Freundschaft ohne Anfassen – eine unmögliche Aufgabe

Du warst sehr unsicher und noch dabei, dich zu finden, das war mir bewusst, aber ich mochte deine Gesellschaft und ich lachte so unglaublich gerne mit dir! Das tat einfach gut. Ganz tief aus dem Bauch heraus. Über andere Leute, über das Leben, über das Bier in der Badewanne.

Die erste Flasche Wein haben wir damals zusammen getrunken. Ich war in meine erste eigene Wohnung gezogen und du hast sie mitgebracht. Ich hatte noch keinen Korkenzieher. Wir schafften es dann mit einer Schraube, lagen auf dem Sofa meiner leeren Wohnung und hörten Musik. Lachten, tranken und du bist weiter gezogen. Warst noch nicht bereit zu bleiben und ich hatte nicht den Mut zu fragen. Bis der Wandel kam.

Ich wollte dich in mir fühlen. Wie du mich ausfüllst mit deiner neuen Energie.

Du warst in Indien einige Monate und wir schrieben in dieser Zeit. Es wurde immer intensiver und ich wusste auf einmal, ich wollte mehr als Freundschaft. Ich wollte dich fühlen. Ich wollte dich in mir fühlen. Wie du mich ausfüllst mit deiner neuen Energie.

Als du wieder in deiner Welt eingeflogen warst, lud ich dich zu einer Flasche Wein ein. Immerhin hatte ich ja nun einen Öffner und du brachtest gleich noch eine Flasche mit. So wurden es zwei und wir rückten immer näher zusammen. Ich merkte, wie gut du dich doch anfühlst. Wie ich es schaffte, die Zeit zerfließen zu lassen und du alles aufnahmst in dir. Die ganze Zärtlichkeit, die ich dir gab. Das machte mich an.

Die Küsse waren sinnlich und ich musste mich beherrschen. Du hast mir in mein Ohr geflüstert. Wunderbare, schmutzige Sachen. Lecktest so wunderbar.

Nicht nur die Zeit zerfloss, sondern auch ich.

Nicht nur die Zeit zerfloss, sondern auch ich. Der erste Sex mit einem vertrauten Menschen, den ich hatte. Danach sah ich dich mit anderen Augen. Wir waren in meinem Kopf ganz andere Menschen. Der Mann, der mich gerade fantastisch befriedigt hatte, und der Mann, mit dem ich oberflächliche Gespräche führte.

Wir sagten, es solle nur Freundschaft bleiben, Freundschaft ohne Kopf. Freundschaft mit anfassen und lachen. Wir wollten beide keine Beziehung, denn das machte doch nur Stress. Wollten unser Lachen bewahren und nichts falsch machen. Aber kann man in so einer Situation überhaupt etwas richtig machen? Wir machten einfach.

Dann hast du die Segel in eine andere Richtung gesetzt, einen Radiergummi genommen und das Plus weggemacht. Dein Kopf sei zu voll und dein Herz zu verwirrt. Es gab da noch andere Frauen in deinem Leben. Es gab da noch andere Männer in meinem Leben. Ich wollte dich als Freund nicht verlieren.

Ich ermahne immer wieder das Teufelchen, nicht mit dem „Fick mich bitte“-Schild rumzulaufen.

Also nun die Sache mit der Freundschaft ohne Plus. Es ist nicht so einfach für mich, weil die Luft, wenn wir zusammen sind, aufgeladen ist. Ich finde dich so unglaublich heiß und du kannst mir hervorragend den Kopf verdrehen. Nur darf ich dich nicht mehr anfassen.

Das Engelchen auf meiner Schulter ermahnt mich immer wieder aufs Neue, wenn wir zusammen Bier aus Dosen trinken und versuchen, die Zeit zerfließen zu lassen, ohne uns anzufassen. Eine fast unmögliche Aufgabe. Ich ermahne immer wieder das Teufelchen, nicht mit dem „Fick mich bitte“-Schild rumzulaufen. Denn du hast dich anders entschieden.

Ein Mann, ein Wort. Ich liebe es nach wie vor, mit dir zu lachen und die Welt aus einer anderen Perspektive zu sehen. Du machst mich auf kleine Dinge in meinem Leben aufmerksam. Nimmst mir ab und an die Last von meinen Schultern und schaffst es, mich durch deine Anwesenheit zu beflügeln, mich stark zu machen. Schaffst es, dass ich an mich glaube.

Ich habe versucht, dir aus dem Weg zu gehen. Eine unmögliche Aufgabe, denn das Universum schafft es immer wieder, dass wir uns über den Weg laufen. Beim Einkaufen, beim Bäcker, im Park. Dann stehe ich für einen kurzen Moment wieder da mit weichen Knien und muss mich erst mal sammeln. Tief durchatmen, um wieder bei mir sein zu können und ich hoffe jedes Mal, dass du das nicht merkst.

Ich fühle mich wohl neben dir und es zerreißt mich, dich nicht anfassen zu dürfen. Denn es tat verdammt gut.

Ist das Liebe? Was genau ist Liebe? Ich fühle mich wohl neben dir und es zerreißt mich, dich nicht anfassen zu dürfen. Denn es tat verdammt gut. Nun sucht der Lappen einen neuen Schwamm und lässt los. Zumindest hofft der Lappen das.

Ich werde es schaffen weiterzuziehen, solange du noch in meinem Leben bist. Ich weiß, dass dieser Weg nicht einfach wird, aber ich weiß, dass ich es kann, wenn ich es will. Nur weiß ich mittlerweile nicht mehr, ob ich es wirklich will.

Sia lebt und lacht in Berlin. Tanzt gerne im Regen, öffnet Flaschen mit allem, was sie finden kann. Wünscht sich eine Badewanne mit Bierdosen und Konfettiregen jeden Tag. Ab und an kommt ein Text einfach raus.

Headerfoto: Priscilla Du Preez via Unsplash.com. („Gedankenspiel„-Button hinzugefügt, Bild gecroppt.) Danke dafür!

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