Hast du dich heute schon selbst geliebt?

„Wenn du nicht danach suchst, dann kommt es von ganz alleine!“ Ein Satz, den ich selbst schon oft gehört habe. Ganz falsch ist er nicht, jedoch würde ich ihn mit meiner Erfahrung nicht ganz unterschreiben. Natürlich geschehen Dinge oftmals dann, wenn man sie nicht erwartet, sich nicht darauf fokussiert, dennoch glaube ich, dass es eher so ist, dass Dinge geschehen, Menschen in dein Leben treten, wenn du soweit bist. Wenn du bei dir bist. Und da merkt ihr schon, es geht am Ende immer wieder um Selbstliebe!

Bei all den Liebesthemen, dem Singledasein, den Glücklichen und Unglücklichen, erst wer liebt – und zwar sich selbst –, der ist zufrieden. Ob mit oder ohne Partner.

Im Moment habe ich viele Singles um mich. Bin ja auch einer. Aber von jedem höre ich etwas anderes, jeder hat andere Erfahrungen damit gemacht. Unzufriedenheit, negative Konnotation, mitleidige Blicke, aufmunternde Worte, Angst; das ist es, was ich oftmals mitbekomme. „Ich glaube nicht mehr daran, geliebt zu werden, noch einmal die Liebe zu finden, den Partner, mit dem ich alt werde.“ Ich denke, da liegt schon der erste Fehler im Denken.

Viele meiner Freundinnen kommen aus langjährigen Beziehungen, die sie Anfang 20 begonnen haben. Ich auch. Die große Liebe, der Partner, der mich glücklich gemacht hat, mich verstanden hat, mich so genommen hat, wie ich bin. Damals war es alles leichter … Ja war es; wir waren unbelasteter, wir waren leichter, hatten weniger Gepäck auf den Schultern. Das heißt für mich aber nicht, dass es jetzt nicht mehr möglich ist zu lieben und geliebt zu werden!

In erster Linie müssen wir von dem Gedanken loslassen, dass der nächste Partner uns glücklich machen muss. Das muss er nicht!

In erster Linie müssen wir von dem Gedanken loslassen, dass der nächste Partner uns glücklich machen muss. Das muss er nicht! Sich wohl fühlen, Zufriedenheit, Glück, Verständnis, Halt: nicht die Aufgabe des Partners! Ein Partner soll bereichern, dich nicht glücklicher machen. Dafür ist Liebe nicht da, der Partner nicht zuständig. Jedenfalls nicht in erster Linie. Nur du selbst bist dafür zuständig. Ich bin dafür zuständig! Wer all diese Erwartungen in den potenziellen Partner steckt, kann fast nur enttäuscht werden, denn daran kann er nur scheitern.

Ich denke nicht, dass unsere Erwartungen zu überzogen sind, unsere Ansprüche zu groß, aber ich denke, dass wir die Gewichtung, wer diese Erwartungen erfüllen sollte, falsch setzen.

Dazu kommt natürlich noch dieses Lovestory-Movie-Bild von Liebe. Dieses rosarote von der Verschmelzung zweier Seelen, die füreinander bestimmt sind, den anderen komplettieren, sodass man nur mit diesem Menschen glänzt, schöner, größer ist. Die tausend Schmetterlinge, das große Gefühl, das unsere Welt aus den Angeln hebt, toller, intensiver als alles bisher Dagewesene. Was ist, wenn dieses unbeschreiblich tolle Gefühl nicht eintritt, wenn statt Achterbahn nur Harmonie, Anziehung, Verständnis und Vertrauen da sind? Ist es dann nicht richtig? Ist das dann zu wenig? Ich denke nicht.

Wir projizieren wahnsinnig viel auf den Partner, den Nächsten, und werden oft enttäuscht. Ich glaube aber, meistens kann das Gegenüber gar nichts dafür, sondern wir scheitern an uns selbst. „Ich habe die Hoffnung verloren, wieder zu lieben“, ist eigentlich nur ein Zeichen dafür, dass man sich zu sehr auf das Äußere konzentriert, den Blick in sich selbst verloren hat. Wer bin ich? Was macht mich aus? Wo will ich hin? Fragen, die man sich beantworten sollte, bevor man sie durch andere zu definieren versucht.

Klar, Gefühl muss sein, aber ich bin keine 17 mehr, meine jugendliche Leichtigkeit ist einer erwachsenen Selbstkenntnis gewichen. Diese weiß um sich selbst, hat Ansprüche. Den Anspruch, dass ich einen Wert habe, ich mich nicht verlieren darf, in dem Anderen, in einer Wir-Beziehung. Das ich einen Gefährten in meinem Leben will, der sich genauso wichtig nimmt, um seiner selbst Willen liebt, mich aber an seinem Leben teilhaben lässt. Gemeinsam individuell sein.

Ich als Single bin nicht allein! Ich führe eine recht gute Beziehung mit mir selbst.

Hinzu kommt die Angst vor dem Alleinsein. Ich als Single bin nicht allein! Ich führe eine recht gute Beziehung mit mir selbst. Und die läuft nicht immer reibungslos. Auch wir streiten, können uns manchmal nicht leiden, zweifeln, aber inzwischen kennen wir uns ziemlich gut. Viele verschließen die Augen vor der Tatsache, dass wir nun mal allein sind. Egal welche Menschen in unserem Leben sind und kommen, am Ende sind wir immer allein, wir treffen allein unsere Entscheidungen und sind auch ganz allein für uns verantwortlich.

Und Alleinsein ist nicht zu verwechseln mit Einsamkeit! Mit sich allein sein heißt, wertvolle Zeit mit sich zu verbringen, in sich zu hören, sich zu finden, zu hinterfragen, sich zu ertragen, in guten, wie in schlechten Zeiten. Und das ist ein Prozess, den jeder durchlaufen sollte. Viele flüchten davor, lassen sich jedoch dabei auf der Strecke.

