Hier sitze ich nun morgens in meinem Bett, kann nicht ausschlafen weil die innere Uhr meines Körpers sich verstellt und verdreht hat. So, wie wir uns gedreht haben. Vor bald vier Wochen noch warst du hier. Da gab es keine richtigen Fragezeichen.
Da warst du hier. Bei mir. Wir waren wir und irgendwie sollte das auch eigentlich so bleiben. Und jetzt fahre ich in ein paar Tagen zu dir in deine neue Stadt, damit wir dort gemeinsam über das Ende unserer Beziehung sprechen können. Damit wir es fair und in Frieden runterheben von der Beziehungsebene. Im besten Fall auf eine neue, andere Ebene. Eine, auf der wir uns immer noch nah sein können. Nur eben nicht mehr als Paar.
Die Trennung: seicht und beständig
„Uns loslassen“ nennen wir das, was andere vielleicht als „Schluss machen“ bezeichnen würden. Und irgendwie dachte ich immer, dass es mehr wehtun würde. Dachte, dass in solchen Situationen nichts anderes als Schmerz in der Luft liegen würde, der einen zerreißt und dazu treibt, nicht mehr zu duschen und das Bett erst wieder nach vier durchweinten Tagen zu verlassen.
Aber genau so, wie unsere Beziehung oft seicht und beständig vor sich hingeplätschert ist, so läuft das Wasser auch jetzt ohne viel Tamtam zurück in den großen See. Oder vielleicht das große Meer.
Nie hätte ich diesen Beziehungsstatus mit so viel Selbstbewusstsein erleben können, wie gerade.
Egal, es ist jedenfalls klar: In ein paar Tagen, da gibt es offiziell nur noch das Mich. Das Ich. Peace. Ohne Anhang, in keiner Beziehung. Vielleicht auch alles nicht so überraschend, wie ich es mir an manchen Tagen gerne einrede. Und irgendwie freue ich mich sogar darauf, denn nie hätte ich diesen Beziehungsstatus mit so viel Selbstbewusstsein erleben können, wie gerade.
Gleichzeitig kenne ich mich gut genug, um zu wissen, dass sobald mein Stress-, Termin- und Ablenkungspensum der letzten Zeit nachlässt, ich auch oft genug in meinem Zimmer sitzen werde, die Wand anstarren und mir ausmalen, wie ich irgendwann einsam und allein inmitten meiner Katzen sterben werde, auf die ich ja eigentlich auch allergisch bin.
Neue Chancen
Es wäre dumm, zu glauben, dass ich ab jetzt nie mehr Fragezeichen haben werde, zum Leben und zur Liebe, die dort hoffentlich auch ein zweites Mal in so toll und noch ein Stückchen passender auf mich warten wird. Wie schnell rutsche ich ab ins Vergleichen. Denke an Freund:innen, die unglücklich sind und sich nicht wohl fühlen in ihrer wartenden Position auf eine neue Person in ihrem Leben, die für Herzklopfen sorgen wird, das sich mit der Zeit in Geborgenheit verwandelt.
Wir wissen alle, dass das Leben seine eigenen Regeln hat. Sein eigenes Timing. Und all die Planerei dieser Welt kann einen nicht davor retten und schützen, dass es einen selbst manchmal ganz unerwartet von der Seite trifft und alles binnen Sekunden anders wird, als man es sich am Vorabend noch erdacht hat.
Für jemanden wie mich, die eigentlich am liebsten für jedes potentielle Szenario schon einen vorgefertigten Ordner anlegen würde, um im Fall der Fälle vorbereitet zu sein, sind unerwartete Drehungen und Wendungen manchmal gar nicht so leicht zu ertragen. Aber darum geht es ja beim Loslassen.
Ich möchte lernen, das anzunehmen. Und möchte lernen, mutig zu sein. Ganz viel.
Sich lösen von Plänen, Träumen und Hoffnungen, die in der Form wohl einfach nicht sein sollen. Die dafür dann aber Platz machen für neue Gedankenspielereien und Ideen, welche sich rückblickend womöglich und im besten Fall als die viel besseren Versionen entpuppen. Die nur durch einen weiteren Wachstumsschub und eine kleine Talwanderung wahr werden konnten.
Und ich möchte lernen, das anzunehmen. Möchte lernen, den Klammergriff um den Ordner mit den Listen zu lösen und dafür lieber ein paar Mal mehr durchzuatmen. Ganz tief. Und möchte lernen, mutig zu sein. Ganz viel.
Headerfoto: Brian Asare on Unsplash (Gedankenspiel Button hinzugefügt und Bild gecroppt.) Danke dafür!