Ernten, was man sät: Wie Selbstfindung und Achtsamkeit mich positiv verändert haben

Beim Blick in den Kleiderschrank wird unserer Autorin klar: Das entspricht ihr einfach nicht mehr, denn sie hat sich weiterentwickelt und kann liebevoll loslassen, was einmal war – Achtsamkeit und Selbstfindung sei Dank.

Mein Kopf scheint ein wenig in einer angenehmen Wolke aus Ausgeglichenheit zu hängen. Oder ist dies das Gefühl, was Selbstfindung in einem auslöst, wenn sie „funktioniert“? Das Gefühl, das sich einstellt, wenn man die Früchte seines persönlichen Kultivierens von mehr Achtsamkeit endlich erntet?

Der Kleiderschrank meines früheren Ichs

Jedenfalls: Ich warf heute mit einer Tasse Kaffee in der Hand einen Blick auf meinen Kleiderschrank. So einen offenen, in dem alle Klamotten frei herumhängen, damit man, wenn man sich mit Achtsamkeit und im Zuge dessen auch mit Minimalismus beschäftigt, auch ja frühzeitig ein schlechtes Gewissen bekommt und sich sogleich ans Ausmisten macht. Neben dem schlechten Gewissen, eventuell zu viel zu besitzen, von dem ich mich mit wenigen Handgriffen befreien könnte, verspürte ich auch eine Art Abneigung gegenüber einigen Kleidungsstücken, insbesondere gegenüber jenen, die ich häufig auf alten Fotos trage.

Ich verspürte eine Art Abneigung gegenüber einigen Kleidungsstücken.

Ich hatte zwar die letzten Monate und Jahre irgendwie sehr an meiner Vergangenheit gehangen, habe Musikplaylists aus Studium und Schulzeit rauf und runter gehört, alte Tagebücher gewälzt, aber auch einen Haufen Bücher zum Thema Selbstfindung. Das alles hatte mich wie magisch angezogen. Und nach ein paar Wochen? Hat sich tatsächlich einiges verändert.

Den schicken Blazer, den ich gefühlt auf jeder Weihnachtsfeier meiner Firma in den letzten Jahren trug … ich wollte ihn nun nicht mehr in meinem Schrank hängen haben. Ich brauchte ihn nicht mehr. Und die Lederjacken, mit denen ich mal so cool mit meiner besten Freundin im Partnerlook durch die Stadt zum Shoppen gestreift bin – ich fühlte zu ihnen keinerlei Verbindung mehr. Sie waren auf einmal keine Kleidungsstücke mehr, die ich gerne trage, weil sie mir gut gefallen, sondern standen nur noch stellvertretend für ein früheres Ich.

Sie waren keine Kleidungsstücke mehr, die ich gerne trage, weil sie mir gut gefallen, sondern standen nur noch stellvertretend für ein früheres Ich.

Auch eine riesige Fotocollage hatte ich im Blick: Fotoshootings mit meiner Cousine auf einer Wiese vor etwa 10 Jahren – beide mit platinblondgefärbten Haaren, ausgelassen und herzlich in der Sonne lachend. Ein Gruppenselfie mit Freundinnen auf Mallorca (einer von mehreren Urlauben am Mittelmeer, für die wir im Studium jeden Cent zusammengekratzt hatten). Ein Bild von meiner Einschulung mit meinen Großeltern und einer Schultüte in der Hand, die größer war als ich, aber um einiges kleiner als meine Aufregung an diesem Tag. Und ein Foto von mir im Alter von etwa einem Jahr – völlig zufrieden auf dem Arm meiner Mutter. Alles wunderbare Augenblicke, die sich noch mehr oder weniger lebendig durch meine Erinnerung ziehen.

In diesem Moment wurde mir klar, dass ich unendlich viel Liebe und Dankbarkeit für alles empfinde, das hinter mir liegt.

In diesem Moment wurde mir klar, dass ich unendlich viel Liebe und Dankbarkeit für alles empfinde, das hinter mir liegt. Für all das Schöne, für die Menschen, die mich bis hierher (und hoffentlich noch weiter) begleiteten und für all die Erfahrungen, die ich machen durfte – die guten, aber auch die schlechten, an denen ich ja auch irgendwie gewachsen bin. Und wenn ich mal so zwischen den einzelnen Bildern hin- und herswitche, stelle ich fest, dass ich mich ganz schön verändert habe.

Neue Werte, neues Leben

Insbesondere in den letzten zwei Jahren haben sich meine Werte geändert. Nachhaltigkeit, ein minimalistischerer Lebensstil, gesündere Ernährung, eine deutlich bessere Work-Life-Balance, Selbstfindung, Meditation und Yoga und damit viele Themen, die auch mit Achtsamkeit in Verbindung stehen, haben Einzug in mein Leben gehalten – auch weil ich sie aktiv in meinen Alltag integriert habe.

Dieser Moment dort allein, ganz achtsam im Schlafzimmer war für mich ein Schlüsselmoment. Ich hatte das Gefühl, die erste umfangreiche Ernte meiner Bemühungen einzufahren, die sich manchmal weniger nach Arbeit als vielmehr nach dem Folgen der inneren Stimme anfühlten. Indem ich mich viel mit mir selbst beschäftigte, meine – vielleicht auch neuen – Werte überdachte und ihnen entsprechend handelte, konnte ich meiner Vergangenheit mit der ihr gebührenden Wertschätzung entwachsen.

Ich hatte das Gefühl, die erste umfangreiche Ernte meiner Bemühungen einzufahren.

Der Moment machte mir deutlich, dass ich bereit war für ganz viel Neues, auch wenn ich noch nicht genau weiß, für was. Aber ich war an einem Punkt angekommen, an dem ich mit allem, was war, liebevoll abschließen konnte, um mich für Kommendes zu öffnen. Weil ich voller Vertrauen einen neuen Weg eingeschlagen habe, der ganz meinem jetzigen Ich entspricht. Es fühlt sich gut an und es zeigt, dass man immer wieder – auch wenn es paradox klingen mag – bewusst  innehalten und stillstehen muss, um weiterzukommen.

Janne hat zwar viele Freund:innen, ist aber auch liebend gern allein unterwegs – besonders auf Reisen nach Frankreich. Wenn der Marketingberaterin-Workaholic in ihr mal zur Ruhe kommen soll, geht sie gern im Regen spazieren, macht Yoga im Garten, liest sich durch die städtische Bibliothek und schreibt poetische Dinge. Die gibt’s auf Instagram.

Headerfoto: Alena Shekhovtcova. (Kategorie-Button hinzugefügt.) Danke dafür!

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