Eine Flucht in die nächste Beziehung, die nächste Affäre ist meist nur eine Flucht vor sich selbst. Solange du dich dir und deinen Dämonen nicht widmest, solange reibt dir das Leben eben genau diese Probleme, Ängste und Stolpersteine unter die Nase, solange, bist du anfängst, dich damit zu beschäftigen und daraus zu lernen. Wer also Angst hat, nicht mehr zu lieben, geliebt zu werden, der liebt sich selbst nicht, kennt sich nicht. Wer Single ist oder gerade geworden ist, sollte den Grund seiner Unzufriedenheit nicht darin suchen und braucht auch keine mitleidigen Blicke.

Single zu sein ist (…)  eine abenteuerliche Selbst-Entdeckungsreise. Auf der wird es steinig, kalt, stürmisch, aber auch erhellend, überraschend und lehrreich.

Das Single-Dasein ist weder die tollste Sache der Welt noch ein negativer Umstand, der minderwertiger macht. Also, liebe Liebenden, wir Singles brauchen keine Verkupplungsversuche oder schlauen Sprüche à la: „Das wird schon, auch du findest deinen Deckel“. Und liebe hoffnungslosen Singles, nehmt die Reise an. Single zu sein ist ein Lebensabschnitt, der dich wahrscheinlich auf die beste Reise deines Lebens schickt, eine abenteuerliche Selbst-Entdeckungsreise. Auf der wird es steinig, kalt, stürmisch, aber auch erhellend, überraschend und lehrreich.

Ich liebe mich. Ich kenne viele Schönheiten und Macken an mir und habe sie akzeptiert, an manchen scheitere ich, andere pflege ich, weil sie genauso richtig sind. Was dabei hilft, sind Momente mit mir, Spaziergänge, Stunden mit mir im Bett, die Gedanken überall und nirgendwo, trotzdem bei mir. Ich, die sich mal wieder nicht getraut hat, den Einen anzusprechen, zu lange gezögert, der eine Satz, der nur gedacht, statt ausgesprochen wurde. Auf der anderen Seite das Lachen mit neuen Menschen, die mich sofort ins Herz geschlossen haben. Momente, die mich zu mir führen, zeigen, wie ich reagiere und warum ich was mache oder warum eben nicht.

Ich lerne jeden Tag. Das ist nicht immer schön, das gebe ich zu, auch ich bin nicht perfekt. Und diesen Anspruch habe ich auch nicht an mich. Mit dieser Reise werde ich wahrscheinlich nie fertig sein, aber weil ich diese Reise erst einmal mit mir alleine antrete, schaffe ich eine Grundlage, dass mich andere lieben können. Weil ich ich bin, weiß, was ich will und wo ich hin will. Diese Erkenntnis zeigt mir, dass ich einen Partner möchte, der akzeptiert, dass er er ist, ein Individuum, aber bereit ist, einen neuen Menschen in sein Leben zu lassen. Platz zu machen, um gemeinsam allein zu sein, man selbst zu sein.

Ich bin vielleicht noch nicht ganz bei mir angekommen, aber schon sehr nah an mir, was ich nur durch stetes Hinhören geschafft habe.

Ich habe selbst mal behauptet, dass ich nicht bereit für einen Mann bin, weil ich selbst nicht mit mir im Reinen bin. Heute weiß ich, dass dies falsch ist. Denn man ist ja nie richtig fertig. Man lernt ja nie aus und entwickelt sich ständig weiter. Ich bin vielleicht noch nicht ganz bei mir angekommen, aber schon sehr nah an mir, was ich nur durch stetes Hinhören geschafft habe. Und durch diesen Prozess habe ich Menschen angezogen, die mich und meine Einzigartigkeit erkannt und geschätzt haben.

Es ist also nicht die Suche nach dem Einen, dem Seelenverwandten, oder dem Aufhören zu suchen, damit es kommt. Es ist der Weg mit uns zu uns, damit wir leuchten und so die richtigen Menschen anziehen können. Menschen, die uns begleiten, uns helfen, uns noch besser kennenzulernen – oder uns zu lieben.

Headerfoto: Mike Monaghan via Creative Commons Lizenz 2.0. („Wahrheit oder Licht“-Button hinzugefügt.) Danke dafür!

JULE ist ein Katzentyp und liebt das Meer. Die Twentysomething hat sie schon überschritten, was die Welt aber nicht davon abhält, sie mit pubertierenden, verängstigten und feigen Typen zu beschäftigen. Aber jeder Mensch tritt nicht ohne Grund in dein Leben, denkt sie, also nimmt sie auch die mit Humor. Nur mit Geduld hat sie es nicht so. Ansonsten schreibt und zeichnet sie, dann aber lieber Frauen. Mehr von ihr gibt´s auf ihrer Webseite, außerdem illustriert sie hier.

8 Comments

  • Ich bin twenty something, mit Kind und glücklich verheiratet und auch ich finde mich in Deinem Text wieder! Diese Reise hört nämlich, auch mit Partner, nie auf!!! Die Beziehung zu uns selbst ist und bleibt immer die Wichtigste.

  • schöner text. wirklich genau richtig! hat meine ganze gefühlswelt, erwartungshaltung, einstellung komplett wiedergespiegelt und mir noch einmal bewusst gemacht. danke dafür!

  • Es führt sich sehr gut an, genau das zu lesen, was man selbst fühlt, was man selbst denkt, was man selbst erfährt. Immer im Gedanken, der letzte Mensch der Welt, ermuntert es ungemein, nicht allein zu sein 🙂

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.