, dass wir nach zwei Wochen hin und her wieder mal was machen, es ist super, dass wir uns endlich wieder gegenseitig zurückschreiben, auch wenn wir die obligatorischen Kunstpausen einlegen, bei denen man den anderen so lange warten lässt, dass er eventuell denken könnte, man hätte was Besseres zu tun.
Auch wenn wir irgendwie nicht mehr so sind wie früher und uns schon wirklich viel zu lange nicht mehr unterhalten haben.
Nein, es ist super. Aber schau doch mal, es hat sich so noch nichts geändert.
Im Prinzip hast du immer noch eine Freundin, mit der zusammen du nach Berlin ziehen wirst, wo ich auch hinziehen werde. Im Prinzip zählst du mich anscheinend nicht zu deinen besten Freunden, im Prinzip hast du oft was anderes gesagt. Im Prinzip hast du mich nicht zu deiner kleinen Geburtstagsfeier im Lokal, in dem deine Freundin arbeitet, eingeladen. Ich wäre zwar nicht gekommen, weil, naja, eben deswegen, trotzdem ist es nicht ok. Ich hab dir gratuliert und du hast gleich vorgeschlagen, die Woche darauf was zu unternehmen. Mit Herzchen.
Im Prinzip hab ich kein Geschenk für dich, weil nichts gut genug ist. Nichts mit Herzchen.
Eigentlich will ich dir nur das alles sagen. Nur werde ich das nicht, ich werde mich so verhalten wie immer. Ich werde nett und freundlich sein, dir zuhören, mich in dir wiederfinden und versuchen, dir nicht zu nahe zu kommen. Und das ist verdammt schwer. Weil, naja, ich mich in dich verliebt habe.
Tut mir so leid.
Headerfoto: John Ngo via Unsplash.com. („Gedankenspiel“-Button hinzugefügt.) Danke dafür!