Irgendwie sah das Leben in meinen Träumen anders aus. Ich hatte den liebevollen, fürsorglichen Mann an meiner Seite gar nicht mit einem Gesicht oder einer bestimmten Figur geplant, einfach nur Eigenschaften definiert, die mir wichtig sind.
Gemeinsame Unternehmungen, romantische Abende, Familienurlaube, die Kinder sollten natürlich im Vordergrund stehen, aber auch ab und zu eine romantische Auszeit. Wir würden unseren Fokus auf unser Zuhause und gesunde Ernährung richten, die Freizeit mit den Kindern und Freunden verbringen und nebenbei an unserem Häuschen basteln.
Irgendwie sah das Leben in meinen Träumen anders aus. Ich hatte den Mann an meiner Seite gar nicht geplant, einfach nur Eigenschaften definiert, die mir wichtig sind.
Pustekuchen! Mein Partner hat jetzt ein Gesicht und auch eine tolle Figur, leider ist von all den anderen Wünschen nicht besonders viel übriggeblieben.
Der Eremit an meiner Seite plant seine Freizeit und auch seine Urlaube für gewöhnlich alleine, seine Zärtlichkeiten tauscht er lieber mit einer Katze aus und die Kinder sind ihm eher eine Last als eine Freude.
Selbstfindungstrip als Beziehungslösung?
Ich glaube, der Selbstfindungstrip als solcher, sei er nun durch einen Kurs, ein Retreat, ein Webinar oder schlicht und einfach mit einem Buch durchgeführt, ist nur eine Erfindung unserer modernen Zeit und eigentlich nur ein Ausdruck der weiblichen Degeneration.
Letztendlich lässt er uns Frauen in dem Glauben, es läge alles an uns und wir müssen sehr hart an unserer Erleuchtung arbeiten. Uns im Loslassen üben. Pah!
Das Lösen der Co-Abhängigkeit, das Aufgeben der Erwartungen. Moment mal, welche Erwartungen? Sollte es für meinen Mann/Partner/Freund nicht das Selbstverständlichste der Welt sein, mich in Glück, Leichtigkeit und innerem Frieden zu wissen? Und wieso muss ich eigentlich immer dafür zu einem Seminar verschwinden? Sollte der Frieden nicht zu Hause stattfinden?
Sollte es für meinen Partner nicht das Selbstverständlichste der Welt sein, mich in innerem Frieden zu wissen? Wieso muss ich dafür zu einem Seminar verschwinden?
Die passive Aggressivität, die mich dazu veranlasst, jedes Mal wie eine Furie aufzubrausen und die Türen zu knallen, kommt natürlich erst, nachdem ich einen Monat brav – meinen Selbstfindungskurs-Techniken und Atemübungen folgend – die Klappe gehalten habe, lässt keinerlei Kritik zu, denn man selbst war ja ruhig geblieben.
Ich glaube mittlerweile, dass sich, da Gewalt und Missbrauch in der Ehe oder Partnerschaft per Gesetz verboten wurde, eine andere Form der nicht-physischen Aggression manifestiert hat. Irgendwie muss das starke Geschlecht ja seine Herrschaft fortführen.
Wären da nicht – und ich kenne sie höchstpersönlich – diese Väter. Es gibt sie: die Superdaddys. Die tollen Partner/Freunde/Ehemänner.
Ich kenne tatsächlich einige davon. Sie tun alles für ihre Frauen, sie tragen sie auf Händen. Sie lieben es, mit ihren Kindern Zeit zu verbringen und es ist ihnen eine Freude, die Familie zu versorgen und alles nur erdenklich Machbare zu unternehmen, damit Frau und Kind(er) happy sind.
Hab ich nur Pech? Oder bin ich langweilig? Karmisch vorbelastet? Oder gar eigensinnig? Oh, da wären wieder die Selbstzweifel. Wie viele Kurse und Ausbildungen habe ich schon absolviert, um diese zu eliminieren? Hunderte!
Gibt es auch Supermänner für unabhängige Frauen?
Diese Supermänner, von denen ich sprach, haben aber meist eine Frau, die sich gerne helfen lässt und auch sonst gerne die Verantwortung abgibt. Das mag für sie ganz hilfreich sein, stellt für mich aber keine Option dar.
Ich bin eine unabhängige und emanzipierte Frau. Als stark würde ich mich noch nicht einmal wirklich bezeichnen, denn ich habe oftmals emotionale Höhen und Tiefen. Ich meine damit, ich kriege irgendwie alles alleine hin.
Starke und unabhängige Frauen kränken irgendwie das männliche Ego, lässt sie sich minderwertig fühlen, flüchten, resignieren.
Jetzt stellt sich mir die Frage: Gibt es einen fürsorglichen, aufmerksamen Mann für eine unabhängige Frau? Gibt es einen liebevollen Partner, der seiner Partnerin auf Augenhöhe begegnet, ihr hilft und sie unterstützt, obwohl sie es theoretisch alleine schafft?
Ich glaube, ich muss diese Frage mit einem klaren NEIN beantworten. Starke und unabhängige Frauen kränken irgendwie das männliche Ego, lässt sie sich minderwertig fühlen, flüchten, resignieren.
Was ist denn nun die Lösung für diesen miserablen Zustand? Die traurige Wahrheit ist: es gibt keine! Es gibt aber Kompromisse. Oder Selbstfindungstrips! Für die Frau, die sich langweilt.
Headerfoto: Lucas Quintana via Unsplash. („Gedankenspiel“-Button hinzugefügt.) Danke dafür!
Ich bin gerade verlassen worden, nach 5 Jahren Beziehung , weil ich ihm zu unabhängig und stark bin. Er hat dadurch zu wenig Kontrolle, das hat ihn tief gekränkt oder verletzt. Es ist wie es ist, nachvollziehen kann ich das, ehrlich gesagt, nicht. Ich habe ihm alle Freiheiten gegeben und bin viele Kompromisse eingegangen und ich dachte das wäre keine Einbahnstraße. Ich bin traurig aber auch sehr froh, dass es vorbei ist.
„Gibt es einen liebevollen Partner, der seiner Partnerin auf Augenhöhe begegnet, ihr hilft und sie unterstützt, obwohl sie es theoretisch alleine schafft? Ich glaube, ich muss diese Frage mit einem klaren NEIN beantworten“ —————————————————————————
Da muss ich mit einem klaren „OH DOCH!“ antworten. Der Mann meiner Chefin ist beispielsweise so ein Partner. Sie mögen selten sein, doch es gibt sie. Und das Schöne daran, dass wir so unabhängig sind, ist doch, dass wir genau auf so einen warten können und solange auch allein glücklich sein können.