Ich achte jetzt auf meine Grenzen und Bedürfnisse – und es fühlt sich verdammt gut an

Wie ich so Sätze von Müttern liebe: „Komm mal in mein Alter, dann geht das nicht mehr so einfach!“ Oder: „Früher habe ich das auch so gemacht, aber heute denke ich mehr an mich.“

Ich komme darauf, weil ich mir einen Nerv im Rücken eingeklemmt habe. Entweder beim Joggen oder auf der Arbeit. Ich vermute Letzteres. Meine ToDo-Liste vor der bevorstehenden Spätschicht war lang, mein Pflichtbewusstsein hoch, alles durchgetaktet, um ja so viel wie möglich abhaken zu können.

Unter anderem stand auf meiner Liste auch zu meditieren. Ich bin ehrlich, länger als 10 Minuten nehme ich mir nicht die Zeit dafür, aber immerhin.

Als ich mich in der geführten Meditation entspannen sollte, kam’s gleich hoch. „Aaaaau mein Rücken!!“ Ne kleine Träne später wurde mir klar, dass ich den Tag so nicht durchziehen konnte und ich rief meine Chefin an. „Ich kann heute leider nicht zur Arbeit kommen.“ Sie war alles andere als begeistert, aber untypischerweise blieb mein schlechtes Gewissen aus.

Ich rief meine Chefin an. ‚Ich kann heute leider nicht zur Arbeit kommen.‘ Sie war alles andere als begeistert, aber untypischerweise blieb mein schlechtes Gewissen aus.

Wieso auch? Fragen sich jetzt vielleicht einige von euch. Für mich war das allerdings nicht selbstverständlich.

Kurz danach rief meine beste Freundin an. „Boah, ich habe heute einfach mal ne‘ Stunde länger geschlafen und das tat soo gut! Was geht bei dir so? Viel zu tun?“

Sie kennt mich zu gut. Als ich ihr von meinem Rücken und der Krankmeldung erzählte, waren wir gegenseitig stolz aufeinander. Sie brauchte Schlaf und ich eine:n Ärzt:in. Dass wir uns nahmen, was wir brauchten, war in der Vergangenheit eher selten der Fall.

Sie kennt mich zu gut. Als ich ihr von meinem Rücken und der Krankmeldung erzählte, waren wir gegenseitig stolz aufeinander. Sie brauchte Schlaf und ich eine:n Ärzt:in. Dass wir uns nahmen, was wir brauchten, war in der Vergangenheit eher selten der Fall.

Fast zeitgleich sagten wir: „Crazy, wir achten auf uns! Und das fühlt sich echt gut an. Wieso haben wir damit nicht schon eher angefangen?“

Ich meine, gesagt haben wir es der anderen schon oft, getan aber nicht.

Diese zwei Minuten der Stille, in mich reinzufühlen, meinem Körper zuzuhören, haben mir zwar keine Entspannung gebracht, was Atemübungen und Meditationen ja oft bewirken sollen. Die zwei Minuten gaben mir klarere Sicht!

Ich möchte keine unbezahlte Werbung fürs Meditieren machen, meine beste Freundin brauchte sie ja schließlich auch nicht. Ich mache Werbung für die eigenen Bedürfnisse, fürs „auf sich hören“, was so oft ignoriert und verdrängt wird. Durch Ansprüche von außen, von uns selbst, durch die Schnelllebigkeit. Außer vielleicht an den 25 bis 30 Urlaubstagen im Jahr, an denen dann hardcore entspannt werden muss.

Ich mache Werbung für die eigenen Bedürfnisse, fürs „auf sich hören“, was so oft ignoriert und verdrängt wird. Durch Ansprüche von außen, von uns selbst, durch die Schnelllebigkeit.

Älter zu werden ist irgendwie cool! Auch wenn ich auf die Wärmeflasche in meinem Rücken gerade echt gern verzichten würde!

Auf meine ToDo-Liste kommt ab heute: Wie geht’s dir eigentlich? Und was brauchst du?

Breathe, peace and love,
eure Marisa

Headerfoto: Dimitry Zub via Unsplash. (Kategorie-Button hinzugefügt und Bild gecroppt.) Danke dafür!

Marisa ist 32 und aus Köln. Sie schreibt über mentale Gesundheit, das Leben und Veränderungen in unserer verrückten Zeit.

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