Herz gegen Bauch gegen Kopf – ich bin eine von Vielen

Ich habe dich kennengelernt. „Beziehungsstatus: kompliziert“ würde ich sagen. Du möchtest dich nicht festlegen. Frei sein. In deiner Welt bleiben. Keinen Bezug auf andere nehmen. Dies sei gerade nicht möglich. Du möchtest einfach genießen. Die schöne Zeit mitnehmen. Ich gehe da vollkommen mit. Denn das möchte ich auch.

Die schöne Zeit mitnehmen. Mich nicht irgendwo hineindrängen lassen. Du sollst mich festhalten, im Bett, aber nicht in meinem Leben, sodass ich stehenbleibe. Auch da gehe ich wieder voll mit. Wir haben etwas, das ich nicht erklären kann. Und ich merke immer mehr, wie ich mich doch verliere. Wie ich möchte, dass du mich festhältst. Dass du da bist, wenn ich dich brauche. Dass du da bist, wenn es mir schlecht geht. Dass ich mit dir meine Freude teilen kann, wenn ich das möchte.

Dann liege ich alleine in meinem Bett und weiß, dass du sicherlich Besuch hast. Dann geht das Kopfkino bei mir an und es ist nicht immer das schönste. Das glaube mir. Dann ist es dunkel und kalt. Dann brauche ich zwei Decken, denn ich bin mir sicher, du lässt die Zeit mit anderen zerfließen.

Ab wann sollte man dann abspringen, frage ich mich? Ab wann tut es zu sehr weh? Ich denke, ich schaffe das.

Nicht.

Dann sitze ich da und versuche tief in mich hineinzuhören, was ich fühle. Versuche zu reflektieren. Was sagt mir mein Bauch, was sagt mir mein Kopf, was will das Herz? So sollte man auf alle drei hören. Das ist aber schwer, wenn sie sich gegenseitig einfach nur anschreien. Wenn alle etwas Unterschiedliches wollen. Wenn sie so laut sind, dass man sie nicht versteht.

Das Herz will die Liebe. Denn ich liebe dich. Was auch immer Liebe ist.

Wenn ich neben dir sitze, fehlen mir die Worte, dabei wollte ich dir so viel erzählen. Ich genieße es dann einfach, neben dir zu sitzen und deine Anwesenheit zu spüren. Wenn du mir die Aufmerksamkeit schenkst, die ich brauche. Dann kribbelt es im Bauch so wunderschön wie zu viel Brausepulver oder das Gefühl, wenn man ganz hoch schaukelt. In den Wolken hängt.

Wenn deine Hand mich berührt, vorsichtig, mit so viel Zärtlichkeit, bleibt die Welt für einen kurzen Moment einfach stehen. Dann vergesse ich die Sorgen des Alltags. Dann bin ich einfach nur bei dir und du bei mir.

Dann schaltet sich der Kopf dazu.

Es hat keine Zukunft. Ich bin etwas Besonderes und habe meinen Wert, den ich vermutlich wegen meines Herzens hier gerade verliere. Wenn man etwas loslässt, hat man Platz für etwas Neues. Geh weiter, denn es wird Zeit.

Dann ist der Bauch dran.

Wir haben so viele Gemeinsamkeiten. Ein Hausboot wollte ich auch schon immer und ich mag meine karierten Schlafanzughosen so wie du deine lieb hast. Ich muss mich nicht verstecken, denn du tickst genauso. Freiheit ist für dich auch so wichtig wie für mich. Eifersucht ist das Schlimmste, was es geben kann. Ich möchte keine Vorschriften oder ein schlechtes Gewissen bekommen, wenn ich einfach mal für mich sein will. Alleine. Auch das verstehst du. Einfach leben und den Moment genießen. Keine Angst spüren. Im Jetzt leben und nehmen, was kommt.

Und zusammen singen sie dann in der Dunkelheit „Ich bin eine von Vielen“.

Du gibst es nie offen zu. Deine Aussagen sind immer Wackelpudding. Eklig. Grün. Schlabberig. Kann nichts damit anfangen. Gibst nie offen zu, dass du mich magst, und schaffst es, dich da immer rauszuwinden. Wie ein guter Politiker, der die Flughafensituation in Berlin beschreiben soll.

Als unsere Story begann, machte mir das nichts aus, denn ich genoss die Zeit. Du warst dann einfach bei mir und ich schaffte es, den Kopf auszuschalten. Alles ging einfach nur ums Fühlen. Es gibt endlich jemanden, der mich halten kann im Hier und Jetzt. So sollten wir alle einfach leben im Hier und Jetzt.

Hier ist es nun dunkel und ich liege wieder alleine in meinem Bett. Mein Herz schreit, mein Bauch ist müde und mein Kopf dreht sich. Habe versucht ihn mit Bier etwas ruhig zu stellen, aber das ist mir mal wieder nicht gelungen.

Ich bin wichtig und einmalig, sagt der Kopf. Ich bin etwas Besonderes und nicht nur eine von Vielen. Verliere dich nicht, nur weil es sich gut anfühlt, denn eine Zukunft hat das Ganze nicht.

Ab wann schaffe ich es, dir einen Korb zu geben?

Ab wann ist ein Absprung möglich? Ab wann hört es auf, dass ich alle wichtigen Momente mit dir teilen möchte? Ab wann hört es auf, dass ich jeden Tag, jede Minute an dich denke?

Wenn ich dich loslasse, vermutlich. Denn man sollte ja gehen, wenn es am schönsten ist.

Nur noch einmal die Zeit zusammen zerfließen lassen, die Pläne, die wir bei einer Flasche Wein machten, umgesetzt haben.

Wenn es anfängt, mehr weh zu tun. Oder es Konfetti regnet. Dann schaffe ich es.

Sicherlich.

Sia spielt gerne mit Worten und versucht, mehr mit dem Herzen zu schreiben als mit den Kopf, aber ab und an sind auch mal die anderen Teammitglieder etwas lauter als sie es doch sollten. Würde gerne mehr im Hier und Jetzt leben.

Headerfoto: Junge Frau mit Reflexionen via Shutterstock.com. („Gedankenspiel„-Button hinzugefügt.) Danke dafür!

2 Comments

  • Oh dein Text passt gerade zu meiner Situation… wann hört man auf, wann ist der Moment gekommen zu gehen und die schönen Erinnerungen hinter sich zu lassen. Es ist besonders schwierig, wenn die Freunde einen schon warnen “Hör auf mit den blödsinn, er ist es nicht wert“sie wissen gar nicht, wie es in einen aus sieht. Wie krass man sich selber schon fertig macht.

  • Mit dem Bauch auf Kriegsfuß Als Stilberaterin stoße ich erstaunlich oft genau auf dieses Thema. Viele deutsche Frauen und auch Männer stehen mit dem Thema Bauch auf Kriegsfuß.

